Düsseldorf. . Pädagogen beschweren sich in einer Umfrage über eine schlechte Ausstattung ihrer Schulen. Sie fühlen sich von der Regierung im Stich gelassen.
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP wird der Realschule in NRW eine besondere Förderung versprochen: „Wir wollen die Gleichbehandlung aller Schulformen wiederherstellen. Die Benachteiligung von Realschulen und Gymnasien werden wir beenden“, heißt es dort. Der Verband Bildung und Erziehung meint, dieses Versprechen sei mit Blick auf die Realschulen nicht mal im Ansatz eingelöst.
Während Schwarz-Gelb sehr konsequent den jahrelangen Streit um G8 und G9 an Gymnasien beendete, fühlen sich viele Realschullehrer offenbar im Stich gelassen. Die erste Online-Umfrage, die der Verband Bildung und Erziehung (VBE) zum Ende des vergangenen Schuljahres mit diesen Pädagogen durchführte und die in der kommenden Woche veröffentlicht wird, deutet an, dass die Stimmung in den politisch seit vielen Jahren kaum beachteten Realschulen düster ist.
In Sekundarschulen umwandeln
Fast 70 Prozent der 716 befragten Lehrer gaben an, nicht mit der Situation an ihrer Schule zufrieden zu sein. Die Umfrage ist zwar laut VBE nicht repräsentativ, weise aber „durch die sehr eindeutigen Angaben auf die Meinungsrichtung der Lehrer dieser Schulform hin“. So sagte jeder zweite Befragte, dass er an einer Schule unterrichte, an denen es keine Schulsozialarbeiter gebe; nur 11,2 Prozent gaben an, dass es an ihrer Schule genügend Klassen- und Fachräume und zeitgemäße Möbel gebe.
Fast alle kritisierten veraltete Sportgeräte und Musikinstrumente; eine klare Mehrheit erlebt im Schulalltag Kinder, die so gut wie keine Deutschkenntnisse haben. Und nur 1,4 Prozent erklärten, dass Lehrer-Doppelbesetzungen für den Unterricht mit behinderten und nicht behinderten Kindern an ihren Schulen üblich seien.
Einen möglichen Ausweg aus der Misere zeichnet die Lehrergewerkschaft gleich mit: Statt der von CDU und FDP geplanten Einführung eines Hauptschulbildungsganges an Realschulen sollten die Realschulen, die dies wünschten, die Chance bekommen, sich in Sekundarschulen umzuwandeln. Man müsse also, um der Realschule zu helfen, keine neue Schulform erfinden, sondern könne auf eine zurückgreifen, die es schon seit 2011 gibt: die Sekundarschule. Diese seien oft besser ausgestattet, laut VBE kommen hier etwa 16 Schüler auf einen Lehrer, an Realschulen 21 Schüler.
Sekundarschulen sind nicht unumstritten
Sekundarschulen bieten in den Klassen fünf und sechs einen gemeinsamen Unterricht an (wie Gesamtschulen). Danach werden die Kinder zum Real- oder zum Hauptschulabschluss geführt. Eine eigene Oberstufe und damit einen Weg zum Abitur haben die Sekundarschulen nicht. Sie arbeiten aber mit Gymnasien, Gesamtschulen und Berufskollegs zusammen. Damit sollen die Chancen auf die Hochschulreife gewahrt bleiben.
Die Sekundarschulen sind allerdings nicht unumstritten. Mehrere dieser Schulen sind schon mangels Nachfrage geschlossen worden oder gelten als akut gefährdet. Der VBE hält sie dennoch für sinnvoll, auch aus der Lehrerperspektive: „Eine Entwicklung hin zu mehr Sekundarschulen und damit besseren Arbeitsbedingungen könnte auch für jene Lehrer attraktiv sein, die sich mit ihrem Studium eigentlich zum Gymnasium orientieren. Selbstverständlich müssten dafür auch die Ungerechtigkeiten bei der Besoldung abgeschafft werden“, sagte VBE-Landesvorsitzender Stefan Behlau.
2016 hatte eine VBE-Umfrage an mehr als 1245 Grundschulen im Land für Schlagzeilen gesorgt. Die damalige rot-grüne Landesregierung musste sich anhören, dass sich die Grundschulen als „Stiefkinder“ der Schulpolitik fühlen. Hauptkritikpunkt damals war die extrem dünne Personalausstattung an den Grundschulen. Eine vergleichbare Umfrage unter Hauptschullehrern gab es bisher nicht. Aber der VBE kann sich vorstellen, wie eine Befragung dort ausfiele: „Die Stimmungslage an den Hauptschulen dürfte noch viel dramatischer sein als an den Realschulen“, glaubt Behlau.