Berlin. In Thüringen kommen AfD und Linke in einer Umfragen zusammen auf fast 50 Prozent. Auch anderswo wird die Regierungsbildung schwierig.
Es ist nur eine Zahl, aber sie verrät mehr über die Wahlen in Ostdeutschland als viele Analysen: In Thüringen würden nach einer aktuellen Umfrage 49 Prozent, also fast die Hälfte der Wähler, für eine der beiden Parteien am politischen Rand stimmen.
Die AfD mit Spitzenkandidat Björn Höcke käme demnach auf 24 Prozent und würde zweitstärkste Partei, die Linke von Regierungschef Bodo Ramelow käme auf 25 Prozent.
Eine Regierungsbildung scheint damit nach der Wahl am 27. Oktober unmöglich – zumindest, solange die CDU dabei bleibt, keine Koalitionen mit der Linken und AfD einzugehen. Und nun?
„Nicht mit der rechten Hetzpartei AfD über Bündnisse verhandeln“
In den Parteizentralen schauen viele besorgt auf die neuen Zahlen aus Thüringen. Umso mehr, weil auch in Brandenburg und Sachsen, wo in vier Wochen gewählt wird, die Lage kompliziert ist. „Ich kann nur hoffen, dass das Wort der CDU gilt und sie nach den Wahlen, anders als heute schon in einigen Kommunen, nicht mit der rechten Hetzpartei AfD über Bündnisse verhandeln wird“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Trotz der neuen Umfrage ist sie zuversichtlich: „In Thüringen wollen wir die Fortsetzung der rot-rot-grünen Regierung. Die Chancen stehen gut.“
FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg warnte davor, die politischen Ränder zu stärken: „Wer aus Protest Links- oder Rechtsaußen wählt, wird ab Montag nach dem Wahlsonntag erleben, dass Politik dadurch nicht besser, sondern schlechter wird.“ Die FDP bleibe dabei, nicht mit AfD oder Linken zu koalieren. Doch derzeit ist nicht einmal sicher, ob die Liberalen überhaupt in einen der drei Landtage einziehen.
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In Sachsen-Anhalt regiert seit drei Jahren eine Koalition aus CDU, SPD und Grünen. Ein sogenanntes Kenia-Bündnis, geschmiedet, um eine Mehrheit jenseits von Linken und AfD zu bilden. Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU) hat eine Erklärung dafür, dass so viele Ostdeutsche die Parteien am politischen Rand wählen: „Viele Menschen fühlen sich durch die etablierte Politik nicht mehr hinreichend vertreten“, sagte der CDU-Politiker unserer Redaktion. „Zudem fühlen sich viele Ostdeutsche als Bürger zweiter Klasse.“ Ein Gefühl, das Wahlen entscheiden kann – in Thüringen, Sachsen und Brandenburg.
Brandenburg – hier wird am 1. September gewählt
Andreas Kalbitz – so könnte der Wahlsieger am 1. September in Brandenburg heißen. Der AfD-Spitzenkandidat gehört neben Björn Höcke zu den Führungsfiguren des völkischen „Flügel“ der AfD. Seine Partei führt in den Umfragen zur Landtagswahl oder liegt gleichauf mit der regierenden SPD. Der Rechtsaußen signalisiert Gesprächsbereitschaft: „Die CDU hat ja schon erklärt, mit allen zu reden. Wir sind auf jeden Fall dialogbereit.“
Sätze, die die Christdemokraten unter Druck setzen: CDU-Spitzenkandidat Ingo Senftleben muss deswegen immer wieder seine Haltung erklären: „Reden ja, aber Regierungshandeln mit der AfD definitiv nein“, sagt Senftleben. Vier Wochen vor der Wahl ist offen, wie die Regierungsbildung in Potsdam ablaufen könnte.
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Nach aktuellem Stand dürfte das rot-rote Regierungsbündnis von SPD- Ministerpräsident Dietmar Woidke keine Mehrheit mehr finden. Durch die neue Stärke der Grünen wäre eine rot-rot-grüne Koalition rechnerisch zwar möglich. Doch die Grünen flirten auch mit der CDU. Das Problem: Für Schwarz-Grün reicht es aktuell nicht, und ob die FDP stark genug wird, um als Partner für ein Jamaika-Bündnis infrage zu kommen, ist offen.
Sachsen – hier wird am 1. September gewählt
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dass Spitzenkandidat Jörg Urban Ministerpräsident werden könnte – wenn er denn einen Koalitionspartner finden würde. Die CDU lehnt ein Regierungsbündnis bislang ab, eine Umfrage unter ihren 60 Landtagsabgeordneten hat aber jüngst gezeigt, dass die Reihen nicht geschlossen sind.
Zwar schließen 44 CDU-Abgeordnete eine Koalition mit der AfD aus, aber 14 wollten nicht antworten. Bislang regiert Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und beteuert: „Ich habe immer wieder deutlich gemacht: Eine Zusammenarbeit mit AfD oder der Linken wird es mit mir nicht geben. An dieser Haltung hat sich auch nichts geändert“, beteuert er. Eine Fortsetzung der aktuellen Koalition mit der SPD ist unwahrscheinlich. Auch für Rot-Rot-Grün reicht es bisher nicht.
Was dann? Die Linke, derzeit drittstärkste Kraft in Sachsen, gibt sich pragmatisch: „Wir haben für die Wahl zentrale Projekte definiert, die für Fortschritt und Zusammenhalt stehen, für Solidarität statt Marktradikalismus“, sagt Landeschefin Antje Feiks. „Wir arbeiten mit denen zusammen, mit denen wir diese sozialen Projekte umsetzen können“, ergänzt sie. Das könnte eine Einladung an die CDU sein, wenn die Konservativen eine Koalition mit der Linken nicht ablehnen würden und die Gräben zwischen beiden Parteien in Sachsen nicht so groß wären.
Thüringen – hier wird am 27. Oktober gewählt
Im anderen ostdeutschen Freistaat liegt die Linke von Regierungschef Bodo Ramelow bislang in den Umfragen vorn. „25 Prozent sind eine super Ausgangslage“, so die Chefin der Thüringer Linken, Susanne Hennig-Wellsow.
Sie setzt darauf, dass ihre Partei stärkste Kraft bleibt und dass das rot-rot-grüne Bündnis am Ende doch noch eine Neuauflage erlebt – trotz der schwächelnden SPD. Mit der CDU jedenfalls gebe es „keine inhaltlichen Gemeinsamkeiten“, versichert die Linken-Chefin.
Auch SPD-Spitzenkandidat Wolfgang Tiefensee will weiter für Rot-Rot-Grün kämpfen und warnt die CDU, sich „kein Hintertürchen“ offenzulassen, möglicherweise doch noch mit der AfD zu koalieren. CDU-Generalsekretär Raymond Walk beeilt sich, zu versichern: „Wir grenzen uns klar nach Rechts- und Linksaußen ab. Dabei bleibt es.“
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