Hagen/Brilon. Bäume speichern Kohlenstoff, helfen also im Kampf gegen den Klimawandel. Nun fordern die Waldbauern eine CO2-Prämie. Es geht um Milliarden.
Das Ausmaß der Katastrophe ist bekannt, jetzt geht es um die Gegenmaßnahmen – und vor allem um ihre Kosten. Fest steht: Um den durch Dürre und Schädlinge malträtierten deutschen Wald wieder aufzubauen, müssen Bund und Länder in den kommenden Jahren hunderte Millionen Bäumchen pflanzen und mehrere Milliarden Euro investieren. Nächste Woche Freitag tagt dazu das Klimakabinett, für den 25. September hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zum Waldgipfel nach Berlin geladen.
Strittige Punkte gibt es genug. Die Waldbesitzer fordern nicht nur finanzielle Unterstützung bei der Entfernung des Schadholzes und der Wiederaufforstung, sondern verlangen auch eine Prämie für die CO2-Leistung ihrer Wälder.
200.000 Hektar Wald-Verlust zum Jahresende
Die Waldbauern malen ein düsteres Bild: „Die Klimaeinflüsse der vergangenen zwei Jahre haben bereits mindestens 110.000 Hektar Wald zerstört. Das gegenwärtige Schadholzvolumen umfasst rund 70 Millionen Festmeter Holz. Derzeit weisen alle Prognosen darauf hin, dass diese Entwicklung ungebrochen weitergeht und der Verlust bei Jahresende bis zu 200.000 Hektar betragen könnte“, schreiben sie in einer Stellungnahme. Die Rettung des Waldes sei eine „nationale Herausforderung“.
Auch die Leistungen des Waldes im Kampf gegen den Klimawandel möchten sich die Forstbesitzer gern bezahlen lassen. Und der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik hat schon mal gerechnet: Bei einem durchschnittlichen Zuwachs von zehn Kubikmeter Holz je Hektar und Jahr ergebe sich eine Speicherleistung von fünf Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Aktuell koste ein CO2-Zertifikat im Emissionshandel 25 Euro pro Tonne, so dass daraus eine „Honorierung dieser Ökosystemdienstleistung von 125 Euro pro Jahr und Hektar“ folge.
Unter dem Strich: 1,4 Milliarden Euro pro Jahr
Klingt auf den ersten Blick nach einer überschaubaren Summe. Aber nur auf den ersten: Denn in Deutschland gibt es 11,4 Millionen Hektar Wald, davon gehört etwa die Hälfte privaten Besitzern. Macht unter dem Strich: Gut 1,4 Milliarden Euro CO2-Ausgleich. Jedes Jahr.
Schon vor dem Waldgipfel steht für die Waldbauern fest: „Angesichts der geschilderten Gesamtsituation werden die von der Bundesforstministerin Klöckner in Aussicht gestellten 800 Millionen Euro bei weitem nicht ausreichen.“
Der Wald stirbt übrigens nicht nur in Deutschland. Andere europäische Länder sind ebenfalls betroffen, zum Teil sogar stärker. Auch in Tschechien, der Slowakei und in Frankreich seien die Bäume in höchster Gefahr, teilte der südwestfälische Europaabgeordnete Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der Christdemokraten im EU-Parlament, mit. „Experten gehen davon aus, dass bei einzelnen Baumarten wie zum Beispiel der Fichte rund 50 Prozent des Waldes zerstört werden“, sagte Liese. Das Ausmaß sei so groß, dass europäische Finanzinstrumente wie der Solidaritätsfonds eingesetzt werden müssten. Aus diesem Topf hatte die Europäische Union Deutschland bereits nach dem Orkan Kyrill (2007) mit 167 Millionen Euro unterstützt. Geht es nach den Christdemokraten, soll sich das Europaparlament in der kommenden Woche mit dem Thema beschäftigen.