Berlin. Der türkische Präsident Erdogan ist auf Staatsbesuch in Deutschland. Er besucht Berlin und Köln. Das muss man alles darüber wissen.
Die Gegner mobilisieren bereits gegen den Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland. Außenminister Heiko Maas (SPD) dagegen versucht, die Wogen zu glätten. Wir erklären, warum der Besuch Erdogans so umstritten ist – und was man jetzt wissen muss.
Wie genau läuft der Erdogan-Besuch ab?
Erdogan landete am Donnerstagmittag in Berlin. Er reiste aus New York an, wo er an der UN-Vollversammlung teilgenommen hatte. Eine Protokollstrecke wird aus Sicherheitsgründen geheim gehalten. Es gilt die höchste Sicherheitsstufe.
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Das ist bislang bekannt:
• Am Donnerstag landete Präsident Erdogan gegen 12.30 Uhr auf dem militärischen Teil des Flughafen Tegel
• Anschließend ging es in die türkische Botschaft zu Gesprächen
• Am Freitag um 11.30 Uhr begrüßte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihn im Bundeskanzleramt
• Anschließend bat Merkel zum Mittagessen
• Abends empfängt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den türkischen Präsidenten zum Staatsbankett
• Am Samstag geht es für Erdogan erneut für ein Gespräch mit Angela Merkel ins Kanzleramt
• Dann reist er weiter nach Köln, wo er die Großmoschee in Köln-Ehrenfeld einweihen wird
• Die Kölner Oberbürgermeisterin wird daran nicht teilnehmen; auch NRW-Ministerpräsident Laschet wird nicht kommen
• Nach einer Rede und Zeremonie reist Erdogan ab
In welchem Hotel wohnt Erdogan?
Der türkische Präsident übernachtet im Berliner Luxus-Hotel Adlon. Auch der Großteil seiner Delegation wird dort untergebracht, der Rest schläft im Hotel Westin Grand an der Friedrichstraße.
Wer gehört zur Delegation von Erdogan?
• Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu
• Finanzminister Mehmet Şimşek
• Verteidigungsminister Hulusi Akar
• Handelministerin Ruhsar Pekcan
Wie läuft das Staatsbankett für Erdogan ab?
Das Staatsbankett in Bundespräsident Steinmeiers Amtssitz Schloss Bellevue soll am Freitag stattfinden, am Samstag ist angeblich ein weiteres Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel geplant.
Erdogan zum Staatsbesuch in Berlin
Merkel selbst wird nicht an dem Bankett teilnehmen, wie die Nachrichtenagentur dpa am Montag berichtete. Merkel habe jedoch auch an früheren Staatsbanketten nicht immer teilgenommen. So zum Beispiel auch beim chinesischen Präsidenten Xi Jinping im Juli 2017.
Auch FDP-Chef Christian Lindner sowie die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck kommen nicht. Sie wollen Dafür wird Cem Özdemir zum Bankett kommen. Der Grünen-Politiker sagte, dass der türkische Präsident ihn aushalten müsse. Zudem möchte er ein Signal in die Türkei senden.
Mit welchen Sicherheitseinschränkungen ist zu rechnen?
Die Berliner Polizei plant für den Erdogan-Besuch massive Sicherheitsvorkehrungen. Die Maßnahmen rund um das Luxushotel Adlon und im Regierungsviertel dürften ein ähnliches Ausmaß erreichen wie vor zwei Jahren beim Abschiedsbesuch von US-Präsident Barack Obama.
Schon eine Woche vor Ankunft von Erdogan am Donnerstag informierte die Polizei die Anwohner am Adlon, am Schloss Bellevue, rund um die Neue Wache am Boulevard Unter den Linden und am Flughafen Tegel über Absperrungen und Verbote. Autofahrer sollten sich auf weiträumige Umleitungen und lange Staus einstellen, wie die Polizei auf ihrer Internetseite ankündigt.
Was macht den Staatsbesuch Erdogans überhaupt so besonders?
Erdogan war als Ministerpräsident und Präsident schon häufiger in Deutschland, nun kommt er zu seinem ersten Staatsbesuch hierher. Dabei geht es besonders formell zu. Der Staatsgast wird mit höchsten protokollarischen Ehren empfangen.
Dazu gehören das Abschreiten einer Ehrenformation des Militärs, ein festliches Staatsbankett und der Begleitschutz durch eine Polizeieskorte.
