Berlin. Die Corona-Krise beeinflusst das religiöse Leben in Deutschland stark. Doch nicht alle gehen gleich um mit dem Gottesdienst-Verbot.

In einer Woche, am Abend des 23. April, beginnt der Ramadan. In Zeiten der Corona-Krise ein Härtefall: Fastenbrechen – nur daheim. Oder virtuell?

Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Markus Kerber, ist dankbar dafür, „wie verständnisvoll auch die Repräsentanten der Muslime in Deutschland die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus umsetzen“. Sie zeigten „ein hohes Maß an Verantwortungsgefühl und Solidarität für unsere Gesellschaft“, sagte er unserer Redaktion. Ärger droht an einer anderen Ecke: Mit der katholischen Kirche. Und den Bundesländern.

Dass die Einschränkung der Versammlungsfreiheit über den 20. April hinaus bis zum 3. Mai gilt, kann der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, „nicht nachvollziehen“ angesichts von Lockerungsmaßnahmen „in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens“. Wenn Geschäfte öffnen, warum nicht auch Gotteshäuser?

Corona-Krise: Regierung im Spitzengespräch mit den Kirchen

Auf Wunsch der Kirchen und Religionsgemeinschaften lud Kerber für Freitag zu einem Treffen ein. Dann will die katholische Kirche einen Vorschlag machen, „wie wir Religionsausübung und Infektionsschutz gleichermaßen gewährleisten können“. Kaum hatten die Bundesländer vom Termin am Mittwoch am Rande ihrer Besprechung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erfahren, wurde Kritik laut. Für die Kirchen sind sie zuständig - nicht der Bund.

Eiligst wurde das Treffen protokollarisch heruntergestuft und ein Gespräch für kommende Woche angesetzt, diesmal mit Innenminister Horst Seehofer (CSU) und den Ministerpräsidenten aus Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne), Hamburg, Peter Tschentscher (SPD), und Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU). Der Mann aus NRW ist seit Jahren in der katholischen Kirche engagiert und dringt auf Lockerungen.

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Niemand wusste besser als Pastorentochter Merkel, was sie den christlichen Kirchen zu Ostern zugemutet hatte. Ganz widerspruchslos blieben die Auflagen nicht. Ein Katholik aus Hessen hatte dagegen geklagt, unterlag aber vor dem Bundesverfassungsgericht. Allerdings machten die Karlsruher Richter auch klar, dass bei jeder Fortschreibung der Maßnahmen „mit Blick auf den mit einem Gottesdienstverbot verbundenen überaus schwerwiegenden Eingriff in die Glaubensfreiheit eine strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfolgen“ müsse.

Genau daran knüpfte der enttäuschte Limburger Bischof an. Seine Kirche habe „das Verbot von Versammlungen zur Religionsausübung bisher hingenommen, weil wir dieses Verbot vorübergehend für angemessen hielten.“ Es greife allerdings „tief in das Recht der freien Religionsausübung ein“. Selbstverständlich wisse sich die Kirche dabei „an die für alle Versammlungen in geschlossenen Räumen geltenden Kriterien und Bestimmungen gebunden“ und werde „die Einhaltung von Abstandserfordernissen kontrollieren“.

Man wolle jetzt mit den Kirchen in ein Gespräch darüber eintreten, wie das gemacht werden kann, sagte Merkel. Die Gegebenheiten zwischen einer kleinen Dorfkirche und einer großen Kirche wie dem Kölner Dom seien unterschiedlich. Was wollte die Kanzlerin damit sagen? Bund und Länder haben die Öffnung der Läden mit einer Fläche mit bis zu einer Fläche von 800 Quadratmetern vereinbart. Gilt für Gotteshäuser eine andere Logik?

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Muslime versprechen, Corona-Auflagen zu respektieren

Hinter vorgehaltener Hand heißt es, die christlichen Kirchen hätten so wenig Zulauf, dass man Gottesdienste leicht mit größeren Abständen zwischen Besuchern abhalten könne. Komplizierter seien Abstandsgebote in den muslimischen Gemeinden und Moscheen, die stark besucht werden, zum Ramadan zumal. Üblich ist beim gemeinschaftlichen Fastenbrechen am Abend, dass sich Familien und Freunde treffen, um gemeinsam zu speisen und zu beten. Dieses Jahr aber werde auch der Fastenmonat „wird im Schatten der Corona-Epidemie stehen“, mahnte Kerber.

„Gesundheitsschutz und der Schutz von Menschenleben in dieser Pandemie stellt für uns gläubige Muslime die allerhöchste Priorität“, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, unserer Redaktion. „So schwer es uns fällt, unsere Moscheen im Heiligen Monat Ramadan weiter geschlossen zu halten, so ist es unsere religiöse und bürgerliche Verantwortung in der aktuellen Phase genau das zu tun.“ Er hoffe, dass sich der Verlauf der Pandemie soweit verbessere, „dass wir bald andere Entscheidungen treffen können“.

Mazyek dürfte den 23. Mai im Auge haben, das Ende des Ramadans, das traditionell von Feiern begleitet wird, auch Zuckerfest genannt, die von 24. bis 26. Mai dauern. Kerbers Respekt für die Muslime ist umso größer, als er weiß, dass Gemeinden oft vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten stehen, „weil sie auf Spenden aus Gottesdiensten und anderen religiösen Veranstaltungen angewiesen sind, um ihr Personal, aber auch Miete oder Kredite zu bezahlen“.

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