Essen. Eine neue Frist hat zu einer Klagewelle von Krankenkassen geführt. Kliniken müssen sich wegen angeblich falscher Behandlungskosten rechtfertigen.
Im Zuge der bundesweiten Klagewelle von Krankenkassen gegen Kliniken sind bei den acht NRW-Sozialgerichten bis zum 23. November bereits gut zehntausend Klagen eingegangen. Daraus ergäben sich bis zu 50 000 Einzelverfahren, sagte ein Sprecher des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Es ist davon auszugehen, dass das mit dem vorhandenen Personal nicht bewerkstelligt werden kann.» Zum Vergleich: Im gesamten Sachgebiet Krankenversicherungsrecht gingen im vergangenen Jahr an den acht Gerichten insgesamt nur rund 13 000 Klagen ein.
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Bei den Klagen geht um möglicherweise falsch berechnete Behandlungskosten, die Kassen vorsorglich von den Kliniken zurückfordern. Hintergrund ist, dass der Bundestag Anfang November beschlossen hatte, die Verjährungsfrist von vier auf zwei Jahre zu verkürzen. Um keine möglichen Ansprüche zu verlieren, reichten Kassen daraufhin kurzfristig tausende Klagen bei Sozialgerichten ein. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) rechnet bundesweit mit über 200 000 Klagen und Rückforderungen von bis zu einer halben Milliarde Euro.
Jedes Verfahren dauert meist ein bis zwei Jahre
«In den Klagen sind häufig verschiedene Fälle zusammengefasst worden», sagte LSG-Sprecher Uwe Hansmann. So gebe es etwa in Köln eine Klage mit einer Gesamtforderung von 1,3 Millionen Euro, in der 590 einzelne Behandlungsfälle geltend gemacht würden. Jeder Behandlungsfall sei gesondert zu prüfen. Daher müsse man bei den bis zum 23. November eingegangenen Klagen insgesamt mit bis zu 50 000 Einzelansprüchen rechnen.
«Die Klagewelle führt dazu, dass bei den Mitarbeitern in der Erfassung und in der Geschäftsstelle bis hin zu den Richtern eine deutliche Belastung besteht.» Mit dem Justizministerium sei man bereits im Gespräch über Abhilfemaßnahmen. Ministeriumssprecher Ralf Herrenbrück sagte: «Das Justizministerium prüft derzeit gemeinsam mit dem Landessozialgericht die Möglichkeiten, dieser Überbeanspruchung der Sozialgerichte möglichst zeitnah zu begegnen.»
Jedes einzelne Verfahren dauere in der Regel ein bis zwei Jahre, sagte der Gerichtssprecher. Grund sei unter anderem, dass meistens Sachverständigengutachten eingeholt würden, deren Anfertigung oft mehrere Monate dauere. Gehe das Verfahren dann in die zweite Instanz, könnten noch mal eineinhalb bis zwei Jahre hinzukommen. (dpa)