Berlin. AKK wird neue Verteidigungsministerin. Die CDU-Chefin wird besonders von der FDP hart angegangen. Zerstört sie ihre Glaubwürdigkeit?

Am 24. Juli um elf Uhr soll sie offiziell ihren neuen Posten antreten. Dann – etwas mehr als eine Woche nach Bekanntwerden der Personalie – wird Annegret Kramp-Karrenbauer bei einer Sondersitzung des Bundestages vereidigt offiziell die neue Verteidigungsministerin. Das bestätigte ein Sprecher in Berlin.

Bundesinnenminister Horst Seehofer äußerte sich zu seiner neuen Kollegin – es sei keine Verlegenheitslösung: „Ich glaube, das ist die beste Besetzung, die man sich jetzt vorstellen kann“, sagte er. Die Berufung von Kramp-Karrenbauer zur Verteidigungsministerin werde „die ganze Arbeit des Kabinetts noch einmal zusätzlich beflügeln“.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter vermutet hinter der Entscheidung von Annegret Kramp-Karrenbauer, nun doch Bundesministerin zu werden, taktische Motive. „Mein Eindruck ist, dass Frau Kramp-Karrenbauer ihre Meinung geändert hat, doch ein Ministeramt anzunehmen, weil sie es als eine ihrer letzten Chancen sieht, doch noch Stärke zu beweisen, nachdem sie bisher als Vorsitzende eher glücklos agiert hat“,

Die Entscheidung, dass CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer den Job bekommen soll, sorgt auch anders für Irritationen. Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sieht die Glaubwürdigkeit von AKK beschädigt. „Nachdem sie wochenlang einen Regierungseintritt ausgeschlossen hat, wird sie nun ausgerechnet Verteidigungsministerin.“

Annegret Kramp-Karrenbauer wird neue Verteidigungsministerin – das Wichtigste

  • AKK soll neue Verteidigungsministerin werden
  • Die Vereidigung soll am Mittwoch stattfinden
  • Ursula von der Leyen war als EU-Kommissionspräsidentin gewählt worden
  • Jens Spahn war im Gespräch, galt als sicherer Kandidat
  • Die Entscheidung überraschte viele Experten

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus begrüßt die Entscheidung. Das Amt sei eine Kernposition im Kabinett und auch für die CDU. „Da muss eine CDU-Parteivorsitzende auch zugreifen“, sagt er im ZDF-Morgenmagazin. „Wenn man sich schwierige Aufgaben nicht zutraut, dann ist man falsch in der Politik. Sie traut sich das zu.“

Auch von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bekommt Kramp-Karrenbauer Rückendeckung. „Besondere Umstände erfordern auch besondere Entscheidungen“, sagte sie am Mittwoch in „SWRAktuell“. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Kramp-Karrenbauer hätten sich Gedanken gemacht, ob nach dem Abtreten von Ursula von der Leyen (CDU) eine große Rochade Sinn mache: „Das macht es wahrscheinlich eben nicht.“

Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn: Der eine sollte den Posten als Verteidigungsminister bekommen. Die andere bekam ihn.
Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn: Der eine sollte den Posten als Verteidigungsminister bekommen. Die andere bekam ihn. © dpa | Christian Charisius

AKK-Berufung – Entscheidung für viele überraschend

Kramp-Karrenbauer wird Nachfolgerin von von der Leyen, die das Europaparlament zuvor zur neuen EU-Kommissionspräsidentin gewählt hatte. Der Wechsel kommt überraschend, weil es immer geheißen hatte, Kramp-Karrenbauer (56) wolle nicht ins Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel gehen, sondern sich auf die Aufgabe als CDU-Chefin konzentrieren.

In Präsidiumskreisen wurde von einem starken Signal von Kramp-Karrenbauer gesprochen. Auch in dieser Runde sei die Entscheidung für viele völlig überraschend gekommen, hieß es.

Am Dienstabend überschlugen sich die Spekulationen über die Nachfolge im Verteidigungsministerium. Wie die „Rheinische Post“ und auch unsere Redaktion berichtete, galt Jens Spahn als Favorit.

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FDP kritisiert CDU-Personaltausch im Verteidigungsministerium scharf

Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sieht die Glaubwürdigkeit von Kramp-Karrenbauer als vom Start weg beschädigt. „Kanzlerin und Union zeigen erneut, dass sie die Belange der Bundeswehr nicht im Geringsten interessieren. Sonst würden Sie die gebeutelte Bundeswehr nicht für Personalspielchen missbrauchen.“

FDP-Vizefraktionschef Alexander Graf Lambsdorff nannte die Entscheidung für die CDU-Vorsitzende „eine Zumutung für die Truppe und für unsere Nato-Partner“. Nichts könne Merkels Geringschätzung der Bundeswehr klarer ausdrücken als diese Personalie.

Der Grünen-Sicherheitspolitiker Tobias Lindner sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Mittwoch), die neue Führung im Verteidigungsressort müsse „unbedingt das angeknackste Verhältnis zur Truppe reparieren“. Wichtig sei es, dass „Pläne nicht nur verkündet, sondern auch umgesetzt werden“.

