Berlin/Brüssel. Bundesregierung will Reisen ins europäische Ausland ermöglichen. Außenminister Maas trifft Absprachen zum Einstieg in den Tourismus.
Vier Wochen vor dem Beginn der Haupt-Reisesaison können die Bundesbürger wieder neue Urlaubspläne schmieden: Die Bundesregierung wird Urlaubsreisen in zahlreiche EU-Länder ermöglichen – jedenfalls im Prinzip und sofern sich die Entwicklung der Corona-Infektionszahlen nicht wieder verschlechtert.
Außenminister Heiko Maas (SPD) verständigte sich am Montag mit seinen Kollegen aus zehn wichtigen EU-Urlaubsländern auf eine enge Abstimmung von Reiseregelungen für die Sommersaison. Darunter sind alle wichtigen Mittelmeerländer. Am Mittwoch sind weitere Gespräche mit Nachbarländern wie Frankreich vorgesehen. Details müssen aber noch geklärt werden, etwas Geduld ist gefragt.
Urlaub im Ausland: Für welche Länder gilt nun was?
Genau wissen wir das erst Ende Mai, dann soll es die finale Abstimmung der beteiligten EU-Staaten geben. Klar ist aber, dass die Bundesregierung mit den geplanten Absprachen Reisen nach
ermöglichen will. Diese Staaten waren am Montag bei der Videokonferenz dabei und versicherten ihr Interesse.
Jetzt sollen erst noch Experten über die Bedingungen beraten, bevor sich die Außenminister endgültig verständigen. Ziel der Bundesregierung ist es, möglichst harmonisierte Regelungen zu finden. Aber es werde nicht eine Lösung für alle geben, sagte Maas.
Auch wenn Details offen sind: Griechenland, Zypern und Mallorca könnten ab Juli wieder erreichbar sein, schätzt etwa Branchenprimus TUI. Als greifbare Ziele gelten aber auch Dänemark, Österreich, Kroatien und Portugal. Italien öffnet sich ebenfalls für Urlauber: Einreisen sind schon ab 3. Juni erlaubt, dürften mit dem Auto aber zunächst am Alpentransit scheitern.
Ungewiss ist die Entwicklung auf dem spanischen Festland. Der Deutsche Reiseverband mahnt, nach der Aufhebung der Reisewarnung einzelne Länder differenziert zu betrachten.
Corona-Krise: Wann sind Auslandsreisen möglich?
Zum Teil sind sie jetzt schon möglich. „Reisewarnungen sind keine Reiseverbote“, stellte Maas nach der Ministerkonferenz klar. Auf der sicheren Seite sind Urlauber aber wohl erst ab 15. Juni. Am Tag zuvor läuft die kürzlich verlängerte weltweite Reisewarnung der Bundesregierung aus. Maas stellt in Aussicht, dass diese Warnung nicht erneut verlängert werden soll.
Stattdessen würde es für Europa nur noch mildere Reisehinweise geben, Warnungen aber vielleicht weiterhin für außereuropäische Ziele wie die USA oder Lateinamerika. Die Aufhebung der Reisewarnung wäre das Startsignal für den Sommerurlaub in Europa. Zum 15. Juni wollen auch eine Reihe von EU-Staaten ihre Grenzen öffnen – darunter Österreich und Frankreich.
Aber: „Der 15. Juni ist nicht das Datum, zu dem alle reisen können“, betont Maas. Er spricht stattdessen von einem „kontrollierten Wiedereinstieg in den europäischen Tourismus“. Ziel ist es Maas zufolge, dass die Regierung gar keine Reiseempfehlung geben muss: Die Bürger sollten selbst beurteilen, wohin sie fahren könnten oder ob sie willkommen seien.
Tourismus in der Pandemie: Warum sind Absprachen nötig?
Nach jetzigem Stand ist grenzenloses Reisen quer durch alle Länder Europas in diesem Sommer ungewiss. Bislang gelten in fast allen EU-Staaten Einreisebeschränkungen und teils Quarantäneauflagen, Hotels öffnen erst nach und nach. Die EU-Kommission hat empfohlen, die Grenzkontrollen nur schrittweise wieder aufzuheben – zuerst zwischen Staaten, die vergleichbare Erfolge bei der Eindämmung der Corona-Pandemie erreicht haben.
