Berlin. Erste SPD-Politiker gehen auf Distanz zur großen Koalition. Der Ärger entzündet sich am Fall Maaßen – doch es gibt andere Bruchstellen.
Der Streit um die Äußerungen von Verfassungsschutz-Chef
Auch interessant
zu den Ausschreitungen in Chemnitz spaltet die große Koalition. Und in der SPD mehren sich wieder die Stimmen, die die Koalition mit der Union sehr skeptisch sehen. Steht die GroKo vor der nächsten Zerreißprobe?
„Kann man eine Koalition weiterhin stützen, die nicht die Kraft aufbringt, einen Verschwörungstheoretiker von der Spitze eines Geheimdienstes zu entfernen?“, fragte Juso-Chef Kevin Kühnert am Mittwoch provokant per Twitter – und ließ seine Follower abstimmen. Das Ergebnis bis Donnerstagmittag: mehr als 7700 Votes, 91 Prozent für „Nein“.
Kevin Kühnert: „Sollten eine rote Linie ziehen“
Nun ist diese Abstimmung gewiss nicht repräsentativ – aber sie wirft ein Schlaglicht auf das wachsende Unbehagen nicht nur bei Kühnert, einem GroKo-Gegner der ersten Stunde, sondern bei nicht wenigen Sozialdemokraten. „Wir sind an einem Punkt, an dem wir eine rote Linie ziehen sollten“, so Kühnert im „Spiegel“.
Auch der Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow, wie Kühnert ein erklärter GroKo-Skeptiker, nahm die Debatte um Maaßens Äußerungen zum Anlass, seine Position zu verdeutlichen: „Wenn Seehofer keine Konsequenzen zieht dann muss die SPD Konsequenzen ziehen“, twitterte Bülow. Was wohl heißen soll: Entlässt der Innenminister Maaßen nicht, soll die SPD die Koalition verlassen.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post aus Bayern sieht das ähnlich. Er sagte dem „Spiegel“, die SPD sei nun an einer Glaubwürdigkeitsfrage angelangt. Ein Rücktritt von Maaßen oder Seehofer sei unausweichlich. „Das müssen wir einfordern. Mit allen Konsequenzen – auch der des Koalitionsbruches.“
Post weiter: „Langsam frage ich mich echt, warum ich für die GroKo gekämpft habe. Das war ein Fehler, den ich angesichts unserer Performance zutiefst bedaure.“
SPD-Chefin Nahles: „Es läuft gut“
Auch wenn es erst wenige sind, die offen mit dem Ende der Koalition spielen – der Unmut in der SPD wächst. Ein Jahr nach dem Debakel bei der Bundestagswahl ist von der damals angekündigten Neu-Positionierung der Partei wenig zu spüren. Auch wenn Parteichefin Andrea Nahles trotz Umfrageergebnissen um die 17 Prozent beteuert: „Es läuft gut.“
Stattdessen haben sich die Genossen wieder in der großen Koalition eingerichtet. Die Versprechen nach dem Schock vom Wahlabend, es werde kein „Weiter so“ geben, scheinen vergessen. Es scheint sich zu bewahrheiten, was viele SPD-Mitglieder zu Beginn der neuen GroKo befürchteten – nämlich dass ein Erneuerungsprozess in der Regierungsverantwortung nicht zu machen ist.
Und der Unmut manifestiert sich nicht allein am Fall Maaßen. Bei der
Auch interessant
will die SPD deutlich über das hinausgehen, was im Koalitionsvertrag mit der Union vereinbart wurde. Viele Sozialdemokraten sind zudem verärgert, weil aus ihrer Sicht CDU und CSU zu wenig für
Auch interessant
tun. Da hat sich einiges aufgestaut.
Noch sind es einzelne Stimmen, die die GroKo in Frage stellen. SPD-Innenexpertin Eva Högl etwa hielt im Deutschlandfunk dagegen, der Streit um Verfassungsschützer Maaßen sei kein Grund, die Koalition zu verlassen. Mit der Union seien schließlich viele andere Themen vereinbart. (mit dpa)