Berlin. Kohlendioxid gilt als einer der Hauptverursacher des Klimawandels. Die Politik denkt nun über eine CO2-Steuer nach. Wichtige Antworten.

Die Kanzlerin spricht davon, ebenso alle Parteivorsitzenden, sogar Wirtschaftsvertreter und Experten für Klimaschutz sowieso: Die Rede ist von einem Preis für Kohlendioxid, also CO2. Das Gas gilt als einer der Hauptverursacher für den Klimawandel, weshalb alle internationalen Klimaabkommen darauf abzielen, es zu reduzieren. Da das freiwillig kaum zu schaffen ist, wird immer lauter über stärkere finanzielle Anreize diskutiert.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat als erste prominente Vertreterin der Bundesregierung konkret dazu Stellung genommen und den Begriff von der „CO2-Steuer“ in den Mund genommen. Um was geht es dabei? Die wichtigsten Fragen und Antworten zu einer möglichen Steuer, die helfen soll, den Klimawandel zu stoppen:


Was bedeutet ein Preis für CO2?

Ein CO2-Preis wird faktisch eine CO2-Steuer sein. Es ist ein Instrument zum Klimaschutz. Die Grundidee: Der Ausstoß von CO2 soll teurer und damit unattraktiv werden. Für die Strombranche und für Teile der Industrie gibt es ein solches Preissystem bereits. Unternehmen kaufen dabei an der Börse sogenannte Verschmutzungsrechte und können sie dort auch wieder verkaufen. Das ganze heißt Emissionshandel und funktioniert seit mehreren Jahren europaweit.

Mit einer CO2-Steuer könnte dieses Prinzip auch auf die Bereiche Heizung und Verkehr übertragen werden und damit direkt beim Endverbraucher ankommen. Das Ziel: Deutschland soll seine auf EU-Ebene vereinbarten Klimaschutzziele erreichen.

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    Was soll besteuert werden?

    Noch gibt es kein konkretes Konzept. Grundsätzlich gilt: Eine CO2-Steuer würde fossile Brennstoffe verteuern, also alles, was CO2 produziert: Öl, Benzin, Diesel, Kerosin, Kohle und Gas. Das würde sich für Verbraucher vor allem auf der Heizungsrechnung und an der Tankstelle bemerkbar machen. Auch Flugreisen könnten teurer werden.

    Unklar ist, wie eine solche Steuer auf Fahrten mit der Bahn oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln wirken würde, denn diese gelten als umweltfreundlich. Umweltministerin Schulze hob in einem „Spiegel“-Interview auch Elektroautos hervor, die wenig oder nicht betroffen sein sollen – obwohl der Strom, mit dem sie fahren, womöglich klimaschädlich erzeugt wurde.

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    Wann kommt die Steuer?

    Das dauert. Das Umwelt- und das Wirtschaftsministerium haben gerade erst Gutachten in Auftrag gegeben, wie die Steuer konkret erhoben werden könnte. Umweltministerin Schulze sagt, bis zum Sommer wolle die Bundesregierung verschiedene Modelle vergleichen und „die beste Variante auswählen“. Dann beginnt die politische Diskussion darüber und vielleicht der Gesetzgebungsprozess.

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    Wie teuer wird das?

    Das ist die große Frage. Unternehmen, die das Recht erwerben wollen, eine Tonne CO2 auszustoßen, müssen im Emissionshandel aktuell 27 Euro zahlen. Viele Experten meinen, eine CO2-Steuer solle mit 20 Euro pro Tonne starten, andere Fachleute halten 50 Euro für richtig. Das Umweltbundesamt hat den Schaden, den eine Tonne CO2 verursacht, mit 180 Euro berechnet.

    Würde man diese Summe als Grundlage für einen CO2-Preis nehmen, wäre ein Liter Sprit sofort 50 Cent teurer. Das habe aber niemand vor, betont das Umweltministerium. Ministerin Schulze will Autofahrer „im Bereich der normalen Schwankungen an der Zapfsäule“ belasten, was bei einem Preis von 20 Euro pro Tonne CO2 möglich wäre.

    Gleichzeitig betont Schulze, dass die Belastungen an anderer Stelle wieder ausgeglichen werden sollen – und zwar mit dem über die Steuer eingenommenen Geld.

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      Soll die CO2-Steuer andere Steuern überflüssig machen?

