Johannesburg. In Südafrika ist seit des Corona-Lockdowns der Verkauf von Zigaretten verboten. Raucher und Tabakindustrie gehen auf die Barrikaden.

Es ist ein einmaliges soziales Experiment: Südafrika hat seine Raucher von einem Tag auf den anderen auf Zigarettenentzug gesetzt – zum Unmut vieler Raucher. Seit den Ende März verhängten strikten Corona-Beschränkungen gilt ein Tabakbann im Land. Bis heute.

Damit befindet sich eine ganze Nation seit mehr als drei Monaten in der wohl größten Raucher-Entzugskur der Geschichte. Die Tabakindustrie ist auf den Barrikaden, Verbraucherschützer wittern schwere Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte, Ökonomen warnen vor Steuerverlusten.

Viele Raucher haben sich bereits nach Alternativen umgeschaut und bedienen sich auf dem Schwarzmarkt mit dubiosem Ersatz wie Rooibosch-Zigaretten. „Ich habe es sogar mal mit grünem Tee in der Pfeife versucht“, gesteht Philip Newmarch (75).

Der Kapstädter hat als 18-Jähriger mit dem Rauchen begonnen – und war plötzlich von allem Nachschub abgeschnitten, als die Vorräte aufgebraucht waren. „Die letzte richtige Zigarette habe ich Mitte April geraucht“, sagt er.

Tabakverbot in Südafrika: Konzerne warnen vor ökonomischen Folgen

Pocha Ngulube zieht genüsslich an seiner Zigarette. Die Preise dafür sind seit dem Tabakbann angestiegen.
Pocha Ngulube zieht genüsslich an seiner Zigarette. Die Preise dafür sind seit dem Tabakbann angestiegen. © dpa | Ralf Krüger

Die zuständige Ministerin Nkosazana Dlamini-Zuma hatte den Bann damit begründet, dass Raucher gefährdeter für Komplikationen durch Covid-19 seien und das Gesundheitssystem strapazieren könnten.

Ein Gericht hatte zwar Anfang Juni befunden, der Tabakbann und ähnliche Maßnahmen stünden rational nicht im Zusammenhang mit einer Begrenzung der Covid-19-Infektionen. Doch vergangenen Freitag gab ein anderes Gericht in Pretoria der Ministerin Recht und wies eine Klage der unabhängigen FITA-Tabakproduzenten ab.

Dabei hatte Johnny Moloto gewarnt: „Der fortwährende Bann für den legalen Tabakverkauf bedroht das Überleben des Tabaksektors.“ Der Manager vertritt die Interessen des Tabakkonzerns British American Tobacco South Africa (BATSA), mit einem Marktanteil von 78 Prozent Südafrikas größter Tabakkonzern.

Der warnt vor den ökonomischen Folgen und argumentiert, dass die Branche dem Fiskus 2019 rund 13 Milliarden Rand (rund 678 Millionen Euro) an Steuern in die Staatskassen spülte. Sein Eil-Antrag vor Gericht auf Abschaffung des Banns wurde zuletzt überraschend auf Anfang August verschoben.

Zigarettenpreise auf dem Schwarzmarkt sehr hoch

Lisa Williams (61) aus Pretoria, die seit 20 Jahren dem Tabakgenuss frönt, glaubt daher nicht an eine baldige Aufhebung. „Anfangs habe ich Vorräte für drei Wochen angelegt, dann war Schluss“, sagt die Yoga-Lehrerin.

Noch hat sie keine Entzugserscheinungen: Wie andere auch hat sie den Schwarzmarkt entdeckt. Dort ist viel starker Tobak dubioser Qualität zu haben, meint der Johannesburger Pocha Ngulube, der seine Zigaretten einzeln kauft. „Früher kostete eine drei Rands“, sagt er. Heute hat er sie mit viel Glück für fünf Rands gekauft.

Auch Katlego Tshiloane bestätigt, dass Zigaretten problemlos zu haben seien. Die Preise sind aber hoch. Kostete die Stange Markenzigaretten einst 420 Rands (21,50 Euro), so fordern Schwarzmarkthändler nun 650 Rands (33,30 Euro). „Bei Markenzigaretten reichen die Preise sogar bis zu 1800 Rands (92,20 Euro)“, weiß Williams.

Der Autor Max Du Preez rügt daher, der Bann habe die größte Verbrechenswelle in Südafrikas Geschichte ausgelöst, legt man die Zahl der individuellen Überschreitungen zugrunde. Millionen Bürger hätten erstmals Gesetze gebrochen. „Tausende Jobs sind in der Wirtschaft gefährdet, während die Kriminalität zur neuen Normalität wird“, klagt Manager Moloto.

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    Auch E-Zigaretten sind verboten

    Die Regierung dagegen glaubt, dass durch den Schwarzmarkt teilweise die negativen ökonomischen Folgen des Tabakbanns kompensiert werden. Sie hofft zudem, dass gut zehn Prozent der Raucher ihr Laster aufgeben – bei knapp zehn Millionen Rauchern im Lande wär das eine Million.

    Bei Susan Gordon war das der Fall. Bis zu den Corona-Beschränkungen war sie eine starke Raucherin. „Ich habe seit 33 Jahren geraucht, bin aber panisch geworden bei der Ausweitung des Lockdown“ erklärt die 50-Jährige aus Johannesburg und meint: „Ich wusste, ich würde nicht genügend Zigaretten vorhalten können und hatte das Rauchen sofort drastisch reduziert“.

    Als sie merkte, dass es auch ohne geht, beschloss sie mit medizinischer Unterstützung aufzuhören. „Aber ich denke dennoch, dass der Bann einfach lächerlich ist“, kritisiert sie.

    Auch bei einigen Fans der ebenfalls verbotenen E-Zigaretten zeigt der Bann Wirkung. Nachdem der Akademiker Salim Vally sich zunächst über dubiose Quellen mit Nachschub eingedeckt hat, gab er vor drei Wochen auf. „Der Bann hat bei mir wie ein Katalysator gewirkt“, gibt er zu. (dpa/jha)

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