Berlin. Die USA schweißen Israel und arabische Golfstaaten zu einer Allianz gegen den Iran zusammen. Wie verändert sich die Dynamik der Region?

Im konfliktreichen Nahen Osten ist es eine politische Sensation: Die Annäherung zwischen Israel und den Golfstaaten Vereinigte Arabische Emirate und Bahrain verändert die Dynamik in der Region. Sie wird getragen von neuen Kooperationen auf dem Feld von Sicherheit, Wirtschaft und Energie – sowie einer Front gegen den Iran.

Der Durchbruch

Die Anerkennung Israels durch die Vereinigten Arabische Emirate (VAE) und Bahrain ist ein politischer Quantensprung für den Nahen Osten: Die konfliktreiche Region wird neu geordnet. Die Emirate und Bahrain normalisieren nicht nur ihre Beziehungen zu Jerusalem. Ein weit reichendes Netz an Kooperation in Bereichen wie Sicherheit, Wirtschaft oder Energie ersetzt die jahrzehntelangen Spannungen.

Seit seiner Gründung 1948 sah sich Israel durch feindliche arabische Länder eingekreist. In mehreren Nahost-Kriegen ging es vor allem um Palästina und die Palästinenser, die Israel als „Fremdkörper“ und „Besatzungsmacht“ stigmatisierten.

Wer vor einigen Jahren gedacht hätte, dass die israelische Fluglinie El Al eines Tages in der VAE-Hauptstadt Abu Dhabi landet, wäre als Träumer verlacht worden. Heute ist dies Realität. In der Wissenschaft wurden bereits enge Drähte gelegt. So vereinbarten die Mohamed bin Zayed University in Abu Dhabi und das israelische Weizmann-Institut gemeinsame Projekte beim Einsatz künstlicher Intelligenz (KI). Israel gilt als Pionier-Nation in der Informationstechnologie. Auch bei den erneuerbaren Energien sind die Israelis führend. Die Scheichs in Abu Dhabi und Dubai, die die Wirtschaft ihres Landes auf die Zeit nach Öl und Gas vorbereiten wollen, versprechen sich von dem neuen Schulterschluss Fortschritte.

Historischer Vertrag: Der Außenminister Bahrains, Abdullatif al-Sajani (ganz l.), und der Emirate, Abdullah bin Sajid al-Nahyan (ganz r.) sowie Israels Premier Netanjahu (2.v.l.). Donald Trump (2.v.r.) hatte eingeladen.
Historischer Vertrag: Der Außenminister Bahrains, Abdullatif al-Sajani (ganz l.), und der Emirate, Abdullah bin Sajid al-Nahyan (ganz r.) sowie Israels Premier Netanjahu (2.v.l.). Donald Trump (2.v.r.) hatte eingeladen. © AFP | SAUL LOEB

Trumps Anteil

US-Präsident Donald Trump trommelte seit Langem für einen „Jahrhundert-Deal“ zur Lösung des Nahost-Konflikts. Sein Berater und Schwiegersohn Jared Kushner tingelte durch die Region. Der 39-Jährige – ein orthodoxer Jude, dessen Familie mit Israels Premier Benjamin Netanjahu befreundet ist – entwickelte enge Beziehungen in die arabischen Länder. Seine Mission bestand darin, die dortigen Machthaber für eine Annäherung an Israel zu bearbeiten.

Doch der US-Präsident hatte eine Druckkulisse aufgebaut – wohl im Einverständnis mit Israel. Die Regierung in Jerusalem hatte in den Koalitionsvertrag eine Annexion von Teilen des Westjordanlandes geschrieben. Ein solcher Schritt wiederum hätte weite Teile der arabischen Bevölkerung vor Wut auf die Straßen getrieben.

Massen-Demonstrationen sind für die Machthaber zwischen Rabat und Abu Dhabi ein Albtraum-Szenario. Um das zu verhindern, hätten sich die Emirate zu einem Ausgleich mit Israel bereit erklärt. Bedingung: Jerusalem verzichtet zumindest vorläufig auf die Einverleibung eines Teils des Westjordanlandes.

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    Bahrain folgte kurz danach dem Beispiel der VAE. Das kleine Königreich am Golf lehnt sich eng an den großen Nachbarn Saudi-Arabien an. Die Zeitung „Arab News“ aus Saudi-Arabien lobte die Vereinbarungen zwischen Israel und Bahrain sowie den Emiraten überschwänglich: „Diese historischen Abkommen werden Trumps Image als Friedensstifter in einer von Konflikten und Unruhen geprägten Region einen Schub geben.“ Nicht nur Saudi-Arabien, auch der Oman, Kuwait und der Sudan könnten bald einschwenken.

    Der Pro-Israel-Volte der Araber liegt ein Mix aus verschiedenen Ursachen zugrunde. Zum einen zahlte sich Trumps Weichklopf-Strategie durch den Pendel-Diplomaten Kushner aus. Zum anderen bieten die USA dank ihrer militärischen Stärke noch immer die Überlebens-Garantie für die arabischen Herrscher. Die Fünfte US-Flotte ist in Bahrain stationiert. Hinzu kommen politische und ökonomische Verschiebungen. Die Kämpfe in Syrien, im Irak und im Jemen sowie der rasante Rückgang der Ölpreise machen den arabischen Regierungen schwer zu schaffen. Die Palästinenser-Frage rutschte in der Agenda immer weiter nach hinten.

    Der gemeinsame Feind Iran

    All dies wird überlappt von dem zentralen regionalpolitischen Konflikt mit dem Iran. Dass Trump 2018 das international Atomabkommen mit Teheran gekündigt hat, wurde sowohl in Israel als auch in den arabischen Nachbarstaaten bejubelt. Vor allem Saudi-Arabien, das sich als Vormacht der Sunniten sieht, betrachtet das schiitische Mullah-Regime als Unruhefaktor. Zum einen unterstellt Riad dem Iran Nuklearwaffen-Ambitionen, zum anderen wirft es ihm die Ausrüstung von schiitischen Milizen in Syrien, im Libanon und im Jemen vor.

    Bereits der saudi-arabischer König Abdullah soll die Amerikaner mehrfach zu einem Angriff auf iranische Atomanlagen aufgefordert haben. „Schlagt der Schlange den Kopf ab, bevor es zu spät ist“, zitiert die Internetseite Wikileaks Abdullah. Die Front gegen den Iran schweißt Israel und die arabischen Golfstaaten zusammen.