Die Bedingungen der Lufthansa-Rettung machen die Krisenbewältigung unnötig schwer.
Die Lufthansa wird gerettet. Mit der Zustimmung der Aktionäre ist das bislang größte staatliche Hilfspaket für ein Unternehmen in der Corona-Krise endlich perfekt. Für die traditionsreiche Kranich-Airline ist dieser Donnerstag ein historischer Tag. Dem Konzern drohte in den heftigen Turbulenzen der Pandemie nach seinen wirtschaftlich besten Jahren eine Bruchlandung. Nach wochenlangen, viel zu zähen Verhandlungen um neun Milliarden Euro Staatshilfe kann das Management um Vorstandschef Carsten Spohr jetzt mit voller Kraft die dringend nötige Neuaufstellung von Europas größter Fluggesellschaft angehen.
Klar ist schon jetzt: Die nächsten Jahre werden für Lufthansa wie für die ganze Airline-Industrie weltweit ein zäher Überlebenskampf. Die Kranich-Airline setzt dabei mit einer schweren Last zum Neustart an. Der Staat schenkt Lufthansa in der Krise nichts, ganz im Gegenteil. Die hohe Zinslast wird Konzern und Mitarbeitern enorm viel abverlangen. Schon in normalen Zeiten wäre das kaum zu leisten, sagt Konzernchef Spohr. Wann das Geschäft auch nur ansatzweise wieder normal läuft, ist nicht abzusehen. Tiefe Einschnitte beim Aushängeschild der deutschen Wirtschaft sind daher abzusehen.
Das jetzt besiegelte Rettungspaket ist nicht das beste Ergebnis für die Lufthansa. Doch es war wohl das einzig kompromissfähige. Der Milliardär Heinz Hermann Thiele, der in den vergangenen Wochen zum wichtigsten Anteilseigner aufstieg, stellte die richtigen Fragen: Ist die rein politisch motivierte Staatsbeteiligung wirklich nötig? Gibt es nicht doch Alternativen zum Rettungsplan?
Es hätte auch so unkompliziert laufen können wie in der Schweiz. Dort wurde die Lufthansa-Tochter Swiss gleich zu Beginn der Corona-Krise in Windeseile mit einer staatlichen Kreditgarantie über 1,4 Milliarden Euro ausgestattet. Bis das Geld zurückgezahlt ist, darf keine Dividende ausgeschüttet werden. So einfach und pragmatisch hätte es auch in Deutschland laufen können.
Das Hickhack um die Hilfsmilliarden dürfte aber auch eine Lehre aus der Rettung der Commerzbank in der Finanzkrise 2009 sein. Die Teilverstaatlichung ist bislang ein Verlustgeschäft für die Steuerzahler. Dagegen ist die Lufthansa-Rettung ein guter Deal für die Allgemeinheit – wenn die Mission gelingt.
Beeindruckend ist die Solidarität der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen. Kabinen- und Cockpit-Crews sind in der tiefsten Krise der Lufthansa bereit zu massiven Einbußen, damit alle Kollegen an Bord bleiben können und ihr Arbeitgeber die Pandemie überlebt. Noch im Winter tobte ein unversöhnlicher Machtkampf. Jetzt ziehen Gewerkschaften und Konzern an einem Strang, tiefste Gräben sind überwunden.
Fraglich bleibt vorerst die Rolle von Heinz Hermann Thiele. Auf den letzten Metern hätte er den Rettungsplan platzen lassen können. Die Aufregung war groß. Doch Nachverhandlungen konnte er nicht durchsetzen. Außer viel Verwirrung ist bislang also nichts gewesen. Nur dass der Unternehmer durch die jüngsten Kurssteigerungen rechnerisch wohl noch ein bisschen reicher geworden ist.
Wie es mit der Lufthansa weitergeht, hängt vor allem auch davon ab, wie sie künftig mit ihren Kunden umgeht. Hier gibt es großen Ärger um die Erstattung von Tickets für in der Krise gestrichene Flüge. Zigtausende Kunden warten auf Überweisungen im Wert von über einer Milliarde Euro. Die Rückerstattung muss jetzt endlich im großen Stil anlaufen. Konzernchef Spohr versprach am Donnerstag eine Abarbeitung der ausstehenden Anträge in den kommenden sechs Wochen. Es ist höchste Zeit. Mit einem ramponierten Ruf wäre der Neustart in Gefahr.