Düsseldorf. Lässt die schwarz-gelbe Landesregierung die Aufsicht beim WDR schleifen? Eine Gesetzesänderung, die im Rundfunkrat beraten wird, sorgt für Ärger.
Es ist ein Halbsatz im Kleingedruckten, der es nach Einschätzung von Jürgen Bremer in sich hat. Die schwarz-gelbe Landesregierung hat mehrere medienpolitische Änderungen auf den Weg gebracht, die unter anderem „eine Entbürokratisierung der Besetzungsregeln“ in den Aufsichtsgremien des WDR zum Ziel haben. Jürgen Bremer, WDR-Rundfunkratsmitglied und Medienrecht-Professor, stößt sich jedoch an einer auf den ersten Blick unscheinbaren Korrektur des Paragrafen 45.
„Der Kontrollierte sucht sich seine Kontrolleure aus“
Dort ist geregelt, wie Kontrolleure für Tochterunternehmen des WDR berufen werden. Bislang werden sie durch den Intendanten „auf Grundlage eines gemeinsamen Vorschlags des Rundfunkrats und des Verwaltungsrats“ ernannt. Künftig soll Tom Buhrow die Entsendung im Alleingang vornehmen können. Die Passage „auf Grundlage eines gemeinsamen Vorschlags des Rundfunkrats und des Verwaltungsrats“ - sie wurde im neuen Gesetzestext kurzerhand gestrichen.
„Machtverschiebung hin zum Intendanten“
Für Bremer ein Unding. „Wenn sich der Kontrollierte die Kontrolleure selbst aussuchen kann, widerspricht das dem Gebot von Transparenz und effektiver Kontrolle“, sagte Bremer unserer Redaktion. Der Professor der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg warnte die Aufsichtsgremien vor einer „Machtverschiebung hin zum Intendanten“. Er werde dies bei der Rundfunkratssitzung am Dienstag zur Sprache bringen, kündigte Bremer an. Gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ nannte er es „absurdes medienpolitisches Theater“, sollte das Gesetz so vom Landtag verabschiedet werden.
Millionenschwere Tochterfirma
Betroffen wäre von der Neuregelung der Kontrolle vor allem die millionenschwere Tochtergesellschaft „WDR mediagroup“, die das Vermarktungsgeschäft des Senders betreibt und Beteiligungen an den Produktionsgesellschaften Bavaria und Degeto hält.
Besetzungsverfahren für Gremien vereinfachen
FDP-Medienpolitiker Thomas Nückel, der ebenfalls Mitglied im Rundfunkrat ist, kann die Aufregung dagegen nicht nachvollziehen. Es sei auch künftig schwer vorstellbar, dass sich der Intendant am Rundfunk- und Verwaltungsrat vorbei genehme Kontrolleure für die Beteiligungsunternehmen aussuche. Es gehe bei der Reform des WDR-Gesetzes darum, Besetzungsverfahren für die Gremien zu vereinfachen, ohne die Aufsicht einzuschränken.
Rundfunkbeiträge bringen Löwenanteil
Der Streit hat aus medienpolitischer Sicht wohl vor allem symbolische Wirkung. Die Erträge des WDR aus Unternehmensbeteiligungen sind im Haushalt 2019 schließlich gemessen am Gesamtvolumen mit rund 18 Millionen Euro eher Kleinvieh. Den Löwenanteil (84 Prozent) des Etats machen mit stolzen rund 1,2 Milliarden Euro die Rundfunkbeiträge aus, die jeder Haushalt mit monatlich 17,50 Euro entrichten muss. Bei Kritikern hat sich jedoch schon länger der Eindruck verfestigt, dass es auch die neue Landesregierung aus CDU und FDP mit dem Zurückschneiden öffentlich-rechtlicher Auswüchse nicht mehr allzu genau nimmt. Schwarz-Gelb hat kurz nach Amtsübernahme sogar eine bereits beschlossene Werbezeiten-Reduzierung im Hörfunk erst einmal bis 2021 ausgesetzt, um die Folgewirkungen für die Branche zu analysieren.#
Nur die AfD macht offen Front
Offen Front macht im Landtag nur noch die AfD. Deren Sprecher Sven Tritschler kleidete seine WDR-Generalkritik in einen grimmigen Satz: „Ein Rundfunk, der vom Staat geschaffen wird, bei dem der Staat über die Finanzierung entscheidet und dessen Kontrollgremien nach staatlichen Direktiven besetzt werden, wird dem neutralen und unvoreingenommenen Beobachter wohl kaum als staatsfern zu vermitteln sein.“