Berlin. Armin Laschet will CDU-Chef und Kanzlerkandidat werden. Jens Spahn verzichtet für ihn auf eine eigene Bewerbung.

Sie sitzen fast vertraut nebeneinander: Der Alte und der Junge, der NRW-Ministerpräsident und der Bundesminister, der Rheinländer und der Westfale. Der politische Brückenbauer und der profilierte Konservative. 20 Jahre liegen zwischen den beiden Männern. Sie wollen ein Angebot sein. Der Ältere für die Gegenwart, der Jüngere für die Zukunft der CDU.

Armin Laschet sieht Jens Spahn von der Seite an. Der Jüngere hat das erste Wort, obwohl es der Ältere ist, der sich um den Vorsitz und den Kanzlerkandidatenposten in der CDU bewirbt.

Spahn beginnt: Die CDU befinde sich „in der größten Krise unserer Geschichte“. Es gebe eine Vertrauenskrise und mangelnden Zusammenhalt. Seine Partei habe viel Vertrauen verspielt, es sei zu wenig über Inhalte gesprochen worden. Stattdessen habe man zu viel über Personal und über Unterschiede innerhalb der Partei gestritten. Die CDU müsse für einen „weltoffenen Patriotismus“ stehen. „Man kann gleichzeitig für Grenzschutz und für Klimaschutz sein.“

Spahn tritt für Laschet kürzer – „Es kann nur einen Parteichef geben“

Dann kommt es: Er habe persönlich viel nachgedacht in den vergangenen Tagen. Die Schlussfolgerung: „Es kann nur einen Parteichef geben“, sagt Spahn. Das bedeute auch, dass jemand zurückstehen müsse: „Die CDU ist größer als jeder Einzelne von uns.“ Deshalb unterstütze er nun Laschet bei dessen Kandidatur um den Parteivorsitz. „Wir müssen mehr denn je zusammenstehen.“

Laschet habe es nach der großen Krise der CDU in NRW geschafft, den liberalen, sozialen und konservativen Flügel der Partei zusammenzuführen, sagt Spahn. Er wolle mit der Untersützung dieser Kandidatur ein Zeichen setzen.

Wer den 39 -Jährigen und seinen unbedingten Willen zur Macht kennt, der weiß, wie schwer ihm das gefallen ist. Und doch: Ein nochmaliges Scheitern bei der Wahl zum Parteivorsitz wäre auch seiner Karriere abträglich gewesen. Doch man glaubt es dem umtriebigen Gesundheitsminister an diesem Dienstag, wenn er sagt, dass er die eigene Person zum Wohl der Partei zurückstelle.

Armin Laschet und Jens Spahn am Dienstag in der Bundespressekonferenz in Berlin.
Armin Laschet und Jens Spahn am Dienstag in der Bundespressekonferenz in Berlin. © Getty Images | Maja Hitij

Spahn und Laschet wirken gut abgestimmt und souverän

Für den zwar ehrgeizigen, aber von Natur aus eher vorsichtigen Laschet ist die Unterstützung des jungen Konservativen ein Glücksfall. Diese Strategie hat in der Abgrenzung zu den anderen Kandidaten Friedrich Merz und Norbert Röttgen zumindest gute Chancen. Die beiden auf dem Podium wirken gut abgestimmt und souverän.

Spahn hat viele Fans im konservativen und Wirtschaftsflügel der Partei, in der Fraktion und auch im Regierungsteam der CDU. Laschet hat seine Kandidatur lange abgewogen. Er wusste, dass er springen muss. Ansonsten wäre sein Ansehen bundesweit, aber auch im eigenen Landesverband stark gesunken. Bereits als die Gremien der Partei am Montag tagten, hatten sich die beiden untereinander geeinigt.

Laschet informierte am Abend die FDP, seinen Koalitionspartner in Düsseldorf, an die Öffentlichkeit durfte aber nichts dringen. Am frühen Dienstagmorgen teilte Laschet dann die Bereitschaft zur Kandidatur in einer Telefonkonferenz der NRW-CDU mit. Und setzte sich mit dem Auftritt in der Bundespressekonferenz anderthalb Stunden vor Konkurrent Merz in Szene.