      Das ist nicht sicher. Soll der CO2-Preis die gewünschte Wirkung haben, also langfristig das Verhalten von Konsumenten ändern und die Gesamtmenge der Emissionen reduzieren, halten Experten eine Reform anderer Abgaben für sinnvoll. Beispielsweise sei die existierende Stromsteuer „nicht sinnvoll, wenn wir Transport und Wärme zunehmend elektrifizieren“, sagt Ottmar Edenhofer, Direktor am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

      Denn dann würden unterschiedliche Steuern unterschiedliche Anreize setzen. Dasselbe gilt für die Abgaben auf Diesel und Benzin. „Egal wie man weiter vorgeht, es wird in jedem Fall ein größerer Umbau des Steuersystems nötig sein“, so Edenhofer.

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      Was bringt eine CO2-Steuer?

      Beim Emissionshandel für die Industrie gibt es eine feste Obergrenze für die Menge an CO2, die ausgestoßen werden darf. Diese Grenze sinkt kontinuierlich, das ist zwischen allen Beteiligten vereinbart. Bei einer Steuer lässt sich dagegen nicht sicher sagen, welchen Effekt sie auf die Gesamtmenge des Gases haben wird.

      „Wenn eine Minderungsmenge erreicht werden soll, müsste man bei einer CO2-Steuer ständig nachjustieren, was politisch schwer umzusetzen ist“, sagt Klimaexperte Edenhofer. Lege man jedoch die Menge fest, bestehe das Risiko von Preissauschlägen. Edenhofer plädiert deshalb für ein Mischsystem.

      „Das könnte zum Beispiel so aussehen, dass es einen Mindestpreis für CO2 gibt, der in dem Moment greift, wenn der Marktpreis für Emissions-Zertifikate unter eine bestimmte Schwelle sinkt“, sagt der Klimaexperte.

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        Was passiert mit den Einnahmen?

        In der Schweiz, die als einer der Vorbild-Staaten gilt, werden zwei Drittel der Einnahmen aus der „CO2-Abgabe“ auf fossile Brennstoffe wieder an die Bürger und die Wirtschaft zurückgegeben. Alle Schweizer bekommen denselben Betrag, er wird mit ihren Krankenkassenbeiträgen verrechnet (die Krankenkassen haben in der Schweiz das aktuellste Adressverzeichnis). Die Arbeitgeber erhalten einen Anteil, der sich an der Lohnsumme ihrer Firma bemisst.

        Ein ähnliches System könnte es auch in Deutschland geben. Umweltministerin Schulze verspricht, dass Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen nicht schlechter dastehen sollen. Wie das konkret funktionieren soll, ist offen. „Wir suchen nach einer Variante, die sozial gerecht ist. Das ist für uns ein wichtiger Maßstab“, sagte die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles unserer Redaktion.


        Wer ist für die Steuer, wer nicht?

        Klimaexperten und Ökonomen empfehlen die Steuer seit Jahren. Die Politik erwärmt sich auch gerade für die Steuer. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lobte kürzlich im Bundestag „ein sehr interessantes Gutachten“ von Experte Edenhofer, in dem ein „CO2-Bepreisungsansatz“ vorgeschlagen werde.

        Das Wort Steuer nahm die Kanzlerin aber noch nicht in den Mund. Auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) will eine CO2-Abgabe nicht mehr ausschließen. Vor einem halben Jahr war er noch strikt dagegen und ließ ausrichten, es gebe „keinerlei Überlegungen“ dafür.

        Auch die deutsche Wirtschaft freundet sich langsam mit dem Gedanken an eine CO2-Steuer an. Die Bundesregierung solle sich mit Ideen und Vorschlägen beeilen, mahnt Industrie-Präsident Dieter Kempf. Aber: „Das Ergebnis sollte ein intelligentes, sozial vertretbares und wettbewerbsneutrales System sein“, sagte Kempf unserer Redaktion. Die konkrete Umsetzung sei „nicht so einfach, wie es viele Wunder-Konzepte versprechen“.

        Auch DIHK-Präsident Eric Schweitzer warnt davor, alles auf die Steuer zu setzen, um die international vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Die Politik solle dabei etwas kreativer sein. Der Handelsverband Deutschland teilte mit, die Abgaben auf Strom seien schon jetzt zu hoch: „Eine CO2-Belastung obendrauf wäre für den Einzelhandel existenzbedrohend.“

        • Statt auf eine CO2-Steuer zu warten, kann jeder schon jetzt anfangen, etwas fürs Klima zu tun:

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        • Eine große Rolle für den CO2-Ausstoß spielt auch unsere Ernährung:

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        (Theresa Martus und Philipp Neumann)

        Das Ergebnis sollte ein intelligentes, sozial vertretbares und wettbewerbsneutrales System sein
        Dieter Kempf, BDI