Erdogans Auftritt vor Anhängern bei der Moschee-Eröffnung ist besonders heikel, weil das Auswärtige Amt im vergangenen Jahr
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Da in der Türkei jedoch nun keine Wahl ansteht, trifft das jetzt nicht mehr zu. Die örtlichen Behörden könnten einen Auftritt aber aus Sicherheitsgründen verbieten. Dass Erdogan eine kurze Ansprache in Köln halten wird, ist möglich.
Wird Erdogan eine große Rede halten?
Nein. Anders als bei früheren Besuchen wird Erdogan nicht vor Tausenden Deutschtürken sprechen. „Eine große Rede in einer Halle ist nicht geplant“, sagte der Sprecher der türkischen Botschaft in Berlin. Dafür wird er eine 15 bis 20 minütige Rede bei der
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halten.
Warum ist der Besuch von Erdogan so umstritten?
Mehr als 30 deutsche Staatsbürger sind aus
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in den letzten Jahren in der Türkei verhaftet worden – darunter die Mesale Tolu.
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Auch deshalb gibt es viel Kritik am Staatsbesuch von Erdogan.
Erst am Montag wurde ein weiterer
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. Hasan I. wurde laut Medienberichten bei seiner Einreise in die Türkei in Antalya festgenommen. Die Behörden werfen ihm laut „Welt“ Terrorpropaganda vor und sollen Facebook-Posts als Beweis angeführt haben.
Bereits am Freitag war der ehemalige Vorsitzende der Alevitischen Gemeinde Hamburg,
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, bei der Einreise in die Türkei vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen worden.
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Was sagt die Bundesregierung zu der Kritik am Erdogan-Besuch?
Bundesaußenminister Heiko Maas hat die Einladung verteidigt. „Dass ein Besuch von Präsident Erdogan öffentlich kritisch verfolgt wird und auch zu Protesten führt, ist Teil der demokratischen Realitäten in unserem Land“, sagte der SPD-Politiker der Nachrichtenagentur dpa.
„Die Konsequenz daraus kann aber nicht sein, dass Herr Erdogan nicht mehr nach Deutschland kommen kann. Im Gegenteil: Es gibt sehr viele Dinge, die wir miteinander zu besprechen haben.“
Was soll der Erdogan-Besuch bringen?
Ziel ist eine
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der beiden Länder, denn die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sind nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei vor zwei Jahren extrem angespannt. Es geht also eher nicht um konkrete Beschlüsse, sondern um eine Verbesserung der Atmosphäre.
Erdogan selbst sagte am Sonntag, er wolle mit seinem Staatsbesuch in Deutschland die Spannungen zwischen Berlin und Ankara „vollständig“ hinter sich lassen. Das habe bei seinem Besuch Priorität.
Wird es Demonstrationen gegen den Erdogan-Besuch geben?
Der in Berlin ansässige Verein „Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit“ kündigte für Berlin und Köln Großkundgebungen von Gegnern der türkischen Politik an. Für den 28. September sei in Berlin eine Großdemo des Bündnisses „Erdogan not Welcome“ geplant, die um 16 Uhr auf dem Potsdamer Platz beginnen soll.
Die Veranstalter erwarten mehr als 10.000 Teilnehmer in Berlin, die unter anderem gegen die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie in der Türkei und gegen die Unterdrückung von Minderheiten und die
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protestieren wollten.
Für Köln rufe ein lokales Bündnis für den 29. September zu Protesten unter dem Motto „Erdogan not Welcome – Keine schmutzigen Deals mit der Türkei“ auf, kündigte „Civaka Azad“ an. Sie soll um 10 Uhr auf der Deutzer Werft auf der rechten Rheinseite beginnen.
Um 12 Uhr soll dann die Demonstration durch die Kölner Innenstadt starten, die auf der Deutzer Werft ab 14 Uhr mit einer Abschlusskundgebung enden wird, wie es hieß. Wie in Berlin würden auch für Köln über 10.000 Teilnehmer erwartet. Die Kölner Polizei rechnet für diesen Tag mit einem Großeinsatz.
Den Auftakt von Protesten gegen den Besuch Erdogans machten bereits Kundgebungen und Demonstrationen am 22. September in neun Städten. Aufgerufen wurde unter anderem zu Kundgebungen in Berlin, Hamburg, Hannover, Düsseldorf, Bielefeld und Stuttgart. (jr/dpa/epd/bekö)