Bottrop. . Im Movie Park arbeiten während der Sommerferien 250 zusätzliche Mitarbeiter. Freizeitparks sind von der Hochsaison wirtschaftlich abhängig.

Hoch hinaus ist das Motto am „High Fall Tower“ im Movie Park. Doch nicht alle Fahrgäste der Attraktion lehnen sich entspannt zurück, sobald sie in den Sitzschalen des Freifallturms Platz nehmen. Viele wippen nervös mit ihren Füßen, kontrollieren mehrmals ihren Sicherheitsbügel und blicken angespannt nach oben. Dann geht es aufwärts, 58 Meter gen Himmel. Am Boden bleibt Cedric Klame zurück. Nicht weil er Angst hat. Der 16-jährige ist für die Sicherheit der Fahrgäste im Einsatz – ein Sommer-Job ganz nah am Nervenkitzel.

Klame ist einer von 250 Mitarbeitern im Bottroper