Berlin. Jens Spahn, Armin Laschet oder vielleicht Friedrich Merz – wer macht das Rennen um den CDU-Vorsitz? Was spricht für sie, was gegen sie?

Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihren Rückzug als CDU-Chefin angekündigt. Welcher CDU-Politiker könnte ihr nun folgen? Wer hat das Format und die besten Chancen? Die Favoriten im Überblick.

Jens Spahn – Vom Provokateur zum tatkräftigen Macher

Er ist der jüngste unter den chancenreichsten Bewerbern für die Parteispitze: Gesundheitsminister Jens Spahn wird Mitte Mai vierzig. Für seine politische Karriere käme der Schritt zum Parteivorsitz und zur Kanzlerkandidatur früh – doch es gibt nicht wenige in der CDU, die das dem Mann aus dem Münsterland zutrauen.

Schon bei der letzten Wahl zum CDU-Parteivorsitz im Dezember 2018 gelang ihm ein Achtungserfolg – 15,7 Prozent der Delegierten wollten ihn als Nachfolger von Angela Merkel.

Spahn arbeitet seit Langem daran, sein Image als konservativer Provokateur und Merkel-Gegner loszuwerden. Er zeigt sich lieber als Macher, der die Alltagsprobleme der Menschen angeht. Wer dachte, Merkel hätte ihren internen Störenfried mit dem Job des Gesundheitsministers ins Abseits gestellt, konnte bald zusehen, wie Spahn das Amt zur Profilierung nutzte.

Mit 20 Gesetzen in 20 Monaten sorgte Spahn für viel Bewegung im Gesundheitssystem. Lob gab es dafür auch vom Koalitionspartner, gerade beim Großthema Pflege ziehen Spahn und die SPD-Minister Hubertus Heil und Franziska Giffey an einem Strang.

Auch Merkel selbst ist mittlerweile ein großer Fan ihres Ministers. Geradezu überschwänglich äußerte sie sich im Sommer über Spahn: Er mache einen „Bombenjob“, sagte die Kanzlerin, er schaffe eine Menge weg, packe heiße Eisen an. „Ich arbeite sehr, sehr gut mit ihm zusammen.“ Zuvor hatte es kurz so ausgesehen, als könne Spahn das Verteidigungsministerium übernehmen – zum Zuge war dann aber AKK gekommen.

Spahn lebt mit seinem Ehemann in Berlin, hat seinen Wahlkreis aber in Nordrhein-Westfalen, wo auch Armin Laschet und Friedrich Merz zu Hause sind. Am Montag erklärte Spahn mit Blick auf die Rücktrittsankündigung von AKK seinen „großen Respekt vor dieser unerwarteten Entscheidung“. Sie traf ihn unerwartet, aber er ist nicht unvorbereitet.

Friedrich Merz im Porträt

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    Friedrich Merz – Der ehrgeizige Liebling der CDU-Basis

    Manchmal klappt es mit dem Timing nicht so ganz: Während die Meldungen um den Rückzug von AKK laufen, twittert das Team von Friedrich Merz in seinem Namen: „Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, um mit Maßnahmen der Wirtschafts- und Finanzpolitik für Impulse zu sorgen.“

    Doch es geht für den 64-Jährigen jetzt um anderes. Merz hatte vergangene Woche neue Spekulationen um seine Ambitionen geschürt. Vor dem Hintergrund der Thüringen-Wirren hatte er angekündigt, seinen lukrativen Posten in der Wirtschaft abzugeben, um sich stärker für die Partei zu engagieren. Auch das Wort Bundestagsmandat nahm er in den Mund.

    Merz ist bei der Parteibasis sehr beliebt, in Mitgliederveranstaltungen wird das deutlich. Er war Kramp-Karrenbauer 2018 im Kampf um den Vorsitz nur knapp unterlegen. Sein Problem: Der Vizepräsident des CDU-Wirtschaftsrats spielt in den Gremien der Partei keine Rolle.

