Düsseldorf. . Einer der kuriosesten Vorgänge der Landespolitik wird aufgearbeitet: Ex-Ministerin Schulze Föcking steht wegen der „Hacker-Affäre“ im Zeugenstand
Ein Untersuchungsausschuss des Landtags soll ab Montag eine der kuriosesten landespolitischen Geschichten der vergangenen Jahre aufarbeiten: die „Hacker-Affäre“ rund um die zurückgetretene Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU). Während die SPD-Opposition gute Chancen sieht, handwerkliche Fehler der Staatskanzlei von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) offenzulegen, sprechen die Regierungsfraktionen von einem „der überflüssigsten Untersuchungsausschüsse seit langem“. Schulze Föcking muss sich als erste Zeugin am Montag auf ein mehrstündigen Verhör gefasst machen.
Im Zentrum der Auseinandersetzung steht ein Vorfall im Steinfurter Privathaus der damaligen Ministerin am Abend des 15. März. Als die 42-Jährige nach Hause kommt, soll auf dem Fernseher völlig unerklärlich die Sequenz einer Fragestunde aus dem Landtag gelaufen sein. Schulze Föcking ist da bereits schwer angeschlagen, weil dem Schweinemast-Betrieb ihrer Familie seit Wochen Tierschutz-Verstöße vorgeworfen werden. Sie wird im Internet beschimpft und bedroht, die Opposition setzt ihr im Parlament zu.
Regierungssprecher bittet voreilig um Solidarität
Schulze Föcking wittert sogleich einen „Hacker-Angriff“ und ruft die Polizei. Die Beamten kommen raus auf ihren Hof und notieren den Verdacht der Ministerin, jemand könnte sich illegal in ihr WLAN-Netz eingeloggt haben. Wie in solchen Fällen üblich, fertigt die Polizei eine WE-Meldung (Wichtiges Ereignis), die den Entscheidungsträgern in Düsseldorf zugestellt wird.
Daraus wird ein Politikum, das SPD-Obmann Christian Dahm bis heute für aufklärungsbedürftig hält. Denn bereits am Mittag des 16. März, gut zwölf Stunden nach Schulze Föckings Notruf, veröffentlicht Regierungssprecher Christian Wiermer eine inzwischen legendäre Mitteilung. Darin ist – ungeachtet der Pressehoheit der Staatsanwaltschaft – die Rede von Versuchen, auf persönliche Daten der Ministerin zuzugreifen. „Mindestens teilweise waren die Versuche demnach auch erfolgreich“, formuliert Wiermer und verurteilt gleich „die offenkundig kriminellen Eingriffe in die Privatsphäre der Ministerin aufs Schärfste“. Wenig später initiiert CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen sogar eine Solidaritätserklärung des gesamten Landtags für Schulze Föcking.
Öffentlichkeit erst spät informiert
Peinlich: Bereits am 23. März teilen Cybercrime-Spezialisten der Ministerin mit, dass an der Hacker-Theorie wohl nichts dran ist. Am 18. April bekommt sie von der Staatsanwaltschaft schriftlich, dass bloß jemand aus ihrer Familie einen Bedienfehler im W-LAN-Netzwerk begangen haben muss. Die Öffentlichkeit erfährt den banalen Ausgang jedoch erst am 7. Mai.
Die Opposition vermutet, dass die politisch angeschlagene Schulze Föcking möglichst lange als Opfer dunkler Mächte hingestellt werden sollte. CDU-Obmann Olaf Lehne stellt indes darauf ab, dass bis heute keine 100-prozentige Klarheit über die technischen Vorgänge herrsche und die Öffentlichkeit keineswegs hinters Licht geführt worden sei.