Berlin. In der Endphase des Wahlkampfs steht Donald Trump mit dem Rücken zur Wand. Der US-Präsident schlägt um sich – und hofft auf ein Wunder.
Je näher der Termin der amerikanischen Präsidentschaftswahl rückt, desto fiebriger wird die Luft in Washington. Die politischen Sitten, die im Zeitalter von Donald Trump rau wie nie geworden sind, sinken auf immer neue Tiefststände. Der Amtsinhaber schlägt um sich, poltert, holzt und keilt.
Seine Wut bekommt nicht nur sein demokratischer Gegenkandidat Joe Biden ab. Trump beleidigt den amerikanischen Virologen-Papst Anthony Fauci ebenso wie kritisch nachfragende Journalisten.
Donald Trump schlägt um sich: Diesmal trifft es eine Journalistin
Neuestes Beispiel: Der Präsident bricht ein Interview mit der renommierten TV-Moderatorin Lesley Stahl ab, beschimpft diese als „parteiisch“ und droht mit der vorzeitigen Veröffentlichung. Freie Presse ist für den selbst ernannten Zampano Majestätsbeleidigung.
Trump will die Agenda diktieren und die Nachrichten frisieren. Die einzige für ihn mögliche Botschaft lautet: „Ich bin der größte, erfolgreichste und schönste Staatschef der US-Geschichte.“ Unter diesem monumentalen Superlativ läuft es nicht. Lesen Sie dazu: Kurz vor der Wahl wirkt Donald Trump immer verzweifelter
Trump liegt in den Umfragen klar hinter Joe Biden
Der Grund für die wachsende Aggressivität: Der Präsident steht mit dem Rücken zur Wand. Seit Monaten liegt er in den Meinungsumfragen deutlich hinter Biden. Am Mittwoch ermittelte die unabhängige Nachrichten-Website realclearpolitics.com landesweit im Durchschnitt einen Rückstand von 8,4 Prozentpunkten.
Auch in heiß umkämpften Bundesstaaten wie Michigan oder Pennsylvania – auf die kommt es am Ende an – hat Biden einen komfortablen Vorsprung. Aber: In Florida, so etwas wie der große Preis bei der US-Wahl, hat der Herausforderer ein Plus von nur 1,6 Prozentpunkten. Das Rennen ist also noch nicht entschieden.
Der US-Präsident kann kaum punkten
Dennoch ist Trump Verzweiflung anzumerken. Trotz aller Krawall-, Zirkus- und Kirmesboxer-Auftritte: Er macht in der Öffentlichkeit kaum Punkte. Der Präsident und seine Berater stehen vor einer zerschossenen Wahl-Strategie. Sie hatten voll auf die florierende Wirtschaft, das Börsenfeuerwerk und die historisch niedrige Arbeitslosenrate gesetzt. Doch die Corona-Pandemie verhagelte diese Bilanz. Schlimmer: Trump erwies sich als desaströser Krisenmanager. Lesen Sie auch: Trump und Corona: Der lebensgefährliche Präsident
Im Zuge dieses Fiaskos verprellte der Präsident viele ältere Menschen, die durch das Virus besonders gefährdet sind und deren Unterstützung er dringend bräuchte. Zudem fühlen sich etliche Frauen und unabhängige Wähler der Mitte durch die Holzhammer-Rhetorik abgestoßen. Trumps Basis – vor allem weiße Männer ohne Hochschulabschluss und Evangelikale – ist lautstark, aber deren Stimmen reichen nicht zum Sieg.
Trump hofft auf ein Wunder – wie vor vier Jahren
Der Chef des Weißen Hauses hofft nun auf ein Wunder in letzter Minute. Im Wahlkampf 2016 bekam er auf der Zielgeraden ein unerwartetes Geschenk. Wenige Wochen vor dem Urnengang kündigte das FBI neue Ermittlungen gegen die demokratische Kandidatin Hillary Clinton wegen des Gebrauchs eines privaten Servers für dienstliche E-Mails an.
Trumps Konkurrentin, die in den Umfragen geführt hatte, konnte zwar kein kriminelles Verhalten nachgewiesen werden. Aber sie wurde beschädigt und verlor.
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Auf einen ähnlichen Effekt setzen die Trump-Leute nun mit einer Kampagne gegen Joe Bidens Sohn Hunter. Dieser habe schmutzige Geschäfte mit einem milliardenschweren Oligarchen aus der Ukraine gemacht – und sein Vater, Vizepräsident unter Barack Obama, habe das befördert.
Eine höchst dubiose Geschichte, die vor Verleumdungen strotzt, aber durch keinerlei Fakten unterlegt ist. Das Kalkül ist klar: Irgendetwas wird schon hängen bleiben. Auch beim letzten TV-Duell gegen Biden an diesem Donnerstagabend wird Trump noch einmal ganz tief in die Kiste der Negativ-Propaganda greifen.
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