Daran hat Außenminister Maas jetzt angeknüpft und die Initiative ergriffen, um Absprachen mit wichtigen Urlaubsländern zu treffen: Als „Reiseweltmeister“ habe Deutschland eine gewisse Mitverantwortung für die Koordinierung.
Der Konferenz am Montag soll schon am Mittwoch eine weitere folgen, dann mit den Anrainer-Staaten Deutschlands, die wie Frankreich, die Niederlande oder Dänemark als Urlaubsländer ebenfalls beliebt sind. Die EU-Kommission ist an den Gesprächen nicht beteiligt, unterstützt sie aber ausdrücklich, wie in Brüssel betont wurde.
Reisen in Europa: Welche Auflagen sollen gelten?
Das ist noch nicht abschließend geklärt. Aber unverbindliche Empfehlungen der EU-Kommission und Vorbereitungen in einzelnen Staaten lassen erahnen, wie streng die Schutzstandards sein werden. Beispiele: Schutzmasken schon im Flugzeug, nach Möglichkeit auch in den Unterkünften. Einige Ziele wie Griechenland oder Sardinien wollen für die Einreise ein ärztliches Attest verlangen, dass die Gäste coronafrei sind.
In Hotels, Pensionen und Restaurants werden die Urlauber mit Warnschildern auf die Corona-Gefahr hingewiesen und zur Nutzung der Desinfektionsmittel gemahnt. An der Rezeption müssen Gäste durch eine Glasscheibe sprechen, überall gelten Abstandsvorschriften oder – wo das nicht einzuhalten ist – unbedingte Maskenpflicht. Keine Gruppen im Fahrstuhl, weniger Plätze in Restaurants und Bars (mit Tischabstand von zwei Metern). Verzicht auf Büfetts, feste Buchungszeiten für Fitnessraum oder Spa, Abstand auch am Pool, besser keine organisierte Kinderbetreuung, eingeschränkte Zimmerreinigung.
Abstand auch in den Tourismuszentren und Innenstädten, und natürlich Abstand auch am Strand: Griechenland etwa will Liegen nur mit Distanz von drei bis fünf Metern erlauben. Italien will 1,5 Meter Liegen-Abstand vorschreiben und dazu eine Desinfektionspflicht bei jedem Nutzerwechsel, für Sonnenschirme müssten zehn Quadratmeter Platz eingeräumt werden. In italienischen Strandbädern könnte bei Gästen auch schon mal die Temperatur gemessen werden.
Slowenien hat sich entschlossen, das Sonnenbaden am Strand einstweilen zu verbieten, Schwimmen ist aber erlaubt. Maas sagte, Ziel seien möglichst harmonisierte Regelungen. Aber die Auflagen würden am Ende nicht vollkommen identisch sein – es gebe in den EU-Staaten unterschiedliche Vorstellungen über den Schutzstandard.
Der Außenminister warnt deshalb schon vor Illusionen: „Es wird überall Restriktionen geben. Deshalb hat dieser Urlaub wenig zu tun mit dem Urlaub, den man aus der Vergangenheit kennt.“
Das betont auch die EU-Kommission, die von Brüssel aus vergeblich versucht hat, die Schutzauflagen zu koordinieren und die Klärung jetzt den Mitgliedstaaten überlässt: „Natürlich wird das für uns alle kein normaler Sommer“, sagt Vizepräsidentin Margrethe Vestager. Man könne aber erreichen, dass es kein „vollkommen verlorener Sommer“ werde.
Wie reagiert die Reisebranche?
Erleichtert. Reiseveranstalter und Reisebüros sind so stark von der Corona-Krise betroffen wie sonst kaum eine Branche. Doch wissen die Experten, dass die Kunden erst wieder Vertrauen fassen müssen, bevor der nächste Tourismusboom beginnt. Reiseveranstalter wie TUI, FTI oder Der-Touristik plädieren für einen vorsichtigen Neustart. Das große Geschäft mit der Auslandsreise wird überwiegend erst für 2021 erwartet.
Was sagt die WHO?
Die Weltgesundheitsorganisation sieht keine Gefahr für die Reisen, solange die Lage in den beteiligten Staaten vergleichbar ist. „Wenn Länder das Risiko ähnlich managen und ähnliche Maßnahmen zur Überwachung haben, birgt eine Grenzöffnung kein zusätzliches Risiko“, erklärte die Organisation.
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