Düsseldorf. . Verdi-Mitglieder sind empört über Plakate mit umstrittenen „Reichsbürger“-Vergleich. Gewerkschaftsspitze distanziert sich.
Der Protest der Kumpel aus dem Rheinischen Braunkohlerevier war laut und mächtig. Fast 30.000 Bergleute marschierten Ende Oktober von Bergheim nach Elsdorf, um für den Erhalt ihrer Jobs zu kämpfen. Organisiert wurde die Demo von der Bergarbeiter-Gewerkschaft IGBCE und von Verdi. Im NRW-Landesverband dieser Dienstleistungsgewerkschaft tobt seitdem ein Streit über zweifelhafte Plakate, die auf dem Protestzug gezeigt wurden, und generell über die Haltung von Gewerkschaftern zum Kohleausstieg.
Die auf der Demo präsentierten Plakate mit einem Verdi-Logo bringen landesweit viele Verdi-Mitglieder auf die Palme. „Aktivisten im Hambacher Forst: Reichsbürger mit Rastas“ war darauf zu lesen. Andere Demonstranten mit Verdi-Symbolen trugen „Hambi muss weg“-Plakate.
Mitglieder drohen mit Austritt
In einer Mail an die Verdi-Bezirkschefin Mittleres Ruhrgebiet, Gudrun Müller, beschwert sich ein langjähriges Mitglied bitterlich darüber, dass ausgerechnet seine Gewerkschaft den Schulterschluss mit einem „Klimakiller-Konzern“ suche und droht mit Austritt. Der Briefwechsel liegt dieser Redaktion vor. Andere Verdi-Mitglieder, nicht nur in Bochum und Umgebung, stimmen in diesen Protest ein.
Verdi-Bezirksdelegierte aus Köln, Bonn und Leverkusen hatten sich schon vor dem Bergarbeitermarsch mit den Demonstranten im Hambacher Forst solidarisch erklärt. Die Kommission der Selbstständigen in diesem rheinischen Verdi-Bezirk protestiert nun vehement gegen die „diffamierenden und beleidigenden Reichsbürger mit Rastas-Plakate“. Umweltaktivisten übten den zivilen Ungehorsam, Reichsbürger seien verfassungsfeindlich, rechtsextrem und lehnten die Demokratie ab, sagen sie.
Verdi-Geschäftsführerin Gudrun Müller schreibt den verärgerten Mitgliedern, sie sei genauso „empört“ wie sie. Müller distanziert sich von den Plakaten. Deren Inhalte und Vergleiche seien „menschenverachtend“. Dies spiegele auch die offizielle Haltung von Verdi wider.
Verdi-Spitze für Braunkohle-Aus
Der Verdi-Landesbezirk reagiert mit einer Online-Bekanntmachung auf die „zahlreichen Nachrichten, Mails, Telefonate und Schreiben“ aus den eigenen Reihen. Er distanziert sich von den Plakaten und zeigt sich „geschockt“, dass bei der Demo Ende Oktober auch AfD-Mitglieder dabei gewesen sein sollen. Die Plakate mit dem „Reichsbürger“-Vergleich gäben keine Position dieser Gewerkschaft wieder. „Verdi ist bunt und steht für Toleranz und Solidarität“, heißt es in der Bekanntmachung.
Die Verdi-Spitze stellt auch klar, dass sie sich für eine schnellstmögliche Abkehr von der Braunkohle stark macht. Dieser Abschied müsse aber sozialverträglich und bezahlbar gestaltet werden.
Gdp fordert politische Lösung des Konflikts
Eine weitere Teilgewerkschaft des DGB, die Gewerkschaft der Polizei (GdP), fordert seit Wochen eine „politische Lösung im Braunkohlekonflikt“ und erinnert an die Härten, die die Einsätze am Hambacher Forst für die Beamten bedeuteten. Alle Akteure müssten sich an einen Tisch setzen, um den Streit zu entschärfen. Die Polizisten erfüllen ihren Auftrag, viele seien aber ebenso wie die Braunkohle-Gegner davon überzeugt, dass das Klima besser geschützt werden müsse, erzählen Polizeigewerkschafter.
Die Diskussionen über den Hambacher Forst, spalten nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch die SPD. Während sich die NRW-SPD offiziell hinter die IGBCE und die Haltung des RWE-Konzerns gestellt hat, vertreten auch zahlreiche Sozialdemokraten die Positionen der Gegenseite. „Dieses Thema ist auch bei uns sehr umstritten“, bestätigte ein SPD-Landtagsabgeordneter.