Verhältnis von Spahn und Laschet war jahrelang sehr angespannt

Es ist insofern ein Coup, als Laschet und Spahn jahrelang nicht besonders gut aufeinander zu sprechen waren. Laschet gilt als Vertreter des liberalen Flügels in der CDU, er ist in der Flüchtlingskrise und auch sonst auf dem Kurs von Kanzlerin Angela Merkel. Spahn dagegen ist ein ausgesprochener Gegner der liberalen Migrationspolitik – und jahrelang bekannt als leidenschaftlicher Merkel-Kritiker. Er gehört zu denen, die der Kanzlerin vorwerfen, das konservative Profil der Partei geopfert zu haben. Und doch haben die beiden zusammengefunden. Auch in dem Wissen, dass an der Frau im Kanzleramt zunächst kein Weg vorbeiführt.

„Wir können und müssen unsere Partei und unser Land wieder zusammenführen“, sagt Laschet. „Und dafür will ich kandidieren als Vorsitzender der CDU Deutschlands. Ich bedauere, dass nicht alle Kandidaten sich diesem Teamgedanken anschließen konnten.“ Das zielt besonders auf Konkurrent Merz. Doch das viel beschworene Team – es war nie eine realistische Option.

Auch weil Merkel Merz nicht in ihrem Kabinett haben will. Aber auch, weil mit Merz und Laschet zwei Machtmenschen um die Nummer-eins-Position ringen. Aus Merz’ Sicht war das Ziel der Team-Strategie, ihn von der Kandidatur abzuhalten. Und für den jovialen Laschet war allen Unkenrufen zum Trotz immer klar, dass er an die Spitze muss.

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Laschet will Spahn als seinen Stellvertreter vorschlagen

Diesen Machtanspruch formuliert er auch in der Frage der Kanzlerkandidatur deutlich. Die Frage werde zwar gemeinsam mit der CSU entschieden. Dazu würden die Chefs der Schwesterparteien einen Vorschlag machen – wann genau, ließ er offen. Er will die CSU auf keinen Fall düpieren. „Aber für den CDU-Teil ist jedenfalls mit einer Entscheidung auf dem Bundesparteitag klar, wer der CDU-Vorschlag in diesem Gespräch sein wird.“ Und auch Spahn soll eine Position in der Partei bekommen. Laschet will ihn, sollte er gewählt werden, als Stellvertreter vorschlagen. Damit wolle er zeigen, dass die verschiedenen Strömungen ihren Platz haben.

Die Bundesregierung soll nach Laschets Plan bis zum Ende der Wahlperiode 2021 stabil bleiben. „Wir haben ein stabiles Grundgesetz, was davon ausgeht, dass man nicht eben mal Kanzler wechseln kann, deshalb richten wir uns auf die Zeit nach 2021 ein.“ Laschet macht zudem deutlich, dass er zunächst NRW-Regierungschef bleiben will: „Je besser die Arbeit in Nordrhein-Westfalen gelingt, umso mehr ist das auch eine Visitenkarte für das, was wir uns hier vornehmen, und deswegen werde ich dieses Amt weiter mit der Energie und der Fröhlichkeit, wie wir in Nordrhein-Westfalen gemeinsam regieren, auch weiter ausüben.“

CDU-Kanzlerkandidat? Armin Laschet im Porträt

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    Laschet sieht potenzielle Wähler nicht in erster Linie bei der AfD

    Und wie will er Mehrheiten für die CDU sichern? Laschet hat einen anderen Ansatz als Mitbewerber Merz. Dieser habe immer gesagt, er wolle die AfD halbieren. „Das ist natürlich ein wünschenswertes Ziel. Aber der Wettbewerb findet auch in die Mitte hinein statt.“ Bei der Hamburg-Wahl habe die CDU Stimmen vor allem an die SPD und die Grünen verloren. Für die CDU sei es wichtig, dass sie diese Wähler an sich binde. Dennoch würde er sich wünschen, dass sich Merz im Fall einer Wahlniederlage in die Partei einbinden lasse. Seine Miene drückt jedoch aus, dass er das nicht für sehr wahrscheinlich hält.

    Warum keine Frau antrete, wird das Team noch gefragt. Es habe sich keine beworben, sagt Laschet. Aber, scherzt er, Kinder könnten in Deutschland nun mal erleben, dass man auch als Mann Kanzler werden könne. Die Männer lachen. Eine andere Frage dagegen ist längst beantwortet: Laschet ist mit einer Frau verheiratet, Spahn mit einem Mann. Es ist egal. Die CDU hat sich bereits verändert.

    Damit konkurrieren nun drei Kandidaten um den CDU-Vorsitz. Nach Norbert Röttgen verkündete auch Friedrich Merz seine Kandidatur offiziell. Die Wahl des Nachfolgers von Annegret Kramp-Karrenbauer soll am 25. April stattfinden.