Berlin. Frauen verdienen oft weniger als Männer. Dabei sollten sie kämpfen – für Fairness, Transparenz und vor allem: den Lohn für ihre Mühen.

Wir müssen reden. Und zwar übers Geld. Das ist ungemütlich, keine Frage. Denn bei Geld hört nicht nur die Freundschaft auf, sondern auch die Komfortzone. Wer anfängt, übers Geld zu reden, riskiert Unfrieden: zwischen Partnern, zwischen Kollegen und zwischen Beschäftigten und ihren Chefs.

Falls jetzt schon die Ersten die Stirn runzeln und sich wundern, warum hier von Chefs die Rede ist und nicht von Chefinnen: Es ist ganz einfach. Auch am Internationalen Frauentag steht hier das generische Maskulinum, mit dem wie üblich beides gemeint ist, männliche und weibliche Chefs,

Kollegen, Partner. Denn es ist nicht die Sprache, die die Ungleichheit zwischen Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt und beim Einkommen zementiert, gläserne Decken zu den Chefetagen einzieht und 50er-Jahre-Partnerschaftsmodelle fortschreibt.

Es geht weniger um gerechte Sprache und mehr um gerechte Löhne

Wir müssen weniger über gerechte Sprache und mehr über gerechte Löhne reden. Klar: Sprache prägt Wirklichkeit. Doch Geld ist deutlich wirksamer. Sagen wir’s so: Würden die Zeit und die Energie, mit der das halbe Land über das Für und Wider einer angeblich frauenfreundlicheren Sprache debattiert, in die Bekämpfung der Lohnlücke zwischen Frauen und Männer fließen – viel wäre gewonnen.

Denn: Geld ist die zentrale Währung – bei der Durchsetzung von gleichen Chancen im Beruf und gleichen Pflichten zu Hause, bei der Forderung nach gleicher Wertschätzung und gleicher Ver­gütung von weiblichen und männlichen Beschäftigten.

Mit anderen Worten: Für die Frage, ob Frauen und Männer in Deutschland wirklich gleichgestellt sind, ist die Zahl am Ende der Lohnabrechnung relevanter als die Frage, ob im Anschreiben der Personalabteilung das Gender-Sternchen verwendet wurde.

Lohnlücke zwischen Ost und West zeigt die Auswirkungen von Prägung und Erziehung

Die großen Unterschiede bei der Lohnlücke zwischen Ost und West zeigen eindrücklich, wie wichtig Prägung und Erziehung, Vorbilder und Rollenmodelle und die örtliche Infrastruktur mit Kitas und Horten sind. Im Osten ist die Lücke nämlich deutlich kleiner als im Westen.

Doch das darf nicht ablenken vom Kern des Problems: Besonders deutlich wird das in dem Moment, wo junge Eltern vor der Frage stehen, wer von beiden erst mal zu Hause bleibt und sich um die Kinder kümmert. Das härteste Argument ist in diesem Moment der Gehaltszettel.

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Bei der Partnerwahl Besserverdiener gesucht, bei Verhandlungen bescheiden

Aber sind die Frauen nicht selbst schuld an ihrer Lage? Weil sie sich zu oft im Leben andere Werte höher gewichten als das Geld? Bei der Berufswahl neigen sie zu (schlecht bezahlten) sozialen Berufen. Bei der Partnerwahl suchen sie sich gerne besser verdienende Männer.

Bei Gehaltsverhandlungen neigen sie zu falscher Bescheidenheit. Selbst dort, wo sie vom Gesetzgeber Rückenwind bekommen, nutzen sie ihn kaum: So haben bislang die wenigsten Frauen von den neuen gesetzlichen Regelungen Gebrauch gemacht, die seit 2017 große Unternehmen zu mehr Lohntransparenz verpflichten.

Wollen die Frauen nicht – oder können sie nicht?

Wollen sie nicht oder können sie nicht? Haben viele Frauen am Ende im Alltag so viele Kämpfe zu kämpfen, dass sie nicht auch noch um höhere Löhne streiten wollen? Auch das mag eine Rolle spielen.

So bitter es klingt: Die Lohnlücke wird deshalb noch lange weiter bestehen. Aber sie lässt sich verkleinern. Durch höhere Löhne in sozialen Berufen. Durch eine Gehaltspolitik in den Unternehmen, die Familienzeiten nicht als Nachteil, sondern als Bonus bewertet.

Und durch eine Verschärfung der Transparenzpflichten für Arbeitgeber. Nicht, um Unfrieden in die Betriebe zu holen. Sondern um ein klares Signal zu setzen: Wer Frauen schlechter bezahlt, nur weil sie Frauen sind, darf damit nicht mehr durchkommen.