Berlin. Horst Seehofer will den Rechtsstaat stärken. Im Interview spricht er über Walter Lübcke, den Zusammenhalt der Koalition und die Maut.

Als Horst Seehofer (CSU) sein Amt antrat, riet ihm sein Büro am ersten Tag, sich eine schwarze Krawatte bereitzulegen: für Trauerfälle. Plötzliche Gefahrenlagen gehören zur Jobbeschreibung eines Innenministers.

Der Mord an den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke motiviert Seehofer, alle Register zu ziehen, um die Sicherheit zu erhöhen. Die Debatte über die Konsequenzen aus dem politischen Mord steht erst bevor, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion klarmacht.

Herr Seehofer, im Mordfall Lübcke stellt sich die Frage: Hat der Verfassungsschutz als Frühwarnsystem versagt?

Horst Seehofer: Wir haben den Verfassungsschutz, damit er gefährliche Strömungen möglichst früh erkennt. Wenn Sie bedenken, dass es Tausende Rechtsextremisten gibt, ein Teil davon hochgefährlich, dann ist klar, dass eine Sicherheitsbehörde nicht alle gleich intensiv beobachten kann.

Der letzte Eintrag in den Polizeidateien zum

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stammt aus 2009. Danach gab es keine Eintragung von Sicherheitsrelevanz.

Der mutmaßliche Täter Stephan E. schreibt noch 2018 in einem Youtube-Kommentar, „entweder die Regierung tritt zurück oder es gibt Tote“. Würden Sie solche Äußerungen nicht als auffälliges Verhalten bewerten?

Horst Seehofer im Bundesinneministerium in Berlin.
Horst Seehofer im Bundesinneministerium in Berlin. © Reto Klar / Funke Fotoservices

Seehofer: Erst einmal müssen die Ermittler die Tat und die Hintergründe vollständig aufklären. Das ist das Wichtigste. Im Zuge der Aufklärung wird man erfahren, wer wann was gewusst hat und ob es Versäumnisse gab. Ich bin für totale Transparenz. Aber jetzt ist die Stunde der Ermittler.

Tod durch Kopfschuss, das ist eiskalter politischer Mord. Würden Sie die Bedrohung von rechts auf eine Stufe mit dem Terror der RAF in den 70er-, 80er-Jahren stellen?

Seehofer: Wenn sich unsere bisherigen Annahmen bestätigen, ist die Entwicklung brandgefährlich. Sie richtet sich gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und damit gegen uns alle. Ich würde sie auf jeden Fall auf eine Stufe mit dem islamistischen Terror und mit der Gefahr durch Reichsbürger stellen.

Wie groß ist die Gefahr von Nachahmern?

Seehofer: Ich möchte darauf nur allgemein antworten: Der Rechtsextremismus ist für unsere Gesellschaft zu einer echten Gefahr geworden, die wir sehr ernst nehmen.

