Berlin. Der Ernährungsreport 2020 zeigt: Obst und Gemüse sind beliebt, dafür kommt weniger Wurst auf den Teller – sogar die Männer denken um.

Zeig mir deinen Kühlschrank und ich sag dir, wer du bist: Essen ist eine alltägliche, persönliche Sache und zugleich eine sehr politische. Worauf Verbraucher Wert legen und wofür sie ihr Geld ausgeben, hat Auswirkungen zum Beispiel auf die Bedingungen, unter denen Nutztiere gehalten werden, und die CO2-Emissionen.

Das Bundesernährungsministerium fragt deshalb seit 2015 in regelmäßigen Abständen nach, was die Menschen in Deutschland auf dem Teller haben und warum. Am Freitag will Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) den neuesten Ernährungsreport des Hauses vorstellen. Unserer Redaktion lagen Ergebnisse vorab vor.

Ernährungsreport: Der Trend geht zu mehr vegetarischen Mahlzeiten

Rund 1000 Menschen haben Meinungsforscher von Forsa für die repräsentative Untersuchung im Dezember 2019 und Januar 2020 befragt. Die Ergebnisse zeigen, wo sich der Zeitgeist auf den Tellern spiegelt und wo die Deutschen auf Kontinuität setzen.

Einer der deutlichsten Trends ist der zu mehr vegetarischen Mahlzeiten: Fleisch nimmt immer weniger Platz ein in deutschen Kühlschränken. Während 2015 noch 34 Prozent der Befragten angaben, täglich Fleischprodukte zu essen, waren es in diesem Jahr nur noch 26 Prozent.

Männer essen anders als Frauen, Ostdeutsche anders als Westdeutsche

Weniger Wurst und Steak kommt vor allem bei Männern auf den Tisch – haben im Vorjahr noch 39 Prozent der befragten Männer täglich Fleisch gegessen, waren es in diesem Jahr nur noch 32.

Frauen verzichten ohnehin häufiger: Nur jede fünfte Teilnehmerin isst laut Studie jeden Tag Wurst oder Fleisch.

Auch zwischen Ost und West zeigen sich Unterschiede. Mehr als ein Drittel der Ostdeutschen gab an, täglich Fleischprodukte auf dem Teller zu haben. In Westdeutschland lag dieser Anteil bei 24 Prozent. Die Lücke ist mit aktuell zwölf Prozent deutlich kleiner als noch im Vorjahr – da waren es noch 17 Prozent Unterschied.

Fünf Prozent essen regelmäßig vegetarische oder vegane Ersatzprodukte

Zum ersten Mal haben die Forscher in diesem Jahr auch nach vegetarischen und veganen Ersatzprodukten für tierische Lebensmittel gefragt: Fünf Prozent der Befragten gaben an, regelmäßig Tofu-Steak und Ähnliches zu essen. Der Vergleich: Aldi vs. Lidl: Welcher vegane Burger ist der bessere?

Wichtig ist den Verbrauchern, dass ihr Essen gut schmeckt. Das sagen 99 Prozent der Befragten. Dass es auch gesund ist, darauf legen 91 Prozent wert. Obst und Gemüse sind die beliebtesten Nahrungsmittelgruppen – bei 70 Prozent der Befragten stehen Apfel, Tomaten und Co. täglich auf dem Speiseplan.

Fast ein Drittel derer, die viel Obst und Gemüse essen, tun das vor allem, weil es wenig Kalorien hat. Für die meisten Obst-Esser waren aber Geschmack und positive Effekte auf die Gesundheit ausschlaggebend.

Bei Milchprodukten steigt der Verbrauch seit einigen Jahren wieder

Auch Milchprodukte wie Käse oder Quark finden sich in vielen Einkaufstaschen und Kühlschränken. 64 Prozent der Teilnehmer und Teilnehmerinnen gaben an, diese regelmäßig zu essen. Der Trend bei Milchprodukten geht seit einigen Jahren nach oben.

Die Ergebnisse zeigen, wie sehr Lebensumstände das eigene Essverhalten beeinflussen können. Süßigkeiten zum Beispiel gibt es häufiger in Haushalten mit Kindern als in Haushalten ohne, Alleinlebende, die häufiger für nur eine Person kochen, legen deutlich mehr Wert darauf, dass sich Essen schnell zubereiten lässt.

Bei den jüngeren Verbrauchern muss vor allem der Preis stimmen

Und jüngeren Menschen, die häufig weniger Geld und Vermögen haben als ältere, ist es wichtiger, dass der Einkauf nicht zu viel kostet. Das sagte fast die Hälfte der 14- bis 29-Jährigen, während bei den über 30-Jährigen weniger als ein Drittel genau auf den Preis schaut. Lesen Sie dazu: Foodwatch-Chef: „Corona droht zu Ernährungsarmut zu führen“

Insgesamt ist der billige Einkauf den Deutschen weniger wichtig geworden als in den vergangenen Jahren: 2015 sagten 40 Prozent, dass sie Wert darauf legen, günstig zu essen. Bei der jüngsten Befragung waren es noch 32 Prozent.

Mehr Wertschätzung für die Landwirte seit der Corona-Krise

Gute Nachrichten enthält der Report für Landwirte: In einer Nachbefragung nach dem Beginn der Corona-Krise fragten die Meinungsforscher, wie es um die Wertschätzung der Arbeit von Bäuerinnen und Bauern steht. Dabei kam heraus, dass fast vier von zehn Menschen in Deutschland die Landwirtschaft jetzt für wichtiger halten als vor der Pandemie. Unter jungen Menschen ist dieser Anteil noch größer – dort sind es 47 Prozent, die der Branche jetzt mehr Bedeutung zumessen.

Die Landwirte hatten in den vergangenen Jahren immer wieder beklagt, dass Konsumenten zwar hohe Ansprüche an Lebensmittel und die Produktionsbedingungen stellten, gleichzeitig der Landwirtschaft aber wenig Wertschätzung entgegenbrächten – vor allem an der Supermarktkasse, wo viele zu den billigsten Produkten greifen.

Hier scheint die Corona-Krise, in der plötzlich in manchen Supermärkten die Regale leer waren, bei einigen zu einem Umdenken geführt zu haben. Lesen Sie auch: Gesunde Ernährung im Homeoffice – Die wichtigsten Tipps

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