Düsseldorf. Corona stellt die Zahlen in den Schatten, doch der Bund der Steuerzahler NRW geißelt in seinem jüngsten „Schwarzbuch“ wieder Steuerverschwendung.

Die staatlichen Rettungspakete im Milliarden-Umfang und die Millionensummen, mit denen Kreise und Kommunen auch in NRW wegen der Corona-Pandemie ihre Haushalte in bis dato kaum da gewesener Weise belasten, mögen andere Zahlen zu „Peanuts“ verblassen lassen. Doch der Bund der Steuerzahler hat auch in diesem Jahr wieder genug Material entdeckt, um in seinem „Schwarzbuch 2020/21“ öffentliche Steuerverschwendung zu geißeln.

Es geht, wie immer, vor allem um Bauvorhaben und öffentliche Beteiligungen. Manches, das im aktuellen Schwarzbuch zu finden ist, taucht dort schon in früheren Ausgaben auf - was es nicht besser macht.

Gleich viermal kreidet der Bund der Steuerzahler NRW diesmal der Stadt Köln Steuer-Vergeudung an. Aber auch in Duisburg, Dinslaken und Dortmund bemängelt der Verein, der sich als „Finanzgewissen der Bundesrepublik“ den Steuerzahlern verpflichtet sieht und den Staat zur Sparsamkeit auffordert, einen zu laschen Umgang mit Steuergeld. Einige der Fälle:

Ein Geysir, der Geld in die Luft bläst

Monheims seit Jüngstem sprudelnder Kunst-„Geysir“ in einem Kreisverkehr blase „am völlig ungeeigneten Standort“ Steuergeld „wortwörtlich in die Luft“. Mit 605.000 Euro Baukosten sei er gut 200.000 Euro teurer gewesen als geplant. (Mehr Infos hier) Dass sich das Gewerbesteuer-potente Monheim diese Summer auch in Pandemie-Zeiten den eigenen Angaben nach locker leisten kann, mag man beim Steuerzahlerbund nicht als Argument sehen. Und kreidet der Stadt zudem an, mit dem Geysir eine Provinzposse zu bieten: Denn weil die 12 Meter hohe Fontäne, das Naturphänomen imitierend, nach einem gewissen Zufallsprinzip und nur wenige Male im Jahr ausbricht, werden aktuell eigens mobile Ampeln gemietet, die vorher am Kreisverkehr enthüllt werden, damit es durch den Ausbruch nicht zu Unfällen kommt. Denn: feste Ampeln sind an einem Kreisverkehr laut Straßenverkehrsordnung nicht erlaubt.

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„The Curve“ in Duisburg: „Schluss mit Lustig“

Das Prestige Projekt „The Curve“ im Innenhafen in Duisburg hängt jetzt seit zwölf Jahren in der Luft. Im Frühjahr machte der Investor einen Rückzieher, von dem man in Duisburg hoffte, er würde endlich bauen. Mehr als zehn Millionen Euro hat die klamme Stadt Duisburg bis dato in das „Filetgrundstück“ gesteckt hat, um es bebaubar zu machen. Für den Steuerzahlerbund ist „langsam Schluss mit Lustig“, die Stadt „soll sich endlich überlegen, wie das Grundstück alternativ genutzt werden könnte“.

Stadtwerke-Geschäftsfeld in China

Die Stadtwerke Dinslaken haben mit dem Okay des Stadtrats ihr Geschäftsfeld nach China ausgeweitet. (Mehr Infos hier) Bei einem Bauprojekt in der Millionenmetropole Nanjing wollen sie die Energieversorgung konzipieren. Das aber ist mit wirtschaftlichen Risikenverbunden, die die Stadtwerke selbst auf 660.000 Euro beziffern, die man beim Steuerzahlerbund jedoch als viel höher einschätzt: „Ob sie alle damit verbundenen Risiken allerdings beherrschen können, ist fraglich. Und von einer Daseinsvorsorge für nordrhein-westfälische Kommunen kann auch keine Rede mehr sein.“

Und immer wieder das Fußballmuseum...

Auch Dortmund taucht im aktuellen Schwarzbuch auf - mit seinem Fußballmuseum, das der Steuerzahlerbund „immer teureres Prestigeobjekt“ kritisiert. 900.000 Euro muss die Stadt pro Jahr zuschießen - Steuergeld. Doch auch in Dortmunds Politik wird kritisiert, dass es bei der Finanzierung des Museums an Transparen mangele. Das Schwarzbuch hält der Stadt „Augenwischerei und Salami-Taktik“ vor, die „Misstrauen und Politikverdrossenheit Vorschub (leiste)“.

Wenn die Stadt Köln zum Reeder wird

„Stammgäste“ im Schwarzbuch waren in den vergangenen Jahren diverse Projekte in Köln - vom Rheinboulevard über die Zentralbibliothek bis hin zur Oper. Im aktuellen Schwarzbuch hält der NRW-Verein der Stadt auch vor, dass sie zwei Fitnessstudios betreibt, aber nicht öffentlich bekannt mache, ob und welchen Gewinn diese Studios erwirtschaften. Zudem kommen die Schwarz-Buch-Macher zum Schluss, dass kommunale Fitnessstudios „keine Daseinsvorsorge (sind), sondern Konkurrenz zu privaten Anbietern und nicht zuletzt ein unternehmerisches Risiko auf Kosten der Steuerzahler.“

Auch dass die städtischer Tochtergesellschaft Häfen und Güterverkehr Köln AG Ende Juli 2020 für 176 Millionen Euro eine südafrikanische Binnenschiffahrtslinie, die in Europa aktiv ist, gekauft haben, ist für den Steuerzahlerbund einen Eintrag im Schwarzbuch wert: „Durch unterschiedliche Risiken kann dieser Kauf für die mit rund fünf Milliarden Euro verschuldete Stadt Köln noch richtig teuer werden – dann zum Beispiel, wenn wieder, wie in den vergangenen beiden Jahren, das Niedrigwasser auf dem Rhein und den meisten Flüssen in Deutschland zu erheblichen Einschränkungen im Schiffsverkehr führt.“

Bleibt noch ein weiteres Bauprojekt und die Sanierung von Oper und Schauspielhaus in Köln: Beim Archäologieprojekt „MiQua“ laufen die Kosten aus dem Ruder - von 48 Millionen Euro auf inzwischen 95 Millionen Euro. Und die Opern-Sanierung schlage inzwischen mit 841 Millionen Euro zu Buche. Die Eröffnung wurde in den vergangenen Jahren mehrfach verschoben. Sie soll nun im dritten Quartal 2023 kommen. Nicht unwahrscheinlich, dass der Oper in Köln damit auch in der kommenden Schwarzbuch-Auflage wieder ein Platz reserviert ist.

NRW-App in der Kritik

Auch dem Land NRW hält der Steuerzahlerbund Verschwendung vor. Mit Blick auf die Corona-Kosten geht es jedoch vergleichsweise um kleines Geld. Die vom Land, unterstützt von der EU, an den Start gebrachte Ernährungs-App „Rendezfood“ hat das NRW-Wirtschaftsministerium sich auf’s Feld der Digitalisierung begeben und erwarte dadurch „Innovationsimpulse für die Medien- und Kreativwirtschaft“. Die Schwarzbuch-Macher sehen jedoch nicht, dass eine solche App von der öffentlichen Hand getragen werden muss: „Die Werbewirtschaft sollte selbst in der Lage sein, ihre Forschung zu finanzieren“.