Düsseldorf. Bauministerin Ina Scharrenbach knöpft sich im Streit um den Hambacher Forst die Grünen vor. Aber es mehren sich auch nachdenkliche Stimmen.
Peter Maffay gehört zu den Musikern, auf dessen politisches Urteil Armin Laschet normalerweise allergrößten Wert legt. Der Ministerpräsident kennt Maffay so lange und gut, dass er ihn regelmäßig zu offiziellen Terminen bittet und im vergangenen Jahr zuhause am Aachener Frühstückstisch privat bewirtete. Vor Jahren soll der CDU-Politiker zu fortgeschrittener Stunde sogar mal für ein Spaß-Foto mit Maffays Lederjacke posiert haben.
Einen ausführlichen Facebook-Eintrag des Künstlers zu den Vorgängen am Hambacher Forst dürfte Laschet am Dienstag also auf jeden Fall registriert haben. „Nicht alles was rechtens ist, ist auch richtig“, schrieb Maffay dort zur aktuellen Räumung und ab Oktober geplanten Rodung des 200 Hektar großen Restwaldes im Rheinischen Braunkohlerevier. „Die Politik und die Polizeiführung sollten in der Wahl der Mittel die Verhältnismäßigkeit nicht aus den Augen verlieren“, mahnte er.
Furcht vor emotionalen Bildern aus Hambach
Zudem konnte Laschet im ARD-Morgenmagazin seinen langjährigen Freund Peter Altmaier mit nachdenklichen Tönen vernehmen: „Ich bin immer für Rechtsstaat und trotzdem bin ich auch dafür, dass man miteinander spricht“, sagte der Bundeswirtschaftsminister. In Berlin fürchtet mancher offenbar, dass sich gegen symbolisch aufgeladene Bilder wie bei den Atom-Schlachten der 1980er Jahre um Wackersdorf und Brokdorf am Ende nicht argumentieren lässt.
Laschet fühlt sich jedoch als falscher Adressat solcher Moderationserwartungen. Seine Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) machte das am Dienstag in einer Sondersitzung des Landtagsausschusses deutlich. Mit kühler Präzision referierte Scharrenbach, dass der Energiekonzern RWE nun mal politisch und rechtlich in die Lage versetzt worden sei, zeitnah die besonders wertvolle Braunkohle unter dem Hambacher Forst zu fördern.
Bauministerin findet Grüne „scheinheilig“
Sie rieb den Grünen unter die Nase, dass sie selbst noch 2016 als Teil der damaligen Landesregierung dieses Recht klipp und klar bestätigt hätten: „Sie haben die Bagger an den Hambacher Forst heranrollen lassen“, sagte Scharrenbach. Sie nannte die Grünen „politisch scheinheilig“, weil sie nun einen Rodungsstopp forderten. Obwohl sie nicht einmal die Frage beantworten könnten, wie ein sofortiger Braunkohle-Ausstieg sozialverträglich aussehen solle. Selbst die oft bemühte „Kohlekommission“ hat ja ein abruptes Ende im Namen des Klimaschutzes gar nicht auf dem Aufgabenzettel.
Mehr noch, Scharrenbach warf der Öko-Partei vor, „einen politischen Schutzschirm“ für gewalttätige Aktivisten im Hambacher Forst aufzuspannen: „Sie wiegeln die Menschen auf.“ Die Polizei räumt seit Tagen Baumhäuser illegaler Waldbesetzer in dem RWE-Forst. Obwohl die Beamten mit Kot, Urin und Gegenständen beworfen werden, kommen sie überraschend zügig voran. 34 von 50 Baumhäusern sind bereits geräumt. Dutzende Aktivisten wurden vorübergehend festgenommen, zwölf Polizisten bislang verletzt. „Es gibt keine friedvollen Straftaten, die durch ein höheres Ziel legitimiert wären“, schimpfte Scharrenbach.
34 von 50 Baumhäusern geräumt
Solch klare Kante hatte man aus der Ministerriege Laschets, der ja als heimlicher „Grünen-Versteher“ gilt, lange nicht gehört. Scharrenbach wirkte ehrlich empört darüber, dass sie sich für den Vollzug einer Rechtslage rechtfertigen soll, die von Rot-Grün im Rheinischen Braunkohlerevier selbst über 17 gemeinsame Regierungsjahre geschaffen worden war. Als Bauministerin ist sie ohnehin nur zuständig, weil die Landesregierung die Baumhäuser zunächst wegen Brandschutzmängeln räumen ließ. Inzwischen hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass Waldbesetzer rundheraus illegal handeln.
Dass neuerdings von allen Seiten Mitgefühl für die Polizei für einen aufwändigen und teuren Einsatz geäußert wird, konterte NRW-Polizei-Chefin Daniela Lesmeister trocken: „Der Dank käme noch besser an“, sagte die ehemalige Polizeibeamtin und promovierte Juristin, „wenn Sie alle herausstellen würden, dass die Polizei nur Vollzugshilfe auf dem Boden von Recht und Gesetz leistet.“