Berlin. Die Immobilienpreise steigen auch in der Corona-Krise, Mieten und Bauen wird teurer. Der Bund hinkt beim Wohnungsneubau hinterher.
Mieten und Baukosten steigen seit Jahren, auch die Corona-Krise bremst diesen Trend nicht. Im Gegenteil. Erst am Donnerstag teilte das Statistische Bundesamt mit, dass die Immobilienpreise im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 6,6 Prozent höher lagen.
Um zu verhindern, dass bezahlbarer Wohnraum zur Mangelware wird – was er in mancher Metropole bereits ist – hatten CDU/CSU und SPD sich daher im Koalitionsvertrag das Ziel gesteckt, in der aktuellen Legislaturperiode den Bau von 1,5 Millionen neuen Wohnungen zu fördern. Ein Jahr vor Ende der Legislaturperiode rückt dieses Ziel in weite Ferne.
Wohnungsbau: 865.170 neue Wohnungen in den vergangenen drei Jahren
Bisher wurden 865.170 Wohnungen und Eigenheimen fertiggestellt. Das teilte die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP im Bundestag mit. Das Schreiben liegt unserer Redaktion vor. Mit einberechnet ist in dieser Zahl auch das Wahljahr 2017, als die Regierung noch gar nicht im Amt war.
Die meisten der fertiggestellten Wohnungen liegen der Antwort zufolge in Bayern, gefolgt von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Berlin landet im Ländervergleich nur auf dem sechsten Platz, Hamburg nur auf Rang elf. Am wenigsten Wohnungen wurden bisher im Saarland und in Bremen gebaut.
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Nicht einmal jede zweite Wohnung entsteht in der Stadt
Auffällig ist: Nicht einmal jede zweite Wohnung entsteht in Städten, wo die Mieten seit Jahren steigen. Eine mögliche Begründung könnte das Baukindergeld sein, das laut Bundesinnenministerium bis Ende August bereits 260.500 Familien beantragt haben.
Die Entwicklung der Förderung hin zum Land (22,7) Prozent oder zu „Regionen mit Verstädterungsansätzen“ (31,5 Prozent), wie es in dem Antwortschreiben heißt, spiegelt sich auch in der durchschnittlichen Wohnfläche wider: 103,2 Quadratmeter ist jede neue Wohnung im Schnitt groß.
Dabei liegt der Durchschnitt bei Mietwohnungen gerade einmal bei 72,0 Quadratmetern, bei Wohnheimen nur bei 33,5 Quadratmetern. Im Schnitt bewohnt eine Person in Deutschland rund 45,1 Quadratmeter., 1993 waren es noch neun Quadratmeter weniger.
Belastung der Wohnkosten zuletzt gesunken
Ist der Wohnungsmarkt also wirklich so schlimm dran, wie es bei der Enteignungsdebatte oder dem Berliner Mietendeckel den Anschein hat? Der trockenen Statistik der Bundesregierung zufolge lässt sich das verneinen. Im Gegenteil. Demnach sind die Belastungen durch Wohnkosten binnen fünf Jahren sogar gesunken. 2013 lagen sie noch bei 26,6 Prozent des verfügbaren Einkommens, fünf Jahre später nur noch bei 24,4 Prozent. Als Faustregel gilt, dass nicht mehr als 30 Prozent des verfügbaren Nettoeinkommens betragen soll.
Doch die Statistik gliedert dabei nicht die Situation nach Städten auf. In München etwa kostet der Quadratmeter bei einer Neuvermietung laut dem Immobilien-Beratungsunternehmen F+B im Schnitt 16,40 Euro pro Quadratmeter. Das kann sich nicht jeder leisten.
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FDP-Politiker Daniel Föst wirft Horst Seehofer Versagen vor
Deshalb sollte das Ziel der Bundesregierung, 1,5 Millionen neue Wohnungen zu bauen, auch dazu dienen, das Wohnen wieder bezahlbarer zu machen. Ist sie damit erfolgreich? Über diese Frage gibt es zwei verschiedene Meinung. Die Bundesregierung selbst hält an ihrem Ziel der 1,5 Millionen Wohnungen fest, sie schreibt von einer bisher „äußerst erfolgreichen Bilanz“. Potenzial sieht sie in den bereits „angestoßenen“ Wohnungen, also den rund 740.000 genehmigten, aber noch nicht gebauten Wohnungen.
ei Daniel Föst, baupolitischer Sprecher der FDP, stößt das auf Kritik: „Niemand kann in eine ‘angestoßene’ Wohnung einziehen“, sagte Föst unserer Redaktion. Er findet, dass die stark steigenden Mieten in den Städten auf die Kosten der Bundesregierung gehen – und vor allem auf die Kosten von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), in dessen Ministerium das Bauressort angesiedelt ist. „Das Ministerium verhöhnt sogar noch die Mieter und verweist auf genehmigte anstatt gebauter Wohnungen“, kommentiert Föst das Antwortschreiben der Bundesregierung. Und der FDP-Politiker teilt weiter aus: „Seehofer hat als Bauminister auf ganzer Linie versagt.“