Washington. Seit Trump nicht mehr im Amt ist, tobt ein heftiger Richtungsstreit in der republikanischen Partei. An vorderster Front: zwei Frauen.
Zu Zeiten von Ronald Reagan und Georg H.W. Bush gaben die Republikaner in Amerika viel drauf, eine relativ tolerante Sammlungsbewegung zu sein. Wie ein „großes Zelt“ wollte die Partei vielen verschiedenen Lagern Platz und Beinfreiheit bieten. Die krawallige Giftigkeit der „Tea Party“-Rebellen zog dem „big tent“ erstmalig die Heringe aus dem Boden.
Zehn Jahre später tobt nach dem Verlust beider Kammern des Kongresses und des Weißen Hauses unter Donald Trump ein veritabler Guerilla-Krieg in der Partei Abraham Lincolns. Ob die „Grand Old Party“ auf einen Mitte-Kurs zurückfindet oder, durch Trump und dessen radikale Wählerbasis eingeschüchtert, ins Sektierer-Milieu abgleitet, wird sich symbolisch am Umgang mit zwei Frauen zeigen, die sich ideologisch zueinander wie Feuer und Wasser verhalten.
Liz Cheney: Frontfrau des republikanischen Partei-Establishments
Auf der einen Seite wäre da Liz Cheney. Die Tochter (54) des früheren Vize-Präsidenten Dick Cheney sitzt für den beschaulichen Bundesstaat Wyoming im Repräsentantenhaus. Die ehrgeizige Nr. 3 in der Fraktions-Hierarchie steht für kantigen Klartext und das unter Trump gefledderte Partei-Establishment.
Sie gehörte unter 211 GOP-Abgeordneten zu den zehn, die nach der tödlichen Erstürmung des Kapitols am 6. Januar vehement die Amtsenthebung Trumps verlangten. Begründung: Er habe „den Mob herbeigerufen“ und die „Flamme dieses Angriffs entzündet“. Lesen Sie hier: Sturm aufs Kapitol: Wie Trump seine Anhänger aufstachelte
Nie habe es „einen größeren Verrat durch einen Präsidenten der Vereinigten Staaten“ gegeben. Das saß. Seither hat Trump der fünffachen Mutter politische Bluthunde auf den Hals gehetzt. Sie sollen Cheney demontieren. Der Versuch schlug vorerst fehl. Lesen Sie dazu: Ex-Präsident Donald Trump kommt bei Impeachment wohl wieder davon
Republikanische Fraktion steht hinter Cheney – nicht hinter Trump
Nach stundenlanger Debatte hinter verschlossenen Türen stellte sich die republikanische Fraktion am Mittwochabend – nicht mit offenem Visier, sondern in geheimer Abstimmung – mit 145 zu 61 Stimmen hinter Cheney. Ein Kinnhaken für Trump. Aber kein Beleg dafür, dass sich der Durchgriff des Ex-Präsidenten auf die Partei gelockert hat. Denn Marjorie Taylor Greene ist ja immer noch da.
Die Abgeordnete aus Georgia (46), eine glühende Bewunderin Trumps und vice versa, hat es in wenigen Monaten zur Galionsfigur des extremistischen Flügels der Republikaner gebracht.
Marjorie Taylor Greene brachte QAnon ins Repräsentatenhaus
Sie spielt Megafon für den vom FBI als Inlands-Terrrorismus eingestuften Verschwörungskult QAnon. Sie hält die Terror-Anschläge vom 11. September 2001 wie die Schul-Massaker in Newtown und Parkland für inszenierte Schock-Ereignisse, um Amerikas Waffengesetze zu verschärfen. Den Demokraten sagt sie nach, einen Kinderschänder-Ring zu unterhalten. Lesen Sie hier: QAnon - So nutzt Trump die gefährliche Ideologie aus
Kaliforniens Waldbrände schiebt sie auf einen im Weltall installierten Laser-Strahl, der von jüdischen Banken gelenkt werde. Demokratischen Top-Politikern wie Nancy Pelosi wünscht sie in sozialen Medien eine „Kugel in den Kopf“. Den blutigen Aufruhr am Kapitol heißt sie insgeheim gut. Schließlich sei Trump der Wahlsieg „gestohlen“ worden.
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Mitch McConnell fürchtet um die nächsten Wahlen
Mitch McConnell, der mächtigste Republikaner im Senat, bezeichnet ihre Umtriebe als „verrückte Lügen“ und „Krebsgeschwür“ für die republikanische Partei. Er fürchtet den Verlust der strukturellen Mehrheitsfähigkeit bei kommenden Wahlen. Andere Konservative nennen die ständig im Angriffsmodus stehende Bau-Unternehmerin „bat-shit crazy“ - völlig durchgeknallt. Oder sogar „insane“ – geistesgestört.
Allein, der zuletzt auch intern lauter gewordenen Forderung, Greene zur Strafe prominenter Ausschuss-Posten im Parlament zu berauben, wollte Fraktionsführer Kevin McCarthy nicht nachkommen. Obwohl er ihre Äußerungen für unvereinbar mit den „Werten“ der republikanischen Partei hält.
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Fraktionschef McCarthy knickt laut Kritikern vor Trump ein
Der Mann aus Kalifornien, der unlängst zum Kotau zu Trump nach Florida geflogen war, inszenierte stattdessen einen merkwürdigen Schwebezustand. Greene habe sich für verbale Missetaten in der Vergangenheit entschuldigt und Besserung gelobt, sagte er nach der Sitzung. Was ihr Szenen-Applaus Dutzender Fraktionskollegen einbrachte. An der Aufrichtigkeit der Reue-Bekenntnisse gibt es jedoch Zweifel. Greene sieht sich als Opfer eines „demokratischen Mobs“. Öffentlich sagte sie bis zuletzt, sie werde „niemals einknicken und sich niemals entschuldigen“.
Warum bei Marjorie Taylor Greene, ähnlich wie bei Liz Cheney, keine Abstimmung über ihr Verhalten und Position in der Fraktion angesetzt wurde, erklären Analysten mit „Feigheit“ und „Opportunismus“ in den Reihen um Kevin McCarthy. Hätte der Fraktionschef Tacheles geredet und die Abgeordnete relegiert, müsse er ab sofort Breitseiten von Donald Trump und jenen 40 Prozent republikanischer Wähler ertragen, die QAnon und Greene in Umfragen sexy finden.
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