Die Karriere von Horst Seehofer

Er ist Bundesminister des Inneren, für Bau und Heimat im Kabinett Merkel IV: Der CSU-Politiker Horst Seehofer kann auf eine Jahrzehnte lange politische Karriere zurückblicken. Wir zeigen Bilder des CSU-Politikers.
Er ist Bundesminister des Inneren, für Bau und Heimat im Kabinett Merkel IV: Der CSU-Politiker Horst Seehofer kann auf eine Jahrzehnte lange politische Karriere zurückblicken. Wir zeigen Bilder des CSU-Politikers. © Reto Klar | Reto Klar
Seehofer wurde am 4. Juli 1949 in Ingolstadt geboren. Nach der Mittleren Reife tritt er 1969 in die Junge Union ein, 1971 wird der Diplom-Verwaltungswirt Mitglied der Christlich Sozialen Union (CSU).
Seehofer wurde am 4. Juli 1949 in Ingolstadt geboren. Nach der Mittleren Reife tritt er 1969 in die Junge Union ein, 1971 wird der Diplom-Verwaltungswirt Mitglied der Christlich Sozialen Union (CSU). © picture alliance / Andreas Geber | dpa Picture-Alliance / Andreas Gebert
Am 21. April 1989 wird Seehofer zum Nachfolger des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesarbeitsministerium, Stefan Höpfinger (l.), ernannt.
Am 21. April 1989 wird Seehofer zum Nachfolger des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesarbeitsministerium, Stefan Höpfinger (l.), ernannt. © Bundesarchiv | Reineke, Engelbert
Von 1992 bis 1998 ist er Gesundheitsminister.
Von 1992 bis 1998 ist er Gesundheitsminister. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Torsten Silz
Von 1980 bis 2008 ist er Mitglied des Deutschen Bundestag. Von 1994 bis 2008 stellvertretender Vorsitzende der CSU und von 1998 bis 2004 der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Von 1980 bis 2008 ist er Mitglied des Deutschen Bundestag. Von 1994 bis 2008 stellvertretender Vorsitzende der CSU und von 1998 bis 2004 der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. © imago/photothek | Nicole Maskus
Nach der Bundestagswahl 2005 wird Horst Seehofer in der großen Koalition Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.
Nach der Bundestagswahl 2005 wird Horst Seehofer in der großen Koalition Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. © Getty Images | Andreas Rentz
Das Amt bekleidet er von 2005 bis 2008.
Das Amt bekleidet er von 2005 bis 2008. © Getty Images | Miguel Villagran
Seit 2008 hat er den Parteivorsitz der CSU inne.
Seit 2008 hat er den Parteivorsitz der CSU inne. © REUTERS | REUTERS / RALPH ORLOWSKI
Im Oktober 2008 wird er vom Bayerischen Landtag zum Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern gewählt.
Im Oktober 2008 wird er vom Bayerischen Landtag zum Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern gewählt. © picture-alliance/ dpa/dpaweb | dpa Picture-Alliance / Eva Chloupek
Horst Seehofer mit seiner Ehefrau Karin Seehofer (2 v.l.) und den drei gemeinsamen Kindern Andreas, Ulrike und Susanne beim Neujahrsempfang des Bayerischen Ministerpräsidenten 2018 im Kaisersaal der Münchner Residenz. Aus einer außerehelichen Beziehung hat er eine weitere Tochter, die 2007 geboren wurde.
Horst Seehofer mit seiner Ehefrau Karin Seehofer (2 v.l.) und den drei gemeinsamen Kindern Andreas, Ulrike und Susanne beim Neujahrsempfang des Bayerischen Ministerpräsidenten 2018 im Kaisersaal der Münchner Residenz. Aus einer außerehelichen Beziehung hat er eine weitere Tochter, die 2007 geboren wurde. © imago | Spöttel Picture
„Ich gehe ständig an die Grenze dessen, was man sich körperlich zumuten kann“, sagte er einmal.
„Ich gehe ständig an die Grenze dessen, was man sich körperlich zumuten kann“, sagte er einmal. © dpa | Tobias Hase
2002 erlitt er eine Herzmuskelentzündung, die ihn fast das Leben kostete. Privat habe er kaum Zeit für Freunde, Familie, Hobbys.
2002 erlitt er eine Herzmuskelentzündung, die ihn fast das Leben kostete. Privat habe er kaum Zeit für Freunde, Familie, Hobbys. © dpa | Michael Kappeler
Am 12. März 2018 präsentierten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der CSU-Vorsitzende Seehofer und der damalige kommissarische SPD-Vorsitzende und jetzige Finanzminister Olaf Scholz, den gemeinsam unterzeichneten Koalitionsvertrag in Berlin. Es gibt wieder eine große Koalition.
Am 12. März 2018 präsentierten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der CSU-Vorsitzende Seehofer und der damalige kommissarische SPD-Vorsitzende und jetzige Finanzminister Olaf Scholz, den gemeinsam unterzeichneten Koalitionsvertrag in Berlin. Es gibt wieder eine große Koalition. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Für das Kabinett Merkel IV wird Seehofer am 14. März 2018 zum neuen Bundesminister des Inneren, für Bau und Heimat ernannt. Der Höhepunkt in seiner Karriere.
Für das Kabinett Merkel IV wird Seehofer am 14. März 2018 zum neuen Bundesminister des Inneren, für Bau und Heimat ernannt. Der Höhepunkt in seiner Karriere. © REUTERS | REUTERS / HANNIBAL HANSCHKE
Dieses Foto sorgt kurze Zeit später für Aufsehen. Der Heimatminister präsentiert seine Mannschaft – und es sind ausschließlich Männer zu sehen.
Dieses Foto sorgt kurze Zeit später für Aufsehen. Der Heimatminister präsentiert seine Mannschaft – und es sind ausschließlich Männer zu sehen. © picture alliance / /Bundesminist | dpa Picture-Alliance / -
Der Streit zwischen Seehofer und Merkel über den Umgang mit Flüchtlingen an der deutschen Grenze eskaliert Ende Juni. Auch bei einem Krisengespräch im Kanzleramt können die beiden die Wogen zunächst nicht glätten.
Der Streit zwischen Seehofer und Merkel über den Umgang mit Flüchtlingen an der deutschen Grenze eskaliert Ende Juni. Auch bei einem Krisengespräch im Kanzleramt können die beiden die Wogen zunächst nicht glätten. © dpa | Paul Zinken
Innenminister Seehofer bleibt in der Fragen nach Abweisungen an der Grenze hart – Merkel auch.
Innenminister Seehofer bleibt in der Fragen nach Abweisungen an der Grenze hart – Merkel auch. © dpa | Ralf Hirschberger
Doch nach einem weiteren Krisengespräch wird man sich einig. Die Union will Transitzentren an der deutsch-österreichischen Grenze einrichten.
Doch nach einem weiteren Krisengespräch wird man sich einig. Die Union will Transitzentren an der deutsch-österreichischen Grenze einrichten. © Reto Klar | Reto Klar
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Kommt der Alarm um Jahre zu spät, war er nicht schon nach den Morden durch den NSU fällig?

