Hagen. Mit dem Waldpakt will die Landesregierung Forstbesitzer bei der Wiederaufforstung unterstützen. Die Waldbauern wünschen sich sofortige Maßnahmen.

Waldbesitzer in NRW werfen der Landesregierung vor, dass sie durch eine falsche Förderstrategie bei der Wiederaufforstung die Zukunft der Forstbetriebe gefährdet. Das Umweltministerium plane abweichend von den Vorgaben des Bundes eine erhebliche Einschränkung der Förderung von Nadelhölzern, kritisiert der Verband Familienbetriebe Land und Forst (Fablf). „Das gefährdet unsere Existenz“, sagte der Bundesvorsitzende Max von Elverfeldt gegenüber dieser Redaktion.

Demnach soll die Möglichkeit, geschädigte Flächen im Bedarfsfall mit bis zu 70 Prozent Nadelholz aufzuforsten, in NRW nicht in die Förderrichtlinien aufgenommen werden. Vielmehr lege die Landesregierung die Grenze auf etwa 30 Prozent; sie setze auf Mischwald. Mit der Vermarktung von Laubholz könnten die Waldbauern jedoch kein Geld verdienen, sagte von Elverfeldt. „Die Industrie fordert Nadelholz. Wenn wir es nicht liefern, muss es unter großem Aufwand nach Deutschland importiert werden.“ Er forderte die Landesregierung auf, die Förderung des Nadelholzanteils auf 70 Prozent zu erhöhen.

Ministerium: Laubwald hat Priorität

Das Umweltministerium bestätigte, dass Laubwald bei der Förderung Priorität haben soll. „Die Änderungen im Klimawandel und die derzeitigen Schäden durch Sturm, Dürre und Borkenkäfer unterstreichen, dass es zentrales Ziel sein muss, die Entwicklung vielfältiger und klimastabiler Mischwälder konsequent fortzusetzen“, sagte Sprecher Christian Fronczak. Über die Förderung werde gerade diskutiert. Sicher werde Laubholz aber auch künftig einen wesentlichen Anteil an der Förderung haben.

Das Umweltministerium räumte ein, dass die Holz- und Sägeindustrie aktuell stark auf Nadelholz ausgerichtet sei. „Gewiss werden sich verändernde Baumartenanteile in den nächsten Jahrzehnten auch Auswirkungen für die Holz- und Sägeindustrie haben, auf die es sich einzustellen gilt“, sagte Fronczak. „Daher ist eine gemeinsame Neu-Ausrichtung aller Beteiligten erforderlich.“

Schulterschluss beim Waldpakt

Der Streit um die Wiederaufforstung kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt: An diesem Dienstag unterzeichnen Ministerpräsident Laschet, Umweltministerin Heinen-Esser und Heimatministerin Scharrenbach mit den Verbänden der Waldbesitzer und weiteren Partnern den Waldpakt NRW. In dem Papier betonen alle Beteiligten die Bedeutung des Waldes für den Klimaschutz, die Gesundheit, die biologische Vielfalt, die Gesundheitsvorsorge und die Wirtschaft.

Für Philipp Heereman, Vorsitzender des Waldbauernverbandes NRW, handelt es sich um ein Ereignis von historischer Dimension: Wenn am Dienstag Mittag um 13 Uhr in der Düsseldorfer Staatskanzlei der Waldpakt NRW unterzeichnet wird, dann ziehen alle, denen hierzulande der Wald am Herzen liegt, an einem Strang. Politik, Forstbesitzer und ihre Partner, sogar der Nabu ist dabei. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) – anders als bisher berichtet – noch nicht. „Das hat es noch nicht gegeben“, sagt Heereman.

„Klimaschutz für den Wald – unser Wald für den Klimaschutz“, so lautet der Untertitel der gemeinsamen Erklärung. Und Heereman ist überzeugt: „Alle Unterzeichner wissen, dass sie den Wald nur gemeinsam retten können.“

Unterstützung beim Thema Baumprämie

Konkrete Maßnahmen nennt das Papier zwar nicht, die Landesregierung verspricht jedoch unter anderem, sich beim Bund für eine Baumprämie einzusetzen. Damit sollen die Leistungen der Forstwirtschaft für Klimaschutz und Daseinsvorsorge honoriert werden. Die Waldbauern fordern einen Bonus in Höhe von 125 Euro pro Hektar pro Jahr. Bezahlt werden soll das Modell aus Mitteln der CO2-Bepreisung.

Die Gründe liegen aus Sicht der Unterzeichner auf der Hand: „Durch den Sektor Forst und Holz NRW werden jährlich ca. 18 Millionen Tonnen CO2 vermieden“, heißt es im Waldpakt. „Das entspricht etwa 6 Prozent der jährlichen CO2-Emissionen in NRW. Die fast 20.000 Unternehmen des Clusters sind mit einem Jahresumsatz von über 40 Milliarden Euro und 162.000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.“

Einigkeit besteht auch darüber, dass in Zukunft in den NRW-Wäldern mehr Wild geschossen werden muss, um die dann zu Hunderttausenden frisch gepflanzten Bäume vor dem Verbiss zu retten. In dem Papier steht: „Grundvoraussetzung für den Aufbau klimaangepasster Wälder ist ein Schalenwildbestand, der eine natürliche Verjüngung der Hauptbaumarten ohne Schutzmaßnahmen ermöglicht. Nur mit einer zielgerichteten und an den betroffenen Flächen ausgerichteten Bejagung sind die waldbaulichen Ziele zu erreichen.“

Forderung: Wisent-Auswilderung zum Schutz des Waldes beenden

Für das Wisent-Projekt im Rothaargebirge zieht Heereman im Gespräch mit dieser Zeitung Schlüsse, die nicht allen Menschen vor Ort behagen dürften: „Die Auswilderungsversuche von halbzahmen Wisenten sind als gescheitert anzusehen und zum Schutz des Buchenwaldes sofort zu beenden“, fordert er. „Hier muss der Waldpakt unverzüglich wirken.“

Das Land sagt zudem zu, die Waldbesitzer auch zukünftig bei der Schadholzbeseitigung und der Wiederaufforstung zu unterstützen. Holz soll als regionaler Baustoff besonders gefördert werden. Zudem verspricht NRW „qualifizierte Forstleute in ausreichender Zahl“. Hintergrund: In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Försterstellen abgebaut worden.

Über Geld wird aber nicht gesprochen im Waldpakt. Das ist aus Philipp Heeremans Sicht nicht schlimm. Er freut sich darüber, dass sich jetzt erst einmal alle an einen Tisch gesetzt haben, um den Wald zu retten.

„Wie schön wäre es, wenn auch andere Länder und der Bund einen solchen Pakt abschließen würden“, sagt er. Das wäre dann noch etwas historischer.