Berlin. Tägliches Lesen und Vorlesen verbessert die Schulnoten. Eine Untersuchung zeigt auch, um wie viele Noten sich Schüler dabei verbessern.

Pippi Langstrumpf, Räuber Hotzenplotz oder die kleine Hexe sind die Helden der Generation 40+, für die heutigen Kinder sind es vielleicht der Grüffelo, Drache Kokosnuss und Ella. Die Figuren in Kindergeschichten bleiben einem oft ein Leben lang im Gedächtnis. Und dass es für die Entwicklung von Kindern zuträglich ist, wenn sie zunächst regelmäßig vorgelesen bekommen und später selbst lesen, ist allgemein bekannt.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat nun untersucht, ob und wie sich die positiven Langzeiteffekte belegen und quantifizieren lassen. Das Ergebnis der Studie, die dieser Redaktion exklusiv vorliegt: Es zeigt sich, dass Kinder, die mit zehn Jahren täglich in ihrer Freizeit gelesen haben, mit vierzehn Jahren mit einer um zehn Prozentpunkte höheren Wahrscheinlichkeit ein Gymnasium besuchen.

Lesen oder Vorlesen verbessert später die Schulnote

Die Deutschnote von Kindern mit zehn Jahren, die im Alter von sechs Jahren regelmäßig vorgelesen bekommen haben, fällt um 0,18 besser aus.

Lesen die Kinder im Alter von zehn Jahren täglich in ihrer Freizeit, ist die Deutschnote im Alter von vierzehn Jahren mit 0,21 um fast eine Viertelnote besser. Bei der Note in der ersten Fremdsprache ist der Effekt mit 0,25 sogar noch etwas größer. Auch die Mathematiknoten sind bei den Kindern, die täglich vorgelesen bekommen und gelesen haben, tendenziell etwas besser.

Der familiäre Hintergrund der Kinder wurde bei der Untersuchung berücksichtigt

Die Kinderbuchfigur der Grüffelo ist vielen Kindern ein Begriff. Wer viel liest hat nachweislich auch bessere Noten.
Die Kinderbuchfigur der Grüffelo ist vielen Kindern ein Begriff. Wer viel liest hat nachweislich auch bessere Noten. © dpa | Bernd Thissen

IW-Forscher Wido Geis-Thöne erstellte die Analysen auf Basis des des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und untersuchte, wie sich das tägliche Vorlesen mit sechs Jahren und Lesen in der Freizeit mit zehn Jahren auf die Schulnoten vier Jahre später und den Übergang auf die weiterführenden Schulen auswirken.

Um den tatsächlichen Zusammenhang zu ermitteln, wurde dabei der familiäre Hintergrund der Kinder kontrolliert, da dieser sowohl das Leseverhalten als auch den Schulerfolg beeinflussen kann. Denn der familiäre Hintergrund spielt eine besonders große Rolle für das Vorlese- und das Leseverhalten der kleineren Kinder.

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    Was sagen die Ergebnisse aus, was kann man daraus für Schlüsse ziehen? Laut IW-Forschern ist nicht nur gefühlt davon auszugehen, dass mit einer gezielten Leseförderung ein positiver Effekt auf die schulische Entwicklung der Kinder erzeugt werden kann.

    Wichtig ist dabei, dass die Kinder kontinuierlich lesen, sobald sie das selbst können. Allerdings nimmt die Häufigkeit des Lesens in der Freizeit mit zunehmenden Alter ab. Während 56 Prozent der Zehnjährigen täglich lesen, trifft dies nur noch auf 28 Prozent der Vierzehnjährigen zu. Andererseits steigert sich die Aufmerksamkeitsspanne auch mit zunehmendem Alter.

    Deutschunterricht und Lesepaten sollten gestärkt werden

    Gelingt es, die Kinder im Grundschulalter zum regelmäßigen Lesen zu motivieren, werden sie dies also mit größerer Wahrscheinlichkeit auch noch in ihrer Jugend tun. Beim Übergang vom Vorlesen zum selbst Lesen findet sich ein deutlich geringeres Maß an Kontinuität. Das Vorlesen im Kindergartenalter hat also weniger Einfluss auf die spätere Lesebiografie. Dennoch fordern die Forscher, das Vorlesen im Kindergartenalter noch stärker zu fördern.

    Dabei reicht es ihrer Ansicht nach nicht aus, die Eltern, die wenig oder gar nicht vorlesen, für das Thema zu sensibilisieren, da es vielen von ihnen gar nicht möglich ist, ihren Kindern täglich vorzulesen. Vielmehr sollte das Vorlesen in Kitas einen größeren Stellenwert bekommen, sagt Geis-Thöne. Er betont, dass man das Engagement von so genannten Lesepaten verstärken sollte. Außerdem sollte verstärkt Wert auf den Deutschunterricht gelegt werden.