Seehofer: Ich habe immer Wert darauf gelegt, dass dem Extremismus besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Das kann ich für mich wie für meine Behörden sagen. Ich habe vor den Reichsbürgern gewarnt.

Ich habe erst vor Kurzem bei der Vorstellung der Fallzahlen zur politisch motivierten Kriminalität gesagt, dass wir den Antisemitismus sehr ernst nehmen, schon deshalb, weil die Zahl der Straftaten in diesem Bereich um 20 Prozent gestiegen ist. Und ich habe in meiner Amtszeit mehrfach die Gefahr durch den Rechtsextremismus unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Wir müssen ihn mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen, wo immer wir können.

Der Städtetag sorgt sich um die Sicherheit der Kommunalpolitiker. Muss der Personenschutz auf sie ausgeweitet werden?

Seehofer: Wir müssen beim Personen- und Objektschutz alle Ebenen einbeziehen, auch die kommunale Ebene. Aber das zu beurteilen, ist keine Aufgabe der Politik, sondern der Sicherheitsbehörden. Deshalb muss die Arbeit der Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und insbesondere der gewaltbereiten Personen und Netzwerke deutlich verstärkt werden. Es ist unsere Pflicht, das Menschenmögliche zu tun, um jene zu schützen, die bedroht werden.

Was kann man gegen Hass und Hetze tun?

Seehofer: Schon als der Mord in den sozialen Netzwerken bejubelt wurde, habe ich reagiert und es einen Verfall der Sitten und der Moral genannt. Das kann man gar nicht scharf genug verurteilen. Jeder muss auf eine maßvolle Sprache achten, weil natürlich ein Zusammenhang besteht zwischen der Sprache und solchen Exzessen der Gewalt. Wir müssen uns fragen, ob wir solche Entwicklungen zulassen wollen.

19.06.2019, Berlin: Horst Seehofer / CSU Bundesinnenminister im Innenministerium
19.06.2019, Berlin: Horst Seehofer / CSU Bundesinnenminister im Innenministerium © Reto Klar / Funke Foto Services | Reto Klar

Das heißt?

Seehofer: Gegen

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müssen wir alles tun, was unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten möglich ist.

Wer soll das tun?

Seehofer: Zunächst einmal müssen die Staatsanwaltschaften und Gerichte ihre Arbeit machen. Beleidigung, Verleumdung, Volksverhetzung gehören offline wie online verfolgt. Sodann sind die Sicherheitsbehörden gefordert. Die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern muss weiter gestärkt und verbessert werden.

Aber erst muss der Fall aufgeklärt werden. Anschließend müssen wir die Debatte über die Konsequenzen führen. Wenn die Politik die Eindämmung von Hasskommentaren ernsthaft will, müssen wir sie auch realisieren, natürlich in den Grenzen der Verfassung.

