Berlin. Das Bundesinnenministerium hat Aktivitäten der Hisbollah in Deutschland komplett verboten. Es gab Razzien in Berlin, Bremen und NRW.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat ein Betätigungsverbot gegen die libanesische Terror-Organisation Hisbollah ausgesprochen. Ihre Aktivitäten sind damit in der gesamten Bundesrepublik untersagt. Das wurde am Donnerstag im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht.

Der Bundestag hatte die Bundesregierung zuvor aufgefordert, ein Betätigungsverbot für die Hisbollah zu erlassen. Im Dezember wurde ein entsprechender Antrag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP beschlossen. AfD, Linke und Grüne enthielten sich.

Polizisten durchsuchten am Morgen Moscheen und Vereine in Berlin, Dortmund, Münster und Bremen.

Hisbollah-Anhänger sammeln Spenden in Deutschland

Die Hisbollah existiert in Deutschland nicht als offizieller Verein. Die Sicherheitsbehörden rechnen dennoch bis zu 1050 Menschen dem „extremistischen Personenpotenzial“ der Hisbollah zu. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden nutzt die vom Verfassungsschutz als „terroristische Vereinigung“ eingestufte Gruppierung Deutschland vor allem als Rückzugsraum und zum Sammeln von Spenden.

Angehörige der Organisation und ihre Sympathisanten treffen sich in einzelnen Moscheevereinen. Nach Beobachtung der Behörden schotten sie sich dabei oft ab und verhalten sich konspirativ, um nicht aufzufallen. In der Verbotsverfügung heißt es: „Zum Teil bekunden die Anhänger der Organisation jedoch auch offen ihre Anhängerschaft auf Internetseiten und in sozialen Medien.“ Die Ideologie der Hisbollah richtet sich nach Einschätzung der deutschen Behörden gegen den Gedanken der Völkerverständigung.

Dortmund: Polizistinnen tragen einen Karton mit Beweismitteln aus den Räumen der Gemeinschaft Libanesischer Emigranten.
Dortmund: Polizistinnen tragen einen Karton mit Beweismitteln aus den Räumen der Gemeinschaft Libanesischer Emigranten. © dpa | Bernd Thissen

Bundesregierung rechnet nicht mit Rache-Anschlägen

Aus Sicht des Ministeriums schließt das Betätigungsverbot ein, dass Kennzeichen der Hisbollah nicht mehr gezeigt werden dürfen. Vermögen kann außerdem eingezogen werden. Versammlungen der Anhänger sind fortan verboten.

Mit Anschlägen in Deutschland oder Auswirkungen auf deutsche Interessen im Libanon als Reaktion auf die Verbotsverfügung rechnet die Bundesregierung nicht. Israel, Saudi-Arabien und die USA dringen seit Jahren darauf, dass Deutschland nicht nur den militärischen, sondern auch den politischen Arm der vom Iran unterstützten Bewegung wie eine Terrorgruppe behandelt.

Münster: Ein Polizeiauto steht vor dem Imam Mahdi Zentrum. Polizisten durchsuchten am frühen Morgen vier Moscheen und Vereine in Deutschland, die der Hisbollah-Bewegung zugerechnet werden.
Münster: Ein Polizeiauto steht vor dem Imam Mahdi Zentrum. Polizisten durchsuchten am frühen Morgen vier Moscheen und Vereine in Deutschland, die der Hisbollah-Bewegung zugerechnet werden. © dpa | Guido Kirchner

Hisbollah: Hintergrund

Auf der umstrittenen Al-Quds-Demonstration in Berlin waren in den vergangenen Jahren immer wieder auch Symbole der Vereinigung zu sehen, obwohl das Zeigen von Hisbollah-Fahnen schon seit längerer Zeit verboten ist. Der 1979 durch den iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini ins Leben gerufene Tag ruft zur „Befreiung“ der Stadt Jerusalem (arabisch: Al-Quds) auf.

Hisbollah entstand im libanesischen Bürgerkrieg

Die Hisbollah (arabisch für „Partei Gottes“) formierte sich 1982 zur Zeit des libanesischen Bürgerkriegs. Die iranischen Revolutionsgarden unterstützten verschiedene schiitische Milizen bei ihrem Zusammenschluss mit der Bereitstellung von Waffen und Ausbildern, um sich gemeinsam gegen Israel zu stellen. Die Hisbollah erkennt das Existenzrecht des jüdischen Staates nicht an und ruft zum bewaffneten Kampf auf – auch mit terroristischen Mitteln. Im Libanon ist die Hisbollah Teil der Regierung.

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(dpa/raer)