Hagen. Setzlinge sind ein Leckerbissen für Rehe und Kitze, die so die Aufforstung gefährden. Nun fordern Waldbauern eine Verdopplung der Abschussquote.

Der Wald steckt in der Krise. Die Aufforstung wird nur erfolgreich, wenn mehr Wild geschossen wird, sagen die Waldbauern NRW.

„Überall wo junge Bäume stehen, müssen die Schalenwild-Bestände halbiert werden, und zwar für die kommenden fünf Jahre“, sagte Phillip Freiherr Heereman, Vorsitzender des Waldbauernverbandes NRW, dieser Zeitung. Auch der Deutsche Forstwirtschaftsrat spricht sich für eine deutliche Erhöhung der Abschusszahlen aus.

Mehrere Millionen neue Bäume müssen gepflanzt werden

Experten sind sich einig, dass allein in NRW in den kommenden Jahren mehrere Millionen neue Bäume gepflanzt werden müssen, um den Wald zu retten. Die Setzlinge sind allerdings ein Leckerbissen für Rehe. Ein einziges Exemplar kann theoretisch pro Tag mehr als 1000 Knospen fressen. Damit gefährden die Tiere die Wiederanpflanzung kompletter Waldflächen.

„Grundvoraussetzung ist eine zielgerichtete Jagd. Das wird über Erfolg und Misserfolg des Aufforstungsprogrammes in ganz Deutschland entscheiden“, sagt Sebastian Schreiber, Sprecher der Deutschen Forstwirtschaftsrats. „Sonst bezahlen wir nur die Fütterung der Tiere.“ Auch der forstpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Dirk Wiese aus Brilon, befürwortet das Prinzip „Wald vor Wild“.

Waldbauern bitten Bevölkerung: Lasst den Wald in Ruhe!

Im zuletzt erfassten Jagdjahr (April 2017 bis März 2018) wurden in Deutschland etwa 1,2 Millionen Rehe geschossen, davon 100.000 in NRW. Zudem erlegten die Jäger bundesweit 77.000 Hirsche. Der Landesjagdverband NRW kündigte an, die Aufforstung mit höheren Abschusszahlen zu unterstützen.

Die Waldbauern appellieren zudem an die Bevölkerung, den Wald „in Ruhe zu lassen“. Mountainbiker und Pilzsammler würden Rehe häufig vor allem in die Waldbereiche treiben, in denen neue Bäume angepflanzt werden, sagte Heereman.

Möglicher Einsatz von Bundeswehr besprochen

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Der Wildverbiss ist jedoch nicht das einzige Problem: Für die Organisation der Aufforstung und das Anpflanzen von Millionen Setzlingen fehlt das Personal. „In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Förster deutlich reduziert worden. Nun sind die Reviere zu groß geworden“, sagt Hans von der Goltz, Bundesvorsitzender Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft und ehemaliger Direktor des Forstamtes Oberes Sauerland. Zudem steht noch nicht fest, wo die jungen Pflanzen herkommen sollen. Allein Bayern und Hessen haben angekündigt, in den kommenden Jahren mehrere Millionen Bäume zu pflanzen.

Die von der Landesregierung ins Leben gerufene Task-Force Borkenkäfer hat Dienstag auch einen möglichen Einsatz der Bundeswehr im Wald besprochen. In Sachsen helfen Soldaten bereits bei der Entfernung von Schadholz. „Wir stehen mit dem Landeskommando im Kontakt“, teilte das NRW-Umweltministerium mit. Einen konkreten Einsatztermin gebe es noch nicht.