    Und so bringen Merz-Unterstützer, neben dem Wirtschaftsflügel auch die Werteunion, erneut eine Mitgliederbefragung für die frei werdenden Posten ins Spiel. Der CDU-Parteitag hatte dies allerdings im November klar abgelehnt, auch Kramp-Karrenbauer betonte am Montag, es bleibe dabei, dass ein Parteitag über die Posten entscheide.

    Merz twitterte nach der Pressekonferenz von AKK, ihre Entscheidung verdiene Respekt: „Ich gebe ihr jede Untersützung dabei, den Prozess ihrer Nachfolge und der Kanzlerkandidatur als gewählte Parteivorsitzende von vorn zu führen.“

    Was das heißt? Merz wird nun sehr genau seine Chancen ausloten, er preschte in den letzten Monaten oft nach vorn, um dann wieder zurückzustecken. So kritisierte er die Regierung als „grottenschlecht“, um dann beim Parteitag eine zahme Rede zu halten. Merz’ Karriere schien 2002 am Ende: Angela Merkel verdrängte ihn vom Amt des Fraktionsvorsitzenden. Doch er zeigt Comebackqualitäten.

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    Armin Laschet – Im Zenit seines Ansehens

    Die Frage, ob Armin Laschet das Zeug zum Kanzler hat, wäre noch vor drei Jahren allenfalls in verunglückten Büttenreden aufgeworfen worden. Der heutige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen wurde lange selbst innerhalb der CDU als „Leichtgewicht“ verhöhnt. Zu weich, zu liberal, hieß es. Heute jedoch steht der 58-Jährige im Zenit seines Ansehens und gilt als natürlicher Anwärter auf Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur der Union.

    Laschet zeichnet sein politisches Stehvermögen aus. Er steckt Niederlagen besser weg als andere: etwa den Verlust des Bundestagsmandats 1998 und des Landesministeramts 2010. Damals verlor er auch den Vorsitz von Partei und Fraktion in Nordrhein-Westfalen – gegen Norbert Röttgen und Karl-Josef Laumann.

    Dabei hilft dem gelernten Juristen und Journalisten sein sonniges Gemüt, aber auch ein solides Wertefundament. Laschet ist behütet mit drei Brüdern als Sohn eines Bergmannes, der später zum Grundschullehrer umschulte, in Aachen-Burtscheid groß geworden.

    Die katholische Kirche, die Junge Union und das Aufwachsen in der Grenzregion zu Belgien und den Niederlanden haben ihn geprägt. In den 90er-Jahren war er Mitglied der „Pizza-Connection“, des Gesprächskreises von jungen Bundestagsabgeordneten der CDU und der Grünen. Europa, eine humanitäre Flüchtlingspolitik und Liberalität verkauft einer wie Laschet nicht für den kurzfristigen Wahlerfolg.

    Dem mit einer Buchhändlerin verheirateten Vater von drei Kindern ist lebenslanges Lernen vertraut. Während sich Amtsvorgängerin Hannelore Kraft (SPD) mit ihrem „nie, nie nach Berlin“ im Jahr 2013 auf Regionalmaß stutzte, spielt Laschet geschickt mit der Kanzler-Option.

    Aber wird er auch springen? Gibt er das geliebte Ministerpräsidentenamt auf, in dem er so sehr gewachsen ist? Passt Weltpolitik überhaupt zu einem rheinischen Filou wie ihm, der seine handwerklichen Schwächen charmant zu überspielen versteht?

    Annegret Kramp-Karrenbauer gibt Vorsitz ab – mehr zum Thema:

    AKK will CDU-Chefin bleiben, bis ein Kanzlerkandidat gefunden ist. Nach der Wahl des FDP-Politikers Kemmerich zum Ministerpräsidenten in Thüringen, hatte AKK versucht, ein gemeinsames Vorgehen mit den Landtagsabgeordneten abzustimmen. Mit dem Vorschlag für Neuwahlen konnte sie sich aber nicht durchsetzen. Damit hat sie die Grenzen ihrer Macht erfahren. Der Kommentar zum Thema: Kramp-Karrenbauer hat dem Druck nicht Stand gehalten.