Jülich/Dortmund/Bochum. . Am Beispiel des Dortmunder Bahnhofs erforschen Wissenschaftler, wie großräumige Evakuierungen – etwa des Ruhrgebiets – verlaufen könnten.
Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich halten das Ruhrgebiet bei großen Katastrophenfälle für noch nicht ausreichend gewappnet. „Wenn das Radio jetzt einen schweren Störfall in einem Chemiewerk melden würde, und ich würde zum Bahnhof laufen, wäre es hochgradig naiv zu glauben, dass dort alles gut funktioniert“, sagte Sicherheitsforscher Stefan Holl, Koordinator eines frisch angelaufenen Forschungsprojekts namens „KapaKrit“, am Mittwoch unserer Redaktion.
Die auf drei Jahre angelegte Untersuchung, an der auch Verkehrsforscher der Hochschule Bochum und die Deutsche Bahn beteiligt sind, soll am Beispiel des Dortmunder Hauptbahnhofs aufzeigen, wie sich große Evakuierungen auf der Schiene verbessern lassen. „Gerade im Ruhrgebiet“, so Holl, „wären die Straßen und Autobahnen nach kurzer Zeit dicht, und um sich weiträumig aus dem Gefahrengebiet zu entfernen, ist man auf die Bahn angewiesen.“
Computersimulationen sollen helfen
Zu diesem Ergebnis war 2011 eine Arbeitsgruppe der Innenminister der Länder gekommen. Sie hatte im Zuge des Reaktorunglücks von Fukushima beschlossen, die Notfallpläne zu überarbeiten. Bisher fehlten aber gesicherte Kenntnisse, ob Großstadtbahnhöfe bei einem solchen Szenario als zentraler Umschlagplatz optimal seien. „Am Ende der Untersuchung“, so Holl, „kann herauskommen, dass kleinere, dezentrale Bahnhöfe besser geeignet sind.“
Mit Hilfe von Computersimulationen wolle man messen, wie viele Menschen man in welcher Zeit durch einen Bahnhof lotsen könne. Die Bahn sei auf den Ausnahmezustand nicht vorbereitet, so Holl. Dort herrsche Regelbetrieb, mit dem man keine Massen befördern könne. Die Bochumer Verkehrsexperten berechnen unter anderem die nötigen Zugfrequenzen inklusive Aufenthaltsdauer, um die Menschen abzutransportieren.
Ein Bahnsprecher sagte, man sei mit den „zuständigen Sicherheitsbehörden im ständigen Dialog“. Gleichwohl sei man „an den Erkenntnissen sehr interessiert“.
Diese sollten, so Holl, in Notfallpläne und ins Regelwerk der Bahn eingearbeitet werden. Das sei das Ziel der Untersuchung. Als ein Beispiel nannte er mögliche Sicherheits-Lockerungen: „Vielleicht ist es im Ausnahmefall möglich, dass die Lokführer auf Sicht fahren.“
Die 1,1 Millionen für „KapaKrit“ kommen vom Bund. Daher soll geprüft werden, ob sich das Ergebnis aus Dortmund auf andere Regionen übertragen lässt.