Berlin/Düsseldorf. Nach dem angekündigten Rückzug von Kramp-Karrenbauer nimmt der Machtkampf in der CDU Fahrt auf. Drei Interessenten melden Ansprüche an.

Es kommt Bewegung in das Personalkarussell der CDU: Dringend gesucht werden ein Parteichef und ein Kanzlerkandidat. Die scheidende Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer führt ab nächster Woche Verhandlungen über ihre Nachfolge.

Sie habe Interessenten zu Einzelgesprächen eingeladen, sagte sie. Gemeint sind Gesundheitsminister Jens Spahn, Ex-Fraktionschef Friedrich Merz und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.

Aus Merz’ Umfeld hieß es am Mittwochabend, er sei bereit, sich für den CDU-Vorsitz zu bewerben. Der 64-Jährige sei entschlossen, zu kandidieren, wisse die Parteibasis hinter sich und fühle sich durch aktuelle Umfragen ermutigt. Auch Spahn machte am Mittwoch klar, dass er bereit sei, Verantwortung zu übernehmen. „In welcher Konstellation das aber geschieht, darüber reden wir jetzt eben in den nächsten Tagen.“

Dreikampf um CDU-Spitze: Merz, Spahn und Laschet buhlen um Parteivorsitz

AKKs ursprünglicher Plan, die Dinge langsam angehen zu lassen, ist damit vom Tisch. Sie will nun bereits am 24. Februar, Rosenmontag, Präsidium und Vorstand der CDU über den Stand der Gespräche informieren. Der CDU-Vorstand könnte dann eventuell schon über einen Sonderparteitag für eine Vorsitzendenwahl entscheiden. Aus der CDU ist zu hören, dass man sich schon nach größeren Hallen umschaue. Ein solcher Sonderparteitag könnte nach den Regeln der Partei frühestens acht Wochen nach dem Beschluss stattfinden – das wäre in der zweiten Aprilhälfte.

Die Favoriten für Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur: Gesundheitsminister Jens Spahn (v. l. n. r.), NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Friedrich Merz.
Die Favoriten für Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur: Gesundheitsminister Jens Spahn (v. l. n. r.), NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Friedrich Merz. © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Federico Gambarini

Gerechnet wird jedoch mit einem Termin im Mai oder Juni. Beim regulären Bundesparteitag im Dezember in Stuttgart soll es trotzdem bleiben – dort will die Partei ihr Grundsatzprogramm beschließen. Wirklich eingetütet sei aber noch nichts, heißt es weiter. Hinter dem nervösen Flügelschlagen offenbart sich in Gesprächen mit CDU-Größen eine tiefe Besorgnis über den Zustand der Partei und die Frage, wie man die Gestaltungsmacht im Land behält. Gerüchte gibt es viele, aber welche Szenarien sind überhaupt möglich?

Im Mittelpunkt aller Gedankenspiele steht NRW-Ministerpräsident Laschet. Dieser habe sich, so eine Lesart die derzeit die Runde macht, bereits mit seinen Konkurrenten auf eine Rollenverteilung verständigt: Laschet als CDU-Chef und Kanzlerkandidat, Merz als Superminister für Finanzen und/oder Wirtschaft, Spahn sei der Fraktionsvorsitz versprochen. In Laschets Umfeld wird das bestritten. Zwar spreche zurzeit jeder mit jedem, daraus könne aber noch nichts gefolgert werden. Auch aus Merz’ Umfeld hieß es, mögliche Posten könnten noch nicht verteilt werden. In der Bundestagsfraktion wird wiederum darauf verwiesen, dass alle drei Interessenten aus NRW stammen, ein Aufstand der anderen Landesverbände damit absehbar wäre.

CDU-Kanzlerkandidat? Armin Laschet im Porträt

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    Laschet will keinen Rechtsruck der Union

    Dennoch: Laschet ist der Dreh- und Angelpunkt. Im Düsseldorfer Landtag gibt es ein kleines Büro für den Ministerpräsidenten, in das sich der Regierungschef an endlos langen Plenartagen zurückziehen kann. Laschet mag diesen halbrunden Raum mit den wandhohen Fenstern und dem Rheinblick. Hier kann er telefonieren, nachdenken und „Buena Vista“-Zigarillos rauchen.

