London. Der britische Premier Johnson ist an Covid-19 erkrankt. Hospitäler in London warnen vor „Tsunami“ an Patienten mit schweren Verläufen.

Nun hat es also auch Boris Johnson erwischt – ausgerechnet den britischen Premierminister, der die Corona-Krise lange Zeit auf die leichte Schulter genommen hatte. Der 55-Jährige erklärte am Freitagmorgen in einer Videobotschaft, er habe einen anhaltenden Husten und leichtes Fieber und werde sich daher selbst isolieren.

Wenig später gab Downing Street bekannt, Johnson sei positiv auf das Coronavirus getestet worden. Ein Regierungssprecher erklärte, Johnson werde aus der Quarantäne heraus weiter die Maßnahmen der Regierung gegen die Ausbreitung des Virus anführen.

Ob Carrie Symonds, Johnsons Verlobte, ebenfalls an dem Virus erkrankt ist, war zunächst unklar. Symonds lebt mit Johnson in der Downing Street und ist im fünften Monat schwanger. Später wurde bekannt, dass auch Gesundheitsminister Matt Hancock positiv auf das Virus getestet worden ist.

Johnsons Widerwilligkeit könnte vielen den Tod bringen

Johnsons Erkrankung wirft ein Schlaglicht auf die zögerliche Reaktion seiner Regierung in der Corona-Krise. So erklärte der britische Premier noch Anfang des Monats, er gebe weiter allen Leuten, die er treffe, die Hand. Dabei hatten Experten schon damals dringend davon abgeraten. Als die Krise Mitte des Monats in Italien und Spanien bereits verheerende Ausmaße angenommen hatte, riet Johnson lediglich über 70-Jährigen dazu, auf Kreuzfahrten zu verzichten.

Das öffentliche Leben sollte weitergehen wie zuvor – und das, obwohl sich das Virus in Großbritannien bereits rasant ausbreitete. Kritiker warfen der Regierung daraufhin vor, sie wolle bewusst einen Großteil der Bevölkerung erkranken lassen, um so für eine Herdenimmunität zu sorgen, die eine spätere Ausbreitung der Krankheit verhindern solle. Dabei ist bis heute umstritten, ob eine Erkrankung überhaupt dazu führt, dass Menschen immun gegen das Virus werden.

Als Forscher vom Imperial College in London Berechnungen vorlegten, die zeigten, dass die Strategie der Regierung zum vermeidbaren Tod Hunderttausender führen könnte, ließ Johnson von diesem Plan ab.

Massenansammlungen in Parks und auf Märkten

Großbritannien folgte seitdem dem Kurs, den die meisten anderen Länder eingeschlagen haben – allerdings lange wieder nur zögerlich. So rief Johnson die Briten Anfang vergangener Woche dazu auf, von zu Hause aus zu arbeiten und Pubs und Restaurants zu meiden. Eine Anordnung, die Lokale des Landes zu schließen, sprach er allerdings erst fünf Tage später aus. Und so versammelten sich an jedem Abend zahlreiche Briten weiter in Restaurants, Bars, Pubs und Biergärten.

Viele dürften sich dabei mit dem Virus infiziert haben. Mitte vergangener Woche kündigte Johnson die Schließung der meisten Schulen des Landes an – allerdings erst ab Freitag. Und er rief die Briten erneut dazu auf, zu Hause zu bleiben.

Ein Ausgehverbot sprach er jedoch wieder nicht aus. Das veranlasste Hunderttausende Briten dazu, sich am vergangenen Wochenende in Parks, an Stränden, auf Märkten und in Nationalparks zu drängen. Aufnahmen dieser Menschenmassen lösten einen öffentlichen Aufschrei aus. Woraufhin Johnson am Montag endlich ein Ausgehverbot aussprach.

Aus Sicht vieler Experten viel zu spät. Krankenhäuser in London, der Corona-Hochburg des Landes, berichteten nun über einen „Tsunami“ an schwer erkrankten Corona-Patienten. Die Kapazitäten der Kliniken in der britischen Hauptstadt könnten schon in wenigen Tagen erreicht sein.

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