Washington. Trump nutzt Twitter meist mehrfach täglich. Doch Twitter wies auf seine Lügen hin. Nun startet er einen Feldzug gegen soziale Medien.
Donald Trumps Rache kam schnell: Der US-Präsident möchte soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook in den Vereinigten Staaten stärker juristisch kontrollieren. Er unterzeichnete am Donnerstag eine entsprechende Verfügung. Auslöser der Maßnahme ist ein Streit Trumps mit Twitter, nachdem der Kurzmitteilungsdienst erstmals zwei Botschaften des Präsidenten als irreführend gekennzeichnet hatte.
Trump wirft sozialen Netzwerken vor, unliebsame Ansichten zu zensieren und so die Meinungsfreiheit und Demokratie zu gefährden. Die Plattformen, so der US-Präsident, agierten nicht „neutral“, sondern betrieben „politischen Aktivismus“. Es gehe darum, „die Meinungsfreiheit gegen eine der schlimmsten Gefahren zu verteidigen“. Bislang hätten die Onlinedienste die „uneingeschränkte Macht zur Zensur“. Dies dürfe so nicht weitergehen.
Trump und seine Parteifreunde beklagen sich schon länger über Twitter und Facebook
Trump und andere republikanische Politiker werfen Twitter, Facebook und Co. schon seit längerem vor, voreingenommen gegen konservative Kräfte und Positionen zu sein. Durch das Dekret soll der Schutz der Unternehmen vor Strafverfolgung wegen in ihren Netzwerken veröffentlichter Inhalte aufgehoben werden.
Umstritten ist, ob der Präsident überhaupt die Vollmacht hat, Internetanbieter per Dekret zu regulieren. Die Bürgerrechtsorganisation ACLU warf Trump ein „verfassungswidriges“ Vorgehen vor. Er drohe mit der Bestrafung von Onlineunternehmen, die ihm „missfallen“. Donald Trump sagte, er rechne mit Klagen gegen sein Vorgehen, sei jedoch entschlossen, dies durchzuziehen. „Wir haben es satt.“
Trumps Dekret lässt auch staatliche Werbung auf Facebook und Twitter überprüfen
Trumps Verfügung nimmt den umfassenden rechtlichen Schutz der Online-Dienste ins Visier – einen Grundpfeiler, der Facebook, Twitter und YouTube in ihrer heutigen Form erst möglich gemacht hat. Trump will eine als „Section 230“ bekannte Klausel überprüfen lassen.
Gemäß dieser Regelung werden Online-Dienste nicht für von Nutzern veröffentlichte Inhalte haftbar gemacht. Zugleich wird Plattformen dadurch erlaubt, gegen bestimmte Inhalte oder Nutzer vorzugehen. Justizminister William Barr betonte, die Klausel solle nicht abgeschafft, aber reguliert werden. Man schaue sich verschiedene gesetzgeberische Optionen dazu an. In der Verfügung werden außerdem Ministerien und Bundesbehörden aufgerufen, ihre Ausgaben für Werbung und Marketing auf Online-Plattformen zu überprüfen.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg kritisiert Zensur sozialer Netzwerke
Durch Trumps Verordnung soll das Ausmaß dieses Rechtsschutzes eingeschränkt werden. Die Immunität könne nicht für jene gelten, welche die „Zensur bestimmter Sichtweisen“ praktizierten, heißt es in dem Dekret.
Senator Ron Wyden von den oppositionellen Demokraten warf Trump vor, die Betreiber der Onlinenetzwerke „einschüchtern“ zu wollen. Er knöpfe sich das Gesetz von 1996 vor, weil dieses „das Recht der Unternehmen schützt, seine Lügen nicht zu dulden“.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg sagte im Sender Fox News zu Trumps Vorgehen, es scheine ihm nicht die richtige Reaktion zu sein, wenn eine Regierung „eine Plattform zu zensieren beschließt, weil sie über das Thema der Zensur beunruhigt ist“. Zuckerberg hob aber auch hervor, dass sein Unternehmen im Unterschied zu Twitter den Faktencheck politischer Botschaften meide.
Twitter und Facebook gehen gegen Falschinformationen vor
Allerdings unternehmen Facebook, Twitter und andere Internetunternehmen schon seit einiger Zeit verstärke Anstrengungen, Falschinformationen und Verschwörungstheorien von ihren Seiten zu verbannen. Sie reagieren damit unter anderem auf die massive Verbreitung von Falschinformationen im Internet vor der US-Präsidentschaftswahl 2016. Nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste wurde damals von Russland aus eine intensive Manipulationskampagne zugunsten Trumps in den Onlinenetzwerken geführt.
Trump ist selbst ein äußerst intensiver Twitter-Nutzer und hat dort 80 Millionen Follower. Seine Empörung darüber, dass der Dienst nun zwei seiner Botschaften beanstandete, hat ihn keineswegs dazu veranlasst, auf die Nutzung von Twitter zu verzichten – seine Attacken auf Twitter führte er großteils über Twitter.
2012 hatte Trump in einem Tweet noch geschrieben: „Ich liebe Twitter... Es ist, als würdest du deine eigene Zeitung besitzen – ohne die Verluste.“ Nun sagte Trump: Wenn dies rechtlich möglich wäre, würde er die Plattform am liebsten schließen.
In den beiden beanstandeten Trump-Tweets ging es um vermeintlichen Betrug bei Briefwahlen. Twitter wies die Behauptung des Präsidenten, Briefwahlen führten zu massiven Betrügereien bei der Stimmabgabe, als „unbegründet“ zurück. Direkt unter die Trump-Tweets setzte Twitter einen Link, der zum Faktencheck des Unternehmens führt.
Trump hatte ohne irgendwelche Belege behauptet, dass eine geplante Ausweitung der Briefwahl im Bundesstaat Kalifornien eine „manipulierte Wahl“ zur Folge haben werde.
- Hintergrund: Warum Trump die Angst vor Briefwählern schürt
Seine Vorwürfe beziehen sich auf bevorstehende Wahlen für einen freigewordenen Sitz im US-Repräsentantenhaus. Gouverneur Gavin Newsom will wegen der Coronavirus-Pandemie bei der Wahl die Möglichkeiten der Stimmabgabe per Brief ausweiten.
(lah/AFP/dpa)