    Am Mittwoch war dieser Rückzugsort wertvoller denn je. Laschet, dem die Ämter in seiner Karriere immer eher zufielen, als dass er an Zäunen rüttelte, muss im Moment viel telefonieren. Vertraute um sich scharen. Szenarien durchspielen. Soll er wollen? Bislang verschanzt Laschet sich hinter Verfahrensfragen und äußert sich nicht zu seinen Ambitionen.

    Doch der bald 59-Jährige weiß, dass er wohl spätestens zum Rosenmontag, den sich auch AKK zum Ziel gesetzt hat, Klarheit schaffen muss. Normalerweise schmeißt der Aachener dann vom Kölner Karnevalszug aus Kamelle. Laschet will keinen Rechtsruck der Union, sieht sich aber auch nicht als männlicher Merkel des Weiter-so mit rheinischem Antlitz. Ihn treibe um, wie die Union am besten Volkspartei bleiben könne. Und er sei sogar uneitel genug, dafür anderen den Vortritt zu lassen, erzählen Vertraute.

    Laschets Problem ist die Gleichzeitigkeit der Ereignisse

    Laschets Problem liegt in der Gleichzeitigkeit der Ereignisse. Würde er bereits jetzt designierter CDU-Chef und Kanzlerkandidat, müsste er ab sofort täglich in Berlin Präsenz zeigen, das Adenauer-Haus organisieren und sämtliche Landesverbände bereisen. Mit dem Amt des Ministerpräsidenten in einem 18-Millionen-Land wie NRW erscheint das bis zum regulären Bundestagswahltermin im September 2021 unvereinbar. Eigentlich gebe es für Laschet nur zwei Optionen, wird in Düsseldorf vorgerechnet.

    Er könnte zum einen sofort vom Ministerpräsidenten-Amt zurücktreten und alles auf die Karte Berlin setzen. Dabei würde er freilich in Düsseldorf viel aufgeben und drohte, sich wie AKK im Schatten Merkels zu verschleißen. Oder aber Laschet versuchte, die Ära Merkel vorzeitig zu beenden. Dass die Kanzlerin, die er mag und schätzt, ein solches Manöver mitmachen würde, glaubt aber in Düsseldorf und Berlin niemand.

    Im Machtkampf um die CDU-Spitze spielt auch die SPD eine Rolle

    Es gibt Hinweise, dass Merkel am liebsten mit Laschet als Parteichef zusammenarbeiten würde. So könnte es auch eine Idee sein, Laschet den Gang nach Berlin damit zu versüßen, ihm bei einer Kabinettsumbildung freie Hand zu lassen. Auch CSU-Chef Markus Söder, der bei der Kanzlerkandidatur entscheidend mitredet, bekräftigt am Mittwoch seinen Wunsch nach neuen Gesichtern im Kabinett, einem „Zukunftsteam“.

    Ohne die Zustimmung von CSU-Chef Markus Söder gibt es keinen gemeinsamen Kanzlerkandidaten.
    Ohne die Zustimmung von CSU-Chef Markus Söder gibt es keinen gemeinsamen Kanzlerkandidaten. © dpa | Peter Kneffel

    Im Machtkampf um die CDU-Spitze spielt auch die SPD eine Rolle. Ohne Merkel wäre die schwarz-rote Koalition am Ende. Die SPD werde keinen anderen CDU-Kanzler wählen, sagt etwa Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider: „Sie ist es und bleibt es. Wenn die CDU sich entscheidet, dem Land Instabilität zu geben, wird es darüber auch Wahlen geben.“ Heißt: Die 14-Prozent-SPD ist zwar nicht scharf auf eine Neuwahl – sie würde bei einem Merkel-Aus dem künftigen CDU-Chef aber keinen Kanzlerbonus schenken, mit dem Laschet, Spahn oder Merz in die Bundestagswahl 2021 ziehen könnte.

    Kramp-Karrenbauer tritt zurück – mehr zum Thema:

    Die CDU sucht einen Chef – und Friedrich Merz will sich zur Wahl stellen. Merz ist einer von drei Favoriten für den Parteivorsitz. Nach dem Vorschlag der scheidenden CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer soll ein Kanzlerkandidat bis zum Sommer gefunden und bei einem Bundesparteitag im Dezember bestätigt werden – und dann auch den Parteivorsitz übernehmen. Kramp-Karrenbauers Rückzug ist eine logische Konsequenz. AKK hatte dem Druck nicht mehr Stand gehalten.