Düsseldorf. . Schwarz-Gelb entschärft an zentralen Punkten ihren Entwurf, schafft aber dennoch neue Befugnisse für die Ordnungshüter.

Eigentlich sollte das neue Polizeigesetz bereits im Sommer vom NRW-Landtag beschlossen werden. Doch nach massiver Kritik von Verfassungsrechtlern schickte Innenminister Herbert Reul (CDU) seinen Entwurf zurück in die parlamentarische Montagehalle. Herausgekommen ist nach Einschätzung der SPD-Opposition „ein kompletter Modellwechsel“. Die Polizei bekommt zwar neue Befugnisse, aber nicht so viele wie zunächst vorgesehen. Die Entschärfungen im Einzelnen:

Was hat es mit dem Rechtsbegriff der „drohenden Gefahr“ auf sich?

Bislang darf die Polizei in die Grundrechte der Bürger nur eingreifen, wenn eine konkrete Gefahr droht. Es muss also klare Hinweise auf einen bevorstehenden Anschlag oder eine Straftat geben. Reul wollte den Rechtsbegriff der „drohenden Gefahr“ einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer „drohende terroristische Gefahr“ einführen. Die Schwelle für den polizeilichen Eingriff wäre damit stark abgesenkt worden. Das schätzten Experten als verfassungswidrig ein. Nun wurde ein konkreter Straftaten-Katalog ins Gesetz eingefügt – nur bei der begründeten Annahme, dass ein Gefährder eines der Delikte verüben könnte, darf die Polizei präventiv einschreiten. Sie könne nun nicht mehr „auf Grundlage eines vagen Verdachts“ gegen Unbescholtene vorgehen, meinte SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty.

Was passiert mit der umstrittenen Präventivhaft?

Der „Unterbindungsgewahrsam“, also eine vorbeugende Haft, wird je nach Gefahreneinschätzung deutlich ausgeweitet. Bisher kann jemand zur Verhinderung einer Gefahr nur 48 Stunden festgehalten werden. Mit dem neuen Gesetz werden bis 14 Tage plus Verlängerungsoption möglich. Ein Richter muss das jedoch genehmigen. Im ersten Entwurf des Polizeigesetzes war ein Unterbindungsgewahrsam von bis zu einem Monat vorgesehen. Die Grünen stoßen sich daran, dass schon bei einer reinen Identitätsfeststellung sieben Tage Gewahrsam möglich werden.

Welche Rolle spielt künftig die elektronische Fußfessel?

Die Polizei kann künftig zur Verhinderung von Straftaten Aufenthalts- und Kontaktverbote verhängen, was insbesondere behördenbekannte Salafisten und ihren Gang in extremistisch geprägte Moscheen betreffen könnte. Ebenso wird eine elektronische Fußfesseln zulässig, um die Kreise von potenziellen Terroristen zu überwachen. Auch Menschen, denen nach einer polizeilichen Prognose Sexualstraftaten zugetraut werden müssen, können per Fußfessel geortet werden. Ebenso gefährliche Hooligans etwa im Umfeld besonderer Risikospiele.

Was wird aus der „Quellen-TKÜ“?

Als „Quellen-TKÜ“ bezeichnet man die polizeiliche Überwachung auch von Online-Messengerdiensten. Bislang kann die Polizei nur Telefonate und SMS abfangen, aber keine WhatsApp-Nachrichten und andere verschlüsselte Telekommunikationsinhalte. NRW will nun einen eigenen „Staatstrojaner“ entwickeln lassen. Das technische Problem: Der Trojaner darf nur eine laufende Kommunikation auslesen, nicht aber das gesamte Smartphone.

Bleiben Videobeobachtung und strategische Fahndung unberührt?

Die Videoüberwachung soll nicht mehr nur auf nachgewiesene Kriminalitätsbrennpunkte beschränkt bleiben. Allerdings muss sichergestellt sein, dass Polizisten in Eingriffsnähe sind. Zudem kann die Polizei mit Hilfe einer neuen „strategischen Fahndung“ für 28 Tage in einem bestimmten Gebiet ohne Verdacht Personen kontrollieren. Sie muss dafür jedoch vorab einen Anlass nennen. Beispiel: Kommt es zu einer Häufung von Wohnungseinbrüchen im Ruhrgebiet, können entlang möglicher Fluchtrouten Autos kontrolliert werden.