Bochum. Beim Politischen Forum Ruhr spricht Jens Spahn über die Herausforderungen der Gesundheitspolitik. Er blickt dabei über sein Fachressort hinaus.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich für eine bessere Debattenkultur und mehr Offenheit im deutschen Gesundheitswesen ausgesprochen. „Debatten werden in Deutschland heutzutage schnell hysterisch und absolut geführt. Wir müssen uns aber unseren Meinungspluralismus erhalten. Nichts ist alternativlos“, sagte Spahn am Dienstagabend beim Politischen Forum Ruhr im Bochumer Ruhr-Congress. Als Beispiel für unnötig verhärtete Positionen nannte der Minister die Diskussion um Organspenden, aber auch die Situation der Pflegekräfte und den aktuellen Streit um die Masernimpfung.
80 Prozent der Deutschen seien in Umfragen für Organspenden. „Doch wenn es ans Konkrete geht, haben wir einen Tiefststand“, so Spahn. Er selbst sei eigentlich kein Anhänger der so genannten Widerspruchslösung, sagte Minister. Angesichts des akuten Mangels an Spender-Organen müsse man aber anderen Wege zumindest ins Auge fassen. Es gehe darum, offen über Alternativen zu diskutieren, sagte Spahn. Die in vielen europäischen Ländern verbreitete Widerspruchslösung bei der Organspende, bei der jeder bis zum ausdrücklichen Widerspruch automatisch zunächst als Organspender in Frage kommt, ist in Deutschland höchst umstritten.
Spahn spricht über demografische Herausforderung
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Spahn nutzte seinen teils launigen Vortrag „Herausforderungen und Perspektiven der deutschen Gesundheitspolitik“ zu einem breit angelegten Blick auf aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen. Beispiel Klimaschutz: „Wir müssen zeigen, dass es hierbei nicht um Verzicht und Verbote geht, sondern um Innovationen“, sagte der Minister. Nur so könne die Klimapolitik gesellschaftliche Akzeptanz erlangen. Beispiel demografischer Wandel: „Jeden Tag steigt die Lebenserwartung in Deutschland statistisch um sechs Stunden. Darüber können wir uns freuen“, so der aus dem Münsterland stammende Politiker, der mit seinen 39-Jahren eines der jüngsten Mitglieder im Bundeskabinett ist.
Dennoch sei die demografische Herausforderung enorm. „In den kommenden Jahren gehen doppelt so viel Menschen in Rente, wie junge Leute ins Arbeitsleben eintreten werden.“ Darauf müsse die Politik reagieren. Beispiel politische Streitkultur: Spahn sieht die Politik in der Pflicht, offensichtlich verloren gegangenes Vertrauen der Bürger wieder zurück zu erlangen.
Gesundheitsminister: Zu hohe Klinikdichte im Ruhrgebiet
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Es sei kein guter Befund, wenn eine nennenswerte Zahl von Menschen das Gefühl habe, bestimmte Meinungen nicht mehr öffentlich äußern zu dürfen. Spahn: „Man sollte aber die Fähigkeit haben, eine Sekunde zu unterstellen, mein Gegenüber könne Recht haben.“
Spahn ging auch auf die Diskussion über die hohe Klinikdichte im Land ein. „Ja, in Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet haben wir zu viele Krankenhäuser“, betonte Spahn, den der Vorsitzende der Medizinischen Gesellschaft Essen, Thomas Budde, dennoch wegen seiner Rastlosigkeit im Amt lobte: Der Minister habe 18 Gesetze in 18 Monaten auf den Weg gebracht. Das sei rekordverdächtig.