Berlin. Bund und Länder haben einige Corona-Beschränkungen aufgehoben, doch den Kommunen reicht das nicht: Sie fordern weitere Maßnahmen.

Kaum haben Bund und Länder einige Freiheitsbeschränkungen aufgehoben, erhöhen die Kommunen den Druck. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, fordert weitere Schritte.

Die Kanzlerin hat nach einer Videokonferenz mit den Ministerpräsidenten nur eine geringfügige Lockerung der Corona-Beschränkungen angekündigt. Sind Sie enttäuscht?

Gerd Landsberg: Wer über die Ergebnisse enttäuscht ist, hat nicht verstanden, dass wir behutsam vorgehen müssen, um das bislang Erreichte nicht wieder zu gefährden. Daher haben wir jetzt auch nicht umfassende Lockerungen erwartet. Wir müssen in kleinen Schritten vorgehen und abwarten, wie sich die bereits umgesetzten Öffnungen in den Infektionszahlen niederschlagen. Klar scheint aber mittlerweile auch zu sein, dass der Föderalismus eine Chance darstellt.

Inwiefern?

Landsberg: Wir haben regional ein sehr unterschiedliches Ausmaß an Infektionen. Mit Blick auf mögliche Öffnungen heißt das aber auch, dass Dinge, die an einem Ort ohne Probleme möglich sein werden, in einer anderen Region sehr negative Auswirkungen haben werden. Daher brauchen wir regional ausdifferenzierte Schritte.

Worauf wir aber achten müssen ist die Entwicklung, dass durch die Rechtsprechung immer wieder einzelne Maßnahmen korrigiert werden. Das ist zwar in einem Rechtsstaat gut und richtig, darf aber die Akzeptanz und das Verständnis in der Bevölkerung nicht gefährden. Umso wichtiger ist gute Kommunikation gegenüber den Menschen.

Halten Sie das Vorgehen für verhältnismäßig?

Landsberg: Es ist deutlich geworden, dass alle Schritte nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit getroffen werden. Deswegen ist es auch richtig, dass betont wird, dass wir langfristige Perspektiven brauchen. Wir müssen sagen, was in absehbarer Zeit geht und was nicht geht. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten ehrliche Antworten. Nur so kann die Bereitschaft zur Mitwirkung erhalten bleiben.

Sehr wichtig und positiv zu bewerten ist, dass Gottesdienste in beschränkter Form wieder möglich sein werden. Das gibt den Menschen in schweren Zeiten Halt und entspricht auch den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Auch die Öffnung von Museen und Zoos ist für die Menschen ein Schritt zurück zur Normalität.

Ein positives Signal ist außerdem sicherlich, dass demnächst unter entsprechenden Hygienebedingungen Spielplätze wieder geöffnet werden könnten. Das ist eine wichtige Erleichterung, gerade für Eltern kleinerer Kinder, zumal das Risiko im Freien und bei entsprechenden Abstandsregeln beherrschbar erscheint. Wir müssen aber etwa bei den Schulen und Kitas klar sagen, dass es noch lange dauern wird, bis wir wieder in den Regelbetrieb kommen werden.

Was folgt daraus?

Landsberg: Wir werden auch nach den Sommerferien keine Verhältnisse wie vor der Pandemie erleben. Deswegen wäre es sinnvoll, die Ferien zu nutzen, um Veränderungen an den Gebäuden, etwa mit Blick auf eine gute und stetige Belüftung vorzunehmen. Hier kann es helfen, die Fensterstruktur zu ändern oder mit zusätzlichen Klimageräten oder Ventilatoren zu arbeiten. Die Wissenschaft sagt wohl zurecht, dass so das Infektionsrisiko gesenkt werden kann.

Das müssen Sie zur Maskenpflicht wissen

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    Für die nächsten Bund-Länder-Gespräche in der kommenden Woche hat Angela Merkel ‚ein größeres Paket’ angekündigt. Was erwarten Sie?

    Landsberg: Am 6. Mai können wir sicher besser erkennen, wie sich die ersten Lockerungen ausgewirkt haben. Dann erwarten wir schon, dass man klarer definiert, was bei welchen Infektionszahlen probiert werden kann und was passieren muss, wenn die Zahlen wieder steigen.

    Wir erwarten zudem noch bessere Konzepte im Hinblick auf intelligentes Testen in sensiblen Bereichen. Wenn wir jetzt immer mehr Testkapazitäten aufbauen, müssen wir diese auch klug einsetzen, um die Epidemie weiter einzudämmen.

    Was weitere Öffnungen angeht, könnte man sicher unter strengen Auflagen an die Bereiche Gastronomie und Tourismus denken. Als Betreiber der öffentlichen Freibäder erwarten die Kommunen ein klares Konzept, ob, wann und wie diese gegebenenfalls wieder geöffnet werden dürfen. Das gilt entsprechend für andere Sportanlagen als wichtige Einrichtungen des Gesundheitsschutzes. Aber auch hier gilt: Jeder Schritt muss mit Blick auf die Infektionszahlen abgewogen, überprüft und falls es nicht funktioniert auch wieder in Frage gestellt werden.

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