Berlin. Demonstranten in Chemnitz zeigen vor den Augen der Polizei den Hitlergruß. Die Beamten lassen sie gewähren. Die Empörung ist groß.
Das Zeigen des Hitlergrußes kann in Deutschland nach Paragraf 86a, Strafgesetzbuch (StGB), als „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden. Dennoch ist auf Bildern in sozialen Netzwerken zu sehen, wie rechte Demonstranten bei den
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den Hitlergruß zeigen. Direkt vor Polizisten. Ohne, dass die Beamten einschreiten.
Warum aber handelt die Polizei nicht? Das fragen sich nicht nur manche empörten Nutzer auf Twitter. Warum scheint der Rechtsstaat aufgegeben zu haben? Warum lässt es die Polizei zu, wenn vor ihren Augen
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begangen werden?
Die Polizei in Chemnitz rechtfertigt ihre Zurückhaltung einem Bericht von „Zeit Online“ zufolge als „Prinzip der Deeskalation“, wie ein Sprecher der Chemnitzer Polizeidirektion zitiert wird. Die Beamten hätten Straftaten demnach nicht direkt verfolgt, weil die Taten ohnehin per Video dokumentiert worden seien. Zudem habe die Polizei die Teilnehmerzahl unterschätzt.
Zehn Ermittlungsverfahren wegen Hitlergruß in Chemnitz
Dass die Polizei die Hitlergrüße nicht ahndete, stimmt zudem nicht. Nach den gewalttätigen Demonstrationen rechter und linker Gruppen in Chemnitz ermitteln die Beamten gegen zehn Personen, die den Hitlergruß gezeigt haben. Ihnen wird das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen, teilte die Polizei am Dienstag mit.
Von mehreren Personen seien die Personalien aufgenommen worden. Allerdings: Festnahmen habe es keine gegeben, sagte ein Polizeisprecher auf Nachfrage der Deutschen Presseagentur.
Ältere Fälle zeigen, dass dies aber durchaus möglich gewesen wäre. So hatten etwa im August 2017 zwei chinesische Touristen in Berlin für Aufsehen gesorgt. Sie posierten mit Hitlergruß für ein Foto vor dem Reichstag. Die beiden Männer wurden damals festgenommen und mussten je 500 Euro als „Sicherheitsleistung“ zahlen, um das Polizeirevier verlassen zu dürfen. Ein Ermittlungsverfahren wurde eingeleitet.
Aufmarsch von Rechten in Chemnitz
Weniger glimpflich kam ein damals 31-Jähriger vor zwei Jahren davon. Das Amtsgericht Bautzen in Sachsen verurteilte den Mann im Oktober 2016 wegen mehrmaligen Zeigens des Hitlergrußes in der Öffentlichkeit zu zehn Monaten Haft ohne Bewährung. Der Bautzener war wegen ähnlicher Delikte bereits vorbestraft.