Das sind die CDU-Vorsitzenden seit 1946

Konrad Adenauer gehörte zu den Begründern der CDU. Der aus Köln stammende Jurist war von 1950 bis 1966 CDU-Bundesvorsitzender. Seit 1946 war er bereits Vorsitzender der CDU in der britischen Besatzungszone. Von 1949 bis 1963 war Adenauer der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Von Konrad Adenauer bis Angela Merkel: Seit 1946 standen sechs Männer und eine Frau an der Spitze der CDU. Hier stellen wir sie vor.
Konrad Adenauer gehörte zu den Begründern der CDU. Der aus Köln stammende Jurist war von 1950 bis 1966 CDU-Bundesvorsitzender. Seit 1946 war er bereits Vorsitzender der CDU in der britischen Besatzungszone. Von 1949 bis 1963 war Adenauer der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Von Konrad Adenauer bis Angela Merkel: Seit 1946 standen sechs Männer und eine Frau an der Spitze der CDU. Hier stellen wir sie vor. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Ludwig Erhard, Vater des „deutschen Wirtschaftswunders“ und zweiter Bundeskanzler (1963 bis 1966), hatte den CDU-Vorsitz von 1966 bis 1967 inne.
Ludwig Erhard, Vater des „deutschen Wirtschaftswunders“ und zweiter Bundeskanzler (1963 bis 1966), hatte den CDU-Vorsitz von 1966 bis 1967 inne. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Kurt Georg Kiesinger, dritter Bundeskanzler (1966 bis 1969), war von 1967 bis 1971 CDU-Chef. Schon 1933, im Jahr von Hitlers Machtübernahme, war Kiesinger in die NSDAP eingetreten. Das wurde ihm in den 1960er-Jahren vor allem von der „Außerparlamentarischen Opposition“ immer wieder vorgehalten.
Kurt Georg Kiesinger, dritter Bundeskanzler (1966 bis 1969), war von 1967 bis 1971 CDU-Chef. Schon 1933, im Jahr von Hitlers Machtübernahme, war Kiesinger in die NSDAP eingetreten. Das wurde ihm in den 1960er-Jahren vor allem von der „Außerparlamentarischen Opposition“ immer wieder vorgehalten. © imago/United Archives International | Personalities
Rainer Candidus Barzel war von 1971 bis 1973 CDU-Parteivorsitzender.
Rainer Candidus Barzel war von 1971 bis 1973 CDU-Parteivorsitzender. © imago | SVEN SIMON
Helmut Kohl war von 1973 bis 1998 CDU-Parteivorsitzender.
Helmut Kohl war von 1973 bis 1998 CDU-Parteivorsitzender. © imago/WEREK | imago stock&people
Kohl führte von 1982 bis 1998 als sechster Bundeskanzler der BRD eine CDU/CSU/FDP-Koalition und ist damit der Kanzler mit der längsten Amtszeit.
Kohl führte von 1982 bis 1998 als sechster Bundeskanzler der BRD eine CDU/CSU/FDP-Koalition und ist damit der Kanzler mit der längsten Amtszeit. © imago/imagebroker | imago stock&people
Wolfgang Schäuble, aktueller Bundestagspräsident, war von 1998 bis 2000 CDU-Parteivorsitzender.
Wolfgang Schäuble, aktueller Bundestagspräsident, war von 1998 bis 2000 CDU-Parteivorsitzender. © imago/ZUMA Press | Emmanuele Contini
Angela Merkel ist seit dem Jahr 2000 CDU-Vorsitzende. Seit 22. November 2005 ist die studierte Physikerin Bundeskanzlerin.
Angela Merkel ist seit dem Jahr 2000 CDU-Vorsitzende. Seit 22. November 2005 ist die studierte Physikerin Bundeskanzlerin. © Getty Images | Carsten Koall
Annegret Kramp-Karrenbauer war vom 7. Dezember 2018 bis Januar 2021 die Bundesvorsitzende der Partei.
Annegret Kramp-Karrenbauer war vom 7. Dezember 2018 bis Januar 2021 die Bundesvorsitzende der Partei. © dpa | Sebastian Gollnow
Der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet setzte sich Anfang 2021 gegen seine Konkurrenten Norbert Röttgen und Friedrich Merz durch. Er wurde CDU-Vorsitzender und trat als Spitzenkandidat im Bundestagwahlkampf 2021 an. Die Union verlor die Wahl. Laschet zog als einfacher Abgeordneter in den Bundestag ein und machte den Weg frei für eine neue CDU-Spitze.
Der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet setzte sich Anfang 2021 gegen seine Konkurrenten Norbert Röttgen und Friedrich Merz durch. Er wurde CDU-Vorsitzender und trat als Spitzenkandidat im Bundestagwahlkampf 2021 an. Die Union verlor die Wahl. Laschet zog als einfacher Abgeordneter in den Bundestag ein und machte den Weg frei für eine neue CDU-Spitze. © dpa | Bernd Weißbrod
Friedrich Merz folgt auf Armin Laschet. Der Sauerländer (*11. November 1955 in Brilon) ist seit dem 31. Januar 2022 Bundesvorsitzender der CDU. Seit 2021 sitzt Merz auch für die Partei im Bundestag.
Friedrich Merz folgt auf Armin Laschet. Der Sauerländer (*11. November 1955 in Brilon) ist seit dem 31. Januar 2022 Bundesvorsitzender der CDU. Seit 2021 sitzt Merz auch für die Partei im Bundestag. © dpa
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AKK wird schon am Mittwoch vereidigt

Der Wechsel an der Spitze des Verteidigungsministeriums wird bereits an diesem Mittwoch vollzogen. Zunächst erhält die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen um 11 Uhr im Schloss Bellevue ihre Entlassungsurkunde, dann ihre Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer die Ernennungsurkunde.

Das teilte das Bundespräsidialamt am Dienstagabend in Berlin mit. In Vertretung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier werden die Urkunden vom Ersten Vizepräsidenten des Bundesrates, Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD), überreicht.

Der Präsident des Bundesrates übernimmt bei Abwesenheit des Bundespräsidenten dessen Amtsgeschäfte. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, der derzeit Bundesratspräsident ist, ist aber im Ausland. (les/dpa)