Berlin. Fridays for Future feierte am großen Klimastreiktag ein Comeback. Aber war es okay, bei steigenden Infektionszahlen zu demonstrieren?
Lange mussten Millionen Schüler im Frühjahr aufgrund der Pandemie zu Hause bleiben, weil die Schulen geschlossen waren. Da waren die Ängste um die eigene Gesundheit, die Familie und die Großeltern größer als die Sorgen um den geschundenen und überhitzten Planeten. Das Engagement für den Klimaschutz verlagerte sich in den vergangenen Monaten ins Internet.
Auf Instagram, Tiktok oder in Whatsapp-Gruppen blieben Tausende umweltbewusste Schüler aktiv – doch so richtig sichtbar waren sie für die große Öffentlichkeit dadurch nicht mehr. Doch jetzt hat sich Fridays for Future, die globale Schülerprotestbewegung gegen den menschengemachten Klimawandel, lautstark zurückgemeldet.
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Bei den ersten bundesweiten Klimademos von Fridays for Future seit Beginn der Coronakrise gingen am Freitag tausende Menschen auf die Straße. In Berlin wurden die für die Veranstaltung am Brandenburger Tor angemeldeten 10.000 Teilnehmer nach Polizeiangaben annähernd erreicht. In Hamburg versammelten sich laut Polizei bis zum Nachmittag etwa 6200 Menschen, in Bremen 2700.
In ganz Deutschland waren nach Angaben von Fridays for Future etwa 450 Veranstaltungen geplant. So waren in Köln 3000 Teilnehmer angemeldet, laut Fridays for Future kamen letztlich 10.000. Auch in Stuttgart hätten sich 9000 Menschen versammelt. Die Veranstalter sprachen teilweise von deutlich mehr Teilnehmern als die Polizei.
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Die geplante Großdemonstration in München war wegen der hohen Infektionszahlen in der bayrischen Hauptstadt abgesagt und durch eine Veranstaltung mit planmäßig 500 Teilnehmern auf der Theresienwiese ersetzt worden.
Die Polizei in Berlin gab an, bei der Kundgebung am Brandenburger Tor habe es keinerlei Probleme mit dem Einhalten der Corona-Maßnahmen gegeben. Die Veranstalter riefen dort immer wieder dazu auf, die Abstände einzuhalten. Die Polizeien in Bremen und Hamburg teilten ebenfalls mit, die Abstände würden eingehalten.
Auch international wurden tausende Protestaktionen organisiert. „Heute haben wir mit hunderttausenden Menschen global und Corona-konform für Klimagerechtigkeit gestreikt“, erklärte Fridays-for-Future-Sprecher Quang Anh Paasch. In den vergangenen Monaten der Corona-Krise hatte die Bewegung ihren Aktivismus überwiegend ins Netz verlegt.
Fridays vor Future warf der Bundesregierung im Vorfeld der Demos Tatenlosigkeit vor. Die vom Kabinett in dieser Woche auf den Weg gebrachte Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sei „keinesfalls“ kompatibel mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens, sagte Sprecherin Luisa Neubauer im Südwestrundfunk. Es sei auch auf Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zurückzuführen, „dass die Energiewende an die Wand gefahren wurde“.
„Wir alle kämpfen gegen Windmühlen“, sagte Neubauer über sich und andere Klimaaktivisten. Gleichzeitig sagte sie, ein Tag wie der Freitag mit zahlreichen geplanten Klimastreiks zeige, „dass wahnsinnig viele Menschen es verstanden haben“.
Grünen-Chef Robert Habeck begrüßte das Engagement der Aktivisten. Es sei „super“, dass Fridays for Future mobilisere. „Der Tag heute ist nochmal ein Signal dass die tiefe Erkenntnis in der Gesellschaft da ist, dass sich Politik ändern muss“, sagte er vor Journalisten in Berlin. Er nannte das Wort Klimaschutz für den Aktivismus „fast ein bisschen verniedlichend“. „Wir reden hier von Menschheitsschutz und uns läuft die Zeit davon.“
Auch die Linken im Bundestag begrüßten die Demos vom Freitag. „Die Welt brennt, die Groko pennt“, erklärte der Bundestagsabgeordnete und Klimapolitiker Lorenz Gösta Beutin. Wer eine Zukunft mit Klimagerechtigkeit wolle, könne sich „ganz offensichtlich nicht auf die Regierung in Berlin verlassen“. „Es braucht weiter den Druck der Klimabewegung“, mahnte er.
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Grünen-Chefin Baerbock fordert „Macher-Modus“
Fridays for Future wird von zahlreichen gesellschaftlichen Gruppen unterstützt, darunter kirchliche Initiativen, Umweltverbände, Gewerkschaften und auch Parteien. Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte anlässlich der Proteste: „Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung beim Klimaschutz endlich in den Macher-Modus kommt.“ Der Ökostrom-Ausbau müsse mit voller Kraft vorangetrieben werden.
In der EU werden derzeit klimapolitische Weichen gestellt, es geht um die Erhöhung des Ziels für 2030 beim Treibhausgas-Sparen. Die Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD hat ein milliardenschweres Klimaschutzpaket beschlossen, um die deutschen Klimaschutzziele noch zu erreichen.
Mit dem fortschreitenden Klimawandel ist Forschern zufolge auch in Deutschland mit mehr und intensiveren Wetterextremen zu rechnen – davor hat in dieser Woche erneut der Deutsche Wetterdienst gewarnt. Nach DWD-Daten sei das aktuelle Jahrzehnt rund 1,9 Grad wärmer als die ersten Jahrzehnte (1881-1910) der Aufzeichnungen.
Im Pariser Klimaabkommen hatte die Staatengemeinschaft sich 2015 verpflichtet, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Die USA sind unter Präsident Donald Trump aus dem Pariser Klimavertrag ausgestiegen. (dpa/tb)
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