Washington. Trumps Aufruf zur zweifachen Stimmabgabe in North Carolina ist eine Straftat – und Teil des Versuchs, die Briefwahl zu diskreditieren.
Nach dem Gesetz könnte Josh Stein den Präsidenten der Vereinigten Staaten jetzt anklagen. Im Bundesstaat North Carolina, wo der Demokrat als Justizminister und Generalstaatsanwalt fungiert, ist es eine Straftat, bei Wahlen mehr als ein Mal abzustimmen oder andere dazu zu animieren. Genau das hat Donald Trump im Interview mit einem lokalen Radiosender offiziell getan.
Damit Wähler sichergehen könnten, dass ihre Stimmen bei der Präsidentschaftswahl am 3. November tatsächlich gezählt würden, sollten sie vorher zunächst per Briefwahl ihr Votum abgeben und danach zusätzlich persönlich ins Wahllokal gehen, erklärte der Präsident, der seit Wochen gegen die Briefwahl-Methode Betrugsvorwürfe vorbringt, die nach Angaben von Wahlleitern haltlos sind.
Trump: Die doppelte Stimmenabgabe soll zeigen, ob Betrug möglich ist
Trump will seinen dezidiert gegen das Wahlrecht in North Carolina und andernorts verstoßenden Aufruf als Nagelprobe verstanden wissen, sagte später sein Justizminister Bill Barr. Trump sagte fast wörtlich: Wenn das System so solide ist, wie behauptet wird, dann müsste es ja unmöglich sein, nach der Briefwahl auch noch persönlich am Wahltag abzustimmen. Trump glaubt aber das Gegenteil.
Aus Sicht von Praktikern wie Josh Stein ist der Verdacht fahrlässig und deplatziert. Durch Listen-Abgleiche würde es sofort auffallen, wenn ein Briefwähler versuchen würde, seine Stimme erneut abzugeben, sagte der Minister. Wie die Bürgerrechtsvereinigung „Aclu” warf Stein Trump verantwortungsloses Gerede vor, um Verwirrung zu stiften und die Wahl-Prozesse als unzuverlässig zu diskreditieren. Lesen Sie dazu: USA: Trumps „Krieg” um die Briefwahl und die Post eskaliert
Wegen der Corona-Krise wird eine Rekordbeteiligung von Briefwählern erwartet
Hintergrund: Im Lichte der Coronavirus-Krise, die Trump seit Monaten verharmlost, wird landesweit mit einer Rekordbeteiligung von Briefwählern in hoher zweistelliger Millionenhöhe gerechnet. Einige Bundesstaaten, die wie North Carolina ab heute (4. September) mit dem Versenden von Briefwahl-Unterlagen beginnen, rechnen mit Anteilen von 60 Prozent und mehr bei Wählern, die potenziellen Ansteckungsgefahren im Wahllokal aus dem Weg gehen wollen.
Traditionell machen mehr demokratische denn republikanische Wähler von der „mail-in-voting”-Methode Gebrauch. Trump konstruiert daraus einen Betrugsvorwurf. Die Partei seines demokratischen Herausforderer Joe Biden wolle die Wahl „stehlen”, sagte er mehrfach.
Republikaner: Trump will die Beteiligung bei demokratischen Wählern drosseln
Tatsächlich, so räumen republikanische Strategen in Washington inoffiziell ein, gehe es dem Präsidenten darum, „die Wahlbeteiligung im gegnerischen Lager zu drosseln“. Darum werde die Briefwahl-Methode von ihm bei jeder Gelegenheit als Garant für massenhaften Betrug und fehlerhafte Ergebnisse kritisiert.
Dagegen hat das anerkannte „Brennan Center for Justice”, die Wahlbeobachtungsorganisation schlechthin in den USA, nachgewiesen, dass die Betrugsrate bei Wahlen in Amerika in den vergangenen Jahren zwischen 0,00004 und 0,0009 Prozent lag.