Brüssel. Der Merkel-Macron-Plan kostet viele Milliarden, ist aber in deutschem Interesse. Nur gemeinsam lässt eine neue Euro-Krise verhindern.
Dieser Coup ist Kanzlerin Angela Merkel und Präsident Emmanuel Macron gelungen. Mit ihrem überraschenden Vorstoß für ein gigantisches europäisches Konjunkturprogramm haben sie gerade noch rechtzeitig verhindert, dass der Streit ums Geld die Union dauerhaft beschädigt.
In der großen Krise ist das deutsch-französische Tandem, das zuletzt fast gelähmt wirkte, also doch wieder in Schwung gekommen. Dafür haben sich beide, Macron und Merkel, bewegen müssen: Macron musste akzeptieren, dass die erhofften Billionensummen der EU-Hilfen auf eine deutlich kleinere Summe zusammenschnurren.
Das 500-Milliarden-Euro-Programm ist befristet und kommt ohne die ärgerlichen Rechentricks aus, mit denen die EU-Kommission den Südländern noch viel höhere Hilfen vorgaukeln wollte. Stattdessen gibt es nun Bares: Denn Merkel musste zugestehen, dass Länder wie Italien oder Spanien viele Milliarden als bleibende Zuschüsse bekommen – statt ihnen zunächst Kredite zu gewähren, die sie womöglich gar nicht mehr zurückzahlen können.
Merkel und Macron gleichen fehlende Autorität von der Leyens aus
Dieser Kompromiss ist für den deutschen Steuerzahler keine Petitesse: In den kommenden Jahren wird Berlin wahrscheinlich einen dreistelligen Milliardenbetrag extra nach Brüssel überweisen müssen, um das Paket zu finanzieren – zusätzlich zu den regulären EU-Beiträgen und zusätzlich zu dem Abbau der Milliardenschulden, die der Bund jetzt wegen der Corona-Krise für Hilfen im Inland macht.
Die Bundesregierung muss angesichts dieser Dimension darauf bestehen, dass die Unterstützung für andere EU-Staaten jetzt nicht einfach in deren Haushalten versickert, sondern tatsächlich nur für gezielte, strategisch kluge Investitionen verwendet wird, die die Wirtschaft langfristig nach vorn bringen. Dafür geradezustehen ist nun aber vor allem Sache der Kommissionspräsidentin.
Ursula von der Leyen hat die Chance vertan, selbst mit einem rechtzeitig vorgelegten Wiederaufbauplan zu glänzen. Es fehlt ihr auf der europäischen Bühne offensichtlich an Autorität. Das konnten Merkel und Macron ausgleichen. Von der Leyen muss aber jetzt wenigstens dafür sorgen, dass die deutsch-französische Vorlage im EU-Haushalt mit größter Gewissenhaftigkeit umgesetzt wird.
Angesichts der Summen, um die es geht, ist das nicht zu viel verlangt: 500 Milliarden Euro an Zuschüssen vor allem für die klammen Südländer, die von der Corona-Krise wirtschaftlich weiter zurückgeworfen werden als der europäische Norden. Dazu ein bereits beschlossenes 500 Milliarden schweres Kreditprogramm. Und weitere EU-Fördergelder, die sowieso verstärkt in den Süden fließen sollten. Mangelnde Solidarität muss sich die Europäische Union nicht vorwerfen lassen.
Deutschlands Wirtschaft darf anderen Länder nicht enteilen
Die Solidarität der Europäer ist aber auch notwendig: Nicht alle Staaten haben die Reserven, um in der Corona-Krise die eigene Wirtschaft so umfassend zu unterstützen, wie Deutschland es derzeit tut. Eine noch stärkere ökonomische Spaltung des Kontinents aber könnte nicht nur eine neue Euro-Krise heraufbeschwören, sie würde auch den politischen Zusammenhalt der Union aufs Spiel setzen.
Auch wenn manche antideutschen Töne, die jetzt angesichts des größer werdenden Wirtschaftsgefälles laut werden, ärgerlich sind – es liegt im deutschen Interesse, dass der Spalt in Europa nicht größer wird. Es geht um die Zukunft der Europäischen Union und ganz banal auch der deutschen Wirtschaft. Sie ist mit ihrer großen Exportabhängigkeit auf einen wieder erstarkenden Binnenmarkt angewiesen. Auch Deutschland kommt aus der Krise nur gut heraus, wenn Europa als Ganzes der Wiederaufbau gelingt.
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