Berlin/München. Die ersten Jugendlichen sind zurück in den Schulen, doch viele müssen noch immer abwarten. Welche Schritte jetzt diskutiert werden.
Auf eine Sache ist im Corona-Ausnahmezustand Verlass. Wenn einer aus dem Kreis der Ministerpräsidenten vorprescht, heißt er meist Markus Söder. So auch zum Wochenstart. Bevor die zuständigen Kultusminister der 16 Bundesländer am Nachmittag in einer Videoschalte über einen Fahrplan für die schrittweise Rückkehr möglichst aller Kinder und Jugendlichen an die Schulen berieten, setzte Bayerns Regierungschef in München schon mal ein Datum in die Welt: „Eigentlich sollte das Ziel sein, dass vor Pfingsten jeder Schüler zumindest einmal wieder in der Schule war.“
Pfingsten fällt in diesem Jahr auf den 31. Mai. Das ist eine Ansage, die Söder nur für den Freistaat machen kann. Aber er erhöht damit wieder einmal den Erwartungs- und Handlungsdruck auf seine Kolleginnen und Kollegen im Rest der Republik.
Die Ministerpräsidenten wollen am Donnerstag erneut mit der Kanzlerin konferieren. Über weitere Lockerungen will die Kanzlerin aber erst am 6. Mai mit den Ländern entscheiden. Täglich wächst jedoch der Druck von Eltern, Organisationen und Unternehmen, rascher zu einer Art Normalität zurückzukehren. In einigen Bundesländern wurden in der vergangenen Woche bereits Abiprüfungen geschrieben oder vorbereitet.
Am Montag kehrten nun vielerorts auch Schüler der zehnten Abschlussklassen an ihre Schulen zurück. Im Schulalltag läuft dabei vieles anders als vor Corona. Regelmäßiges Händewaschen ist Pflicht, ebenso 1,50 Meter Abstand halten, was nicht alle schaffen. Manchmal müssen Schüler auch Schutzmasken tragen. Abi mit Maske – so eine Prüfungssituation wird nach mehreren Stunden schnell zur Qual.
Vielversprechende Nachrichten gibt es für die Gläubigen in Deutschland. Nach einer Sitzung des Corona-Kabinetts unter Merkels Leitung zeichnete sich ab, dass Bund und Länder zügig einheitliche Leitlinien für Gottesdienste auf den Weg bringen wollen.
Corona-Krise: Wie soll es an Schulen und Kitas weitergehen?
Wer nicht in diesem oder nächsten Jahr seinen Abschluss macht oder vor einem Schulübertritt steht, muss erst einmal weiter zu Hause bleiben. Wann auch Schülerinnen und Schüler dieser Jahrgänge zurückkehren sollen in die Schulen, ist noch nicht klar.
Die Kultusminister wollten am Montag ein Konzept beraten, dass die Regierungschefs der Länder dann mitnehmen sollen in die Runde mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Dem Vernehmen nach wollen sich die Bildungspolitiker in ihrem Vorschlag unter anderem am Hygieneplan für Schulen des Landes Rheinland-Pfalz orientieren.
Der sieht zum Beispiel versetzte Pausenzeiten vor und Einlasskontrollen an den Schultoiletten – „damit sich nicht zu viele Schülerinnen und Schüler zeitgleich in den Sanitärräumen aufhalten“. Der Präsident des deutschen Lehrerverbands hatte sich am Wochenende für ein Schichtmodell ausgesprochen: Nach Hans-Peter Meidingers Vorschlag würden die Klassen geteilt und hätten abwechselnd eine Woche Präsenzunterricht, eine Woche zu Hause, in der sie Aufgaben erledigen.
Noch unsicherer ist die Lage für Familien mit ganz kleinen Kindern. Zwar beraten Bund und Länder auch hier. Joachim Stamp, Familienminister in Nordrhein-Westfalen und Vorsitzender der zuständigen Familienministerkonferenz, dämpfte aber Hoffnungen auf eine schnelle Lösung.
„Einen Fahrplan mit festen Terminen aller Länder kann und wird es nicht geben“, sagte der FDP-Politiker. Stattdessen solle ein Rahmen geschaffen werden, in dem die Länder regional und länderspezifisch ihr eigenes Tempo gehen könnten. Stamp betonte aber auch, dass man den Jüngsten „schnellstmöglich“ wieder soziale Kontakte und frühkindliche Bildung ermöglichen müsse.
Wann gibt es wieder Gottesdienste?
Die Vorbereitungen für eine bundesweite Wiederaufnahme von Gottesdiensten sind nach Angaben der Regierung auf gutem Wege. „Wir sind einen großen Schritt weitergekommen“, sagte ein Sprecher von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach der Sitzung des Corona-Kabinetts. Mit den Vertretern der Religionsgemeinschaften sei ein Maßnahmenpaket geschnürt worden, das die Bundesregierung unterstütze.
Kanzlerin Merkel will am Donnerstag mit den Ministerpräsidenten in der nächsten Videoschalte über Details beraten. In einzelnen Ländern wie Sachsen finden bereits wieder Gottesdienste statt, aber nur wenige Teilnehmer sind erlaubt. Kirchenrecht ist Ländersache. Die Bundesregierung strebt aber möglichst einheitliche Regeln an, denn regional verschiedene Flickenteppich-Lösungen (wie anfangs bei den Schutzmasken) provozieren Kritik und verunsichern die Bevölkerung.
Wann sind wieder alle Geschäfte offen?
Vor Gericht kassierte CSU-Chef Söder am Montag eine Niederlage. Bayerns höchstes Verwaltungsgericht hatte das von der Staatsregierung in der Corona-Krise verhängte Verkaufsverbot für große Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern für verfassungswidrig erklärt. Die unterschiedliche Behandlung von kleinen und großen Geschäften mitsamt Ausnahmen verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes.
Die Richter verzichteten wegen der Pandemie-Lage auf den Vollzug des Urteils, Bayern will es aber nächste Woche umsetzen. Auch in anderen Bundesländern hatten Gerichte verhängte Einschränkungen teilweise aufgehoben. Das Bundesverfassungsgericht schritt zudem gegen die Beschneidung der Versammlungsfreiheit ein. Denkbar ist, dass Bund und Länder nun die 800-Quadratmeter-Vorgabe ganz kippen.
Wird der Exit einheitlich für das ganze Land ablaufen?
Bundesregierung und Ministerpräsidenten werden versuchen, sich auch bei Lockerungen auf Leitlinien zu verständigen. Wie diese umgesetzt werden, bleibt Sache der Länder. Das Kanzleramt wirbt bei den Bürgern um Verständnis, dass es regional angepasste Maßnahmen geben wird.
Bei der Überprüfung „muss auch berücksichtigt werden, dass die Epidemie sich in Deutschland nicht gleichmäßig ausbreitet, sondern die Lage regional unterschiedlich sein kann“, schrieb Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) an die Abgeordneten von CDU, CSU und SPD. „Das kann bedeuten, dass Beschränkungen in bestimmten Regionen aufrechterhalten oder nach zwischenzeitlichen Lockerungen wieder verschärft werden müssen.“
Regierungssprecher Steffen Seibert erinnerte am Montag daran, dass der Termin am Donnerstag zu früh käme, um die Auswirkungen der bisherigen Lockerungen beurteilen zu können. „Für Konsequenzen und weitere Beschlüsse ist der 6. Mai das wichtige Datum“, sagte Seibert. Man darf sicher sein, dass aber schon vorher der ein oder andere Landesfürst sich wieder zu Wort meldet.
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