AfD-Mann Kalbitz räumt Teilnahme an Neonazi-Aufmarsch ein
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Berlin. Andreas Kalbitz ist der Spitzenkandidat der AfD in Brandenburg. 2007 war er mit NPD-Funktionären bei einem Neonazi-Aufmarsch in Athen.
Es gibt in der AfD viele Mitglieder, die erst spät zur Politik kamen. Die vor der AfD noch nie in einer Partei waren oder sonst irgendwie politisch engagiert. Andreas Kalbitz ist keiner von denen.
Brandenburgs AfD-Vorsitzender und Spitzenkandidat für die Landtagswahl am Sonntag hat eingeräumt, im Jahr 2007 zu einem rechtsextremen Aufmarsch in Athen gereist zu sein. Zuvor hatte der „Spiegel“ berichtet, dass sich Kalbitz damals zusammen mit 13 deutschen Rechtsextremisten in einem Hotel einquartiert hatte – darunter auch der damalige NPD-Chef Udo Voigt.
„Es ist zutreffend, dass ich vor 12 Jahren in Athen war“, sagte Kalbitz am Freitag auf Anfrage. „Es gab verschiedene deutsche und andere internationale Besucher dieser Veranstaltung mit mehreren Tausend Besuchern, wie auch in meinem Fall außerhalb der von Ihnen benannten „NPD-Reisegruppe““. Zu dem „Brandanschlag und Vorgängen darum herum“ könne er aber nichts sagen, da er nicht zugegen gewesen sei.
Der „Spiegel“ berichtet von einem Dokument aus der deutschen Botschaft in Athen, das eine Verbindungsbeamtin des BKA in Athen verfasst haben soll.
In dem Dokument ist die Rede von „14 deutschen Neonazis“, die für einen Marsch der griechischen „Patriotischen Allianz“ am 27. Januar 2007 angereist waren, einem rechtsextremen Bündnis um die neonazistische Partei „Goldene Morgenröte“. Neben Voigt werden darin auch andere Führungsleute der NPD und des Parteinachwuchses aufgelistet.
Andreas Kalbitz distanziert sich im Rückblick von der Reise
Die Gruppe habe auf dem Balkon ihres Hotels „Solomou“ eine Hakenkreuzflagge aufgehängt, wie es weiter in dem Bericht aus der Botschaft heißt. In der Nacht warfen Unbekannte, die dem Dokument zufolge „der anarchistischen Szene zuzuordnen sind“, Molotow-Cocktails „in den Hoteleingang und auf den Balkon“.
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Im Rückblick distanziert sich Kalbitz von der Reise. „In der nachträglichen Bewertung dieser Veranstaltung war diese nicht dazu angetan, mein weiteres Interesse oder Zustimmung zu wecken, weder in der politischen Zielsetzung noch in der Zusammensetzung der Teilnehmer.“
Kalbitz schreibt dem „Spiegel“ außerdem, er sei „zu keinem Zeitpunkt Mitglied der NPD“ gewesen, habe sich dort nicht „engagiert“ und „keinerlei persönlichen Kontakt“.
Teilnahme am Sommerlager des rechtsextremen Vereins „Die Heimattreue Jugend“
Nach Recherchen der ARD und des RBB hatte Kalbitz zudem bereits 1993 an einem Sommerlager des rechtsextremen Vereins „Die Heimattreue Jugend“ teilgenommen haben. Auf Nachfrage sagte Kalbitz der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag, er könne sich daran nach so vielen Jahren nicht erinnern. „Das ist Wahlkampfgetöse, fast 30 Jahre her und auch deshalb persönlich nicht rekapitulierbar“, sagte der AfD-Spitzenkandidat.
„Ich habe Bezüge aus der Vergangenheit offen eingeräumt und nehme für mich in Anspruch, auch eine persönliche Entwicklung durchlaufen zu haben.“ Kalbitz hatte bereits zugegeben, dass er 2007 an einem Pfingstlager des Vereins „Heimattreue Deutsche Jugend“ teilgenommen hatte, der zwei Jahre später vom Bundesinnenministerium verboten wurde.
„Die AfD ist eine demokratische Partei und distanziert sich damit klar – wie ich auch – von Rechtsextremismus“, so Kalbitz. „Alles andere ist der fast schon hysterische Versuch der politischen Konkurrenz, Sachthemendefizite durch ein künstliches Feindbild zu kaschieren.“
Kalbitz, der als junger Mann auch bei der Jungen Union und in der CSU war, gilt als politischer Ziehsohn von Parteichef Alexander Gauland, dem er 2017 als Landeschef in Brandenburg nachfolgte. Der 46-jährige gebürtige Münchner ist außerdem neben Björn Höcke eine Führungsfigur des völkisch-nationalistischen „Flügels“ innerhalb der AfD. Er gilt als Stratege und guter Netzwerker.
In seiner Landtagsfraktion beschäftigt der ehemalige Fallschirmjäger laut Deutscher Presse-Agentur zwei Mitarbeiter, die der rechtsextremen Szene nahestehen sollen. Der Arbeitsvertrag mit einem Mitarbeiter, der laut dem Verfassungsschutzbericht 2018 als rechtsextremer Liedermacher aktiv gewesen sein soll, sei zum 1. Oktober gekündigt worden, sagte Kalbitz auf Nachfrage. Gründe wollte er dafür nicht nennen. Im April hatte das Landtagspräsidium die Berufung eines weiteren AfD-Fraktionsmitarbeiters abgelehnt.
Die Mehrheit des Präsidiums hatte eine zu große Nähe des Kandidaten zur „Identitären Bewegung“ gesehen, die im Verfassungsschutzbericht 2017 als „Verdachtsfall“ im Bereich des Rechtsextremismus erwähnt wurde. Zu diesem Mitarbeiter wollte sich Kalbitz am Freitag nicht äußern, weil diese Personalie noch nicht abgeschlossen sei.
Sebastian Walter, Spitzenkandidat der Linken in Brandenburg, nannte Kalbitz in einem Video auf Twitter einen „bayerischen Neonazi“, der für sich beanspruche, die Wende vollenden zu wollen – ein Slogan, mit dem die AfD in Brandenburg wirbt. Die Grünen-Spitzenkandidatin in Brandenburg, Ursula Nonnemacher, sagte: „Herr Kalbitz ist nicht der geläuterte Demokrat, den er derzeit darzustellen versucht – das ist nur eine Maske“.
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