Berlin. Der Bundestag hat eine Reform des Paragrafen 219a beschlossen. Schwangere können sich künftig leichter über Abtreibungen informieren.
Die Diskussion um den umstrittenen Paragrafen 219a zieht sich seit Monaten durch die gesamte Bundesrepublik.
Nun hat der Bundestag einen Kompromiss beschlossen, auf den sich die Koalitionspartner von CDU/CSU und SPD kürzlich nach zähen Auseinandersetzungen geeinigt hatten.
371 Abgeordnete stimmten für den Entwurf der beiden Fraktionen, der Ärzten künftig erlaubt, darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Knapp eine Stunde hatte das Parlament in Berlin nochmals hitzig über die Änderung debattiert. 277 Parlamentarier stimmten gegen die Pläne der Regierung. Grüne, Linke und FDP hatten für eine völlige Abschaffung des umstrittenen Paragrafen 219a des Strafgesetzbuchs plädiert.
Der zwischen den Koalitionsparteien ausgehandelte Kompromiss wird das Werbeverbot für Abtreibungen nicht abschaffen, kann Frauen aber den Zugang zu Informationen erleichtern. Damit ist der bisher bestehende Paragraf 219a reformiert.
„Schmerzhafter Kompromiss“ für Union und SPD
Sowohl für Union als auch SPD habe es sich nach eigener Aussage um einen „schmerzhaften Kompromiss“ gehandelt. Demnach dürfen Ärzte und Kliniken künftig mitteilen, dass sie Abtreibungen vornehmen, müssen für weitere Informationen aber auf Behörden, Beratungsstellen und Ärztekammern verweisen.
In der vergangenen Woche hatte das Parlament in erster Lesung bereits über einen entsprechenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen beraten und ihn in die Ausschüsse verwiesen. Um schon an diesem Donnerstag über die geplante Reform abstimmen zu können, musste aber ein gleichlautender Regierungsentwurf nachgeschoben werden.
Die Koalitionspartner wollten die
Auch interessant
nämlich im Schnellverfahren durchwinken. Und eine Fristverkürzung, um das Gesetzgebungsverfahren zu beschleunigen, gibt es laut Bundestags-Geschäftsordnung nur bei Gesetzentwürfen der Bundesregierung, nicht aber bei Entwürfen einzelner Fraktionen.
Den Gesetzbeschluss winkte die Koalition nun noch in der gleichen Woche durch.
Ärzte und Kliniken durften keine Auskunft geben
Der Paragraf 219a des Strafgesetzbuches regelte bisher, dass man „seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise“ öffentlich keine Abtreibungen anbieten darf. Ärzte und Krankenhäuser konnten auf dieser Grundlage verurteilt werden, wenn sie auf ihrer Internetseite Schwangerschaftsabbrüche als Leistung nannten. Auch weitere Informationen etwa zu Methoden, Nachsorge oder Risiken durften sie nicht geben.
Da viele Informationen heutzutage im Internet verfügbar sind, sah der Gesetzentwurf zur Ergänzung des Paragrafen 219a vor, den Zugang zu medizinisch und rechtlich gesicherten Informationen künftig zu gewährleisten. Frauen sollen sich leichter über Schwangerschaftsabbrüche informieren können, gleichzeitig soll das Rechtsgut des ungeboren Lebens gewahrt bleiben.
Paragraf 219a – Was man wissen muss:
• Hintergrund:
Auch interessant
• Werbeverbot:
Auch interessant
• Vorhaben der Regierung:
Auch interessant
Kritik aus Opposition und von Betroffenen
Die Regelung wurde von Opposition und Betroffenen scharf kritisiert. Denn der über Monate mühsam ausgehandelte Kompromiss besagt:
Auch interessant
Den Kritikern geht diese Änderung nicht weit genug. „Die Entmündigung von Frauen geht weiter“, meint die Linken-Abgeordnete Cornelia Möhring. Die Grünen nannten den Kompromiss „absurd“. Der Paragraf 219a trage weiter zur Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen bei.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles dagegen hatten den Kompromiss bereits am Dienstag gelobt und sich zuversichtlich gezeigt, dass die Gesetzesänderung nun abgeschlossen werden kann. Linke, Grüne und FDP setzen sich dagegen weiter für die Abschaffung des Paragrafen ein. (dpa/tan)