Washington. Donald Trump hält ein virtuelles TV-Duell für „inakzeptabel“. Ein Präsident, der sich unter Kontrolle hat, würde souveräner reagieren.
Die Rücksichtslosigkeit, die Donald Trump im Umgang mit der Corona-Pandemie an den Tag legt, nimmt mit jedem Tag groteskere Züge an. Obwohl das Weiße Haus unter seiner laxen Führung zu einem Hotspot der Infektionen geworden ist, obwohl Trump selber erkrankt ist und noch mitten in der für Dritte gefährlichen Ansteckungsphase steckt, verweigert sich der Präsident einer naheliegenden Vernunftlösung.
Die TV-Debatte in Miami am 15. Oktober virtuell zu inszenieren und so jedes Risiko zu vermeiden, dass der Erreger durch Luft-Übertragung (Aerosole) an seinen Kontrahenten Joe Biden weitergegeben werden könnte, war aus einem Grund überfällig: Man kann Trump und dem Weißen Haus einfach nicht trauen, wenn es um den Gesundheitszustand des Präsidenten geht.
Bis heute hält sich hartnäckig die Spekulation, dass Trump bereits bei der Premiere in Cleveland am 29. September ansteckend war. Dass er nicht nachweisbar dokumentiert, wann er zuletzt Corona-frei getestet wurde, spricht für sich. In diesem Umfeld, den 77-jährigen Biden auch nur ansatzweise in Gefahr zu bringen, wäre unverzeihlich.
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Donald Trump war selten so zügellos wie in diesen Tagen
Hier geht es nicht um eine Fernsehshow (die übrigens unter diesen Umständen längst abgesagt worden wäre), sondern um die politische Zukunft des Landes. Trumps Absage des virtuellen Duells atmet den Geist der Feigheit und erschreckenden Unreife. Ein mental ausbalancierter Präsident muss nicht befürchten, dass ihm der „Saft” abgedreht wird. Aber Trump ist nicht stabil.
Beschimpfungen, Tiraden und Unterbrechungen, wie sie die erste Debatte ruiniert haben, würden auch bei der zweiten Auflage das Zusehen zur Qual machen. Dass der unter Medikamenten-Einfluss stehende Trump zurzeit außer Rand und Band ist, zeigte sein Telefon-Auftritt am Donnerstagmorgen bei Fox News. Der Präsident steigerte sich, unbehelligt von der Moderatorin, in eine Suada der Beschimpfungen, bezeichnete die demokratische Vize-Präsidenten-Kandidatin Kamala Harris als lügendes „Monster” und fragte ernsthaft, warum seine Rivalin von 2016, Hillary Clinton, nicht längst eines Verbrechens angeklagt wurde.
Trump hatte sich noch nie unter Kontrolle. Aber so zügellos wie heute war er selten. Ein solches Schauspiel darf die Kommission für die Präsidentschafts-Debatten Amerika nicht zumuten.
Trumps Ausstieg gibt Joe Biden nun die Chance, nächste Woche 90 Minuten lang Fragen von Bürgern aus Miami zu beantworten. Ungestört von einem Mann, der offensichtlich krank ist. Und der mit Blick auf katastrophale Umfragen kurz vor der Wahl um sein politisches Überleben fürchtet.
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