Das sind die Vorsitzenden der CSU

Josef Müller ist der Mitbegründer der CSU und war der erste Vorsitzende der Partei. Im Dritten Reich wurde der Widerstandskämpfer von den Nationalsozialisten mehrmals verhaftet und in verschiedenen Konzentrationslagern interniert. Nach dem Krieg gründete er mit Adam Stegerwald die CSU und stand bis 1949 an der Spitze der Partei. Von 1947 bis 1952 war Müller zudem bayerischer Justizminister. Am 12. September 1979 starb er.
Josef Müller ist der Mitbegründer der CSU und war der erste Vorsitzende der Partei. Im Dritten Reich wurde der Widerstandskämpfer von den Nationalsozialisten mehrmals verhaftet und in verschiedenen Konzentrationslagern interniert. Nach dem Krieg gründete er mit Adam Stegerwald die CSU und stand bis 1949 an der Spitze der Partei. Von 1947 bis 1952 war Müller zudem bayerischer Justizminister. Am 12. September 1979 starb er. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Istvan Bajzat
Nachfolger von Josef Müller wurde Hans Ehard. Der studierte Jurist war von 1949 bis 1955 Parteivorsitzender der CSU. Von 1946 bis 1954 und von 1960 bis 1962 war er Ministerpräsident des Freistaates Bayern. 1980 starb Hans Ehard in München.
Nachfolger von Josef Müller wurde Hans Ehard. Der studierte Jurist war von 1949 bis 1955 Parteivorsitzender der CSU. Von 1946 bis 1954 und von 1960 bis 1962 war er Ministerpräsident des Freistaates Bayern. 1980 starb Hans Ehard in München. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Hanns Seidel wurde 1955 – in einer Kampfabstimmung gegen Franz Josef Strauß – zum Parteivorsitzenden der CSU gewählt. Von 1957 bis 1960 war er zudem bayerischer Ministerpräsident. Er legte das Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder, 1961 gab er auch den CSU-Vorsitz ab.
Hanns Seidel wurde 1955 – in einer Kampfabstimmung gegen Franz Josef Strauß – zum Parteivorsitzenden der CSU gewählt. Von 1957 bis 1960 war er zudem bayerischer Ministerpräsident. Er legte das Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder, 1961 gab er auch den CSU-Vorsitz ab. © picture alliance/ASSOCIATED PRESS | AP Content
Franz Josef Strauß gilt als CSU-Übervater. Von 1961 bis zu seinem Tod im Oktober 1988 war Strauß Parteichef. In der Zeit, von 1978 bis 1988, auch Ministerpräsident in Bayern. Im Lebenslauf des gebürtigen Münchners stehen noch weitere Posten. So war er Bundesminister für besondere Aufgaben, Minister für Atomfragen, Verteidigungsminister und auch mal Finanzminister. Nur als Kanzlerkandidat scheiterte er und verlor die Bundestagswahl 1980 gegen Helmut Schmidt (SPD).
Franz Josef Strauß gilt als CSU-Übervater. Von 1961 bis zu seinem Tod im Oktober 1988 war Strauß Parteichef. In der Zeit, von 1978 bis 1988, auch Ministerpräsident in Bayern. Im Lebenslauf des gebürtigen Münchners stehen noch weitere Posten. So war er Bundesminister für besondere Aufgaben, Minister für Atomfragen, Verteidigungsminister und auch mal Finanzminister. Nur als Kanzlerkandidat scheiterte er und verlor die Bundestagswahl 1980 gegen Helmut Schmidt (SPD). © imago/photothek | photothek.net
Er trat das schwere Erbe von Franz Josef Strauß an: Theo Waigel. Von 1988 bis 1999 stand Waigel an der Spitze der CSU. Der Mann mit den markanten Augenbrauen war von 1989 bis 1998 unter Helmut Kohl Bundesfinanzenminister.
Er trat das schwere Erbe von Franz Josef Strauß an: Theo Waigel. Von 1988 bis 1999 stand Waigel an der Spitze der CSU. Der Mann mit den markanten Augenbrauen war von 1989 bis 1998 unter Helmut Kohl Bundesfinanzenminister. © imago/WEREK | imago stock&people
1999 folgte Edmund Stoiber. Acht Jahre lang war der Jurist Parteivorsitzender, von 1993 bis September 2007 auch Ministerpräsident. Der Höhepunkt seiner Karriere war die Kür zum Kanzlerkandidaten der Union im Jahr 2002. Edmund Stoiber verlor allerdings gegen den SPD-Politiker Gerhard Schröder.
1999 folgte Edmund Stoiber. Acht Jahre lang war der Jurist Parteivorsitzender, von 1993 bis September 2007 auch Ministerpräsident. Der Höhepunkt seiner Karriere war die Kür zum Kanzlerkandidaten der Union im Jahr 2002. Edmund Stoiber verlor allerdings gegen den SPD-Politiker Gerhard Schröder. © imago/photothek | Liesa Johannssen/photothek.net
Das war eher ein kurzes Intermezzo: Erwin Huber war knapp ein Jahr, von September 2007 bis Oktober 2008, Parteivorsitzender der CSU. Er setzte sich damals gegen Horst Seehofer und Gabriele Pauli durch. Weil das Ergebnis der CSU bei der Landtagswahl 2008 so schlecht war, trat Huber zurück.
Das war eher ein kurzes Intermezzo: Erwin Huber war knapp ein Jahr, von September 2007 bis Oktober 2008, Parteivorsitzender der CSU. Er setzte sich damals gegen Horst Seehofer und Gabriele Pauli durch. Weil das Ergebnis der CSU bei der Landtagswahl 2008 so schlecht war, trat Huber zurück. © imago/photothek | Ute Grabowsky/photothek.net
Nach dem Rücktritt von Erwin Huber übernahm Horst Seehofer den Posten. Seitdem ist er CSU-Parteivorsitzender.
Nach dem Rücktritt von Erwin Huber übernahm Horst Seehofer den Posten. Seitdem ist er CSU-Parteivorsitzender. © dpa | Peter Kneffel
Markus Söder ist seit dem 19. Januar 2019 CSU-Parteivorsitzender.
Markus Söder ist seit dem 19. Januar 2019 CSU-Parteivorsitzender. © dpa | Peter Kneffel
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Der frühere CDU-Generalsekretär Peter Tauber verweist auf Artikel 18 GG. Wer das Recht auf Meinungsfreiheit zum Kampf gegen die Verfassung missbraucht, verwirkt seine Grundrechte. Halten Sie das für umsetzbar?

Seehofer: Wir sollten dem Rechtsstaat mehr Biss geben. Dieser Mord motiviert mich, alle Register zu ziehen, um die Sicherheit zu erhöhen. Wir sind das Verfassungsressort. Wir werden die Möglichkeiten ernsthaft prüfen.

Tauber sagt auch, der Entgrenzung der Sprache folgt die Entgrenzung der Gewalt. AfD-Vertreter wie Erika Steinbach, Björn Höcke oder Alice Weidel seien „mitschuldig am Tod Walter Lübckes“ – ist das ein zu hartes Urteil?

Seehofer: Jeder sollte seine Worte sorgsam abwägen. Worte können das Vorfeld für Hetze, Hetze das Vorfeld für Taten sein.

Was kann die Gesellschaft tun?

Seehofer: Zusammenstehen und mutig mitwirken. Mich hat fasziniert, wie zum Beispiel die Franzosen nach schweren Anschlägen zusammengerückt sind. Wichtig ist auch, dass die Bürger Hinweise und Beobachtungen den Behörden mitteilen. Wir brauchen die Mitarbeit der Bevölkerung. Null Toleranz für Ausländerhass, Hetze, Antisemitismus – das muss Staatsräson in Deutschland sein.

Glauben Sie, dass diese Regierung bis 2021 zusammenbleibt?

Seehofer: Ja. Warum? Weil wir ausgesprochen gut zusammenarbeiten. Wir haben die Rente, das Bafög, das Kindergeld erhöht, das Migrationsgesetzespaket und ein Bauförderprogramm verabschiedet, wie es das noch nie gegeben hat. Das ist nur denkbar, weil eine Mannschaft als Team zusammenarbeitet.

Die SPD bezieht trotzdem nur Prügel vom Wähler. Können Sie sich in die Rolle Ihres Koalitionspartners versetzen?

Seehofer: Ich kann mich vor allem in die Rolle der Union versetzen, die 2013 mal bei 41 Prozent lag – und jetzt bei 24. Das ist nicht gemütlich. Die einzige Antwort lautet: weiter eine ruhige, zukunftsorientierte Politik zu betreiben. Wer keine Zuversicht hat, wird sie auch nicht vermitteln.

Dazu kommt, dass Fragen in den Raum gestellt werden, die im Moment keine Rolle spielen dürften, zum Beispiel die nach der Kanzlerkandidatur. Völlig überflüssig. Und wir müssen Themen aufgreifen, die gerade Konjunktur haben, wie zum Beispiel die Ökologie, die mehr ist als nur der Klimaschutz. Und wir müssen vor allem Probleme lösen. Die Bürgerinnen und Bürger wollen Ergebnisse sehen.

Eine Lösung, die sich erledigt hat, ist die Maut; gescheitert vor dem Europäischen Gerichtshof. Haben Sie sich für einen Rohrkrepierer verkämpft?

Seehofer: Wir hatten die Zustimmung der Bundesregierung, des Bundesrates, der EU-Kommission, des Generalanwalts beim Europäischen Gerichtshof und vor allem der Bürger. Ich respektiere das Urteil. Aber ich verstehe es nicht. Warum soll nicht erlaubt sein, was um Deutschland herum möglich ist: Nutzungsgebühren zu erheben? Und warum soll es nicht möglich sein, die Kfz-Steuer zu senken? Das war schon immer eine nationale Angelegenheit.

Wie geht es weiter?

Seehofer: Man muss in Ruhe überlegen, wie wir weiter verfahren. Da ist jetzt kein Schuss aus der Hüfte gefragt.

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