Kopenhagen. Die UN-Klimakonferenz ist nach zweiwöchigen Marathonverhandlungen ohne konkrete Ergebnisse zu Ende gegangen. Was blieb, ist ein Minimal-Kompromiss, der lädierte Glanz von Merkel und Obama, der Triumph Chinas und ein Ende im Chaos.
Nur noch raus hier. Fluchtartig verließen die Delegierten am Wochenende Kopenhagen. Dort endete nach über zwei Wochen die teuerste und chaotischste Klimakonferenz aller Zeiten mit einem beispiellosen Fiasko: Die rechtlich unverbindliche „Kopenhagener Erklärung”, ein von 25 Staaten zuvor ausgehandelter Mini-Kompromiss, wurde im Plenum nicht formal abgesegnet, sondern lediglich „zur Kenntnis” genommen. Der Imageschaden für die Vereinten Nationen und die internationalen Klimaverhandlungen ist riesig.
„Ich bin sehr enttäuscht. Die angereisten Staats- und Regierungschefs haben nun miterlebt, wie weit wir noch auseinanderliegen”, sagte Regine Günther, Klimaexpertin der Umweltstiftung WWF. Christoph Bals von der Umweltorganisation Germanwatch kritisierte eine zu zögerliche Verhandlungsstrategie der Europäischen Union.
Doch wer waren die zentralen Figuren im Klimapoker?
Die Verlierer von Kopenhagen:
Barack Obama, US-Präsident. Es hatte etwas Surreales, als er mit der Airforce Number One in Kopenhagen einschwebte. Alle Züge, Busse und U-Bahnen standen still, Hubschrauber kreisten über der Stadt. Dabei hatte Obama außer einer Zusage für Finanzhilfen an arme Länder nichts mitgebracht, um die China oder Indien zu Zusagen zu bewegen. Obama kam zu spät nach Kopenhagen, biss beim großen Rivalen China weitestgehend auf Granit und flog zu früh nach Washington zurück. Noch eine Schmach für die USA: In der chaotischen letzten Nacht wurde der stellvertretende US-Verhandlungsführer Jonathan Pershing im Plenum von einem Vertreter Nicaraguas vom Mikrofon verdrängt.
Angela Merkel, Klimakanzlerin. Umweltverbände werfen ihr vor, in den Krisen der Verhandlungen verhindert zu haben, dass die EU ihr Versprechen, die Emissionen deutlicher zu reduzieren, auf den Tisch legt. Merkels Glanz als Unterhändlerin ist in Kopenhagen verblasst. Die Bundeskanzlerin wehrt sich, den Kompromiss von Kopenhagen herunterzureden: „Wir haben zu entscheiden gehabt, ob wir den ganzen Prozess abbrechen oder aber ob wir das, was möglich war, nehmen.”
Lars Lokke Rasmussen, Premierminister von Dänemark. Am Ende war er mit der Verhandlungsführung komplett überfordert. Am Samstag war er nicht in der Lage, einen Vorschlag für die Abstimmung über den ausgehandelten Kompromiss vorzulegen. Sichtlich entnervt gab er an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ab. Rasmussen schien schlecht vorbereitet, kannte sich mit den UN-Verhandlungsprozessen offensichtlich nicht aus. Immer wieder brachte er afrikanische Staaten gegen sich auf, die sich von ihm übergangen fühlten.
Ian Fry, Vertreter des Inselstaats Tuvalu, das durch den Anstieg des Meeresspiegels bedroht ist. Er musste hinnehmen, dass seine Forderung, die Erwärmung der Erde auf 1,5 statt auf zwei Grad zu beschränken, vom Tisch gewischt wurde. Mit Blick auf die Finanzhilfen für arme Länder sagte er: „Sie boten 30 Silberlinge für den Verrat an unserer Zukunft.”
Der Sieger von Kopenhagen:
Wen Jiabao, Ministerpräsident Chinas. Aus Verhandlungskreisen hieß es, Wen habe Obama warten lassen, als der US-Präsident um ein Gespräch bat. Er habe noch andere Gesprächspartner, habe Wen ausrichten lassen. Es war nicht die einzige Machtdemonstration. China blieb beim Verhandlungspoker hart. Die 130 Staaten umfassende Gruppe G 77 der Schwellen- und Enwicklungsländer wusste er hinter sich, denn von Chinas Entwicklungshilfe sind viele afrikanische Staaten hinter sich. Das Riesenreich, inzwischen der weltgrößte CO2-Emittent, ist mittlerweile auch politisch auf Augenhöhe mit den Industriestaaten: „Wir haben ein selbstbewusstes China erlebt”, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor ihrem Abflug aus Kopenhagen.