Berlin. Ein neuer Bericht zeigt, wie es der Natur in Deutschland geht. Vor allem eine Gruppe von Tierarten steht demnach unter großem Druck.

Wie geht es eigentlich den Trottellummen? Und den Mopsfledermäusen, den Feldlerchen und den Rotbauchunken? Alle sechs Jahre erklären Forscher, wie es um Tierarten, Pflanzen und Ökosysteme in Deutschland bestellt ist. Wichtigste Datengrundlage für den Bericht des Bundesamts für Naturschutz sind Monitoringprogramme. An diesem Dienstag wird der jüngste Bericht zur „Lage der Natur“ veröffentlicht – mit durchwachsenen Ergebnissen.

Nur ein Viertel der untersuchten Arten befindet sich demnach in einem guten Zustand. Bei 30 Prozent lautet das Urteil „unzureichend“, bei 33 Prozent sogar „schlecht“. Noch am besten steht die Natur dabei ganz im Südosten Deutschlands da: In den alpinen Regionen, die für den Bericht untersucht wurden, sind rund zwei Drittel der Lebensräume und immerhin fast die Hälfte der Tier- und Pflanzenarten in einem guten Zustand.

Im Rest der Republik, den die Autoren in einen nordatlantischen und einen kontinentalen Teil unterscheiden, gilt das deutlich seltener. Dort ist jeweils nur rund ein Fünftel der Arten gut erhalten.

Naturschutz: Vor allem für Insekten ist die Lage dramatisch

Besonders dramatisch ist die Situation für Insekten: 70 Prozent der untersuchten Arten sind einer Lage, die die Forscher als „unzureichend“ bis „schlecht“ bewerten. Vor allem Libellen, Käfer und Schmetterlinge sind betroffen.

Eine entscheidende Rolle spielt dabei laut Bericht die intensive Landwirtschaft. Durch die Düngung kommen zu viele Nährstoffe in den Boden, Grünland wie Wiesen und Weiden wird häufiger gemäht als früher. Auch der Einsatz von Pestiziden im Ackerbau, aber auch in der Forstwirtschaft, wirkt sich laut Bericht negativ auf die Insektenbestände aus.

Bayern, Marktoberdorf: Eine Biene fliegt im Sonnenschein zwischen den Blüten einer Blutpflaume. Vor allem Insekten sind in Deutschland bedroht.
Bayern, Marktoberdorf: Eine Biene fliegt im Sonnenschein zwischen den Blüten einer Blutpflaume. Vor allem Insekten sind in Deutschland bedroht. © dpaDeutsche Presse-Agentur! Honorarfrei für FMG-Tageszeitungen! | Karl-Josef Hildenbrand

Naturschutz: Gezielte Maßnahmen helfen

Insekten, die wenig spezielle Ansprüche an ihren Lebensraum stellen, können im Zweifel einfach weiterziehen. Doch für spezialisierte Arten wird die Lage schnell bedrohlich, wenn die Biotope, an die sie angepasst sind, immer weiter schrumpfen. So wird zum Beispiel Grünland, auf dem oft besonders viele Arten heimisch sind, immer seltener. Von insgesamt 75 Grünlandbiotopen gelten laut Bericht 83 Prozent als gefährdet.

Auch interessant: Merkel will deutsche Klimaziele verschärfen

Doch es gibt auch gute Nachrichten: Für manche Arten hat sich die Lage seit dem letzten Bericht 2013 verbessert. So können zum Beispiel Mopsfledermäuse im Nordwesten Deutschlands ein größeres Verbreitungsgebiet und stabilere Populationsgrößen für sich verbuchen. Außerdem zeige sich, so die Autoren des Berichts, dass gezielte Artenschutz- und Renaturierungsprogramme lokal sehr erfolgreich sein können.

Umweltministerin Schulze will ein Insektenschutzgesetz

Deutlich wird das zum Beispiel an Wildkatzen: Die Tiere, die vor allem im Wald leben, legen große Entfernungen zurück, doch große Straßen und Siedlungen gefährden den Bestand. Schutzmaßnahmen, die Lebensräume der Katzen verknüpfen können da helfen – die Wildkatzen haben sich in der Bewertung seit einem entsprechenden Programm von „schlecht“ auf „unzureichend“ hochgearbeitet, der Trend geht nach oben.

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sieht vor allem in der Agrarlandschaft ein Bild, das „besorgniserregend schlecht“ sei. Hier sei eine Trendwende dringend notwendig. Erste Schritte seien mit der neuen Düngeverordnung und dem Aktionsprogramm Insektenschutz bereits getan, so Umweltministerin Schulze. Im nächsten Schritt will die Ministerin ein Insektenschutzgesetz auf den Weg bringen, um Grünland und Streuobstwiesen besser zu schützen.

Naturschutz: Wichtige Entscheidungen werden in Brüssel getroffen

Der größte Hebel für ein Umsteuern sei aber die EU-Agrarförderung, die gerade neu verhandelt wird, erklärte die Ministerin. „Das Geld sollte so eingesetzt werden, dass die Landwirtinnen und Landwirte für das honoriert werden, was sie für die Gesellschaft leisten – und dazu gehört ganz zentral der Naturschutz“, so Schulze.

Die Gemeinsame EU-Agrarförderung ist einer der größten Posten im Budget der Union – in diesem Jahr machen die 58 Milliarden Euro mehr als Drittel der Ausgaben aus. Die aktuelle Förderperiode läuft in diesem Jahr aus, in Brüssel wird derzeit verhandelt, unter welchen Bedingungen Landwirte in Zukunft unterstützt werden sollen. Was dort entschieden wird, spüren am Ende auch Mopsfledermäuse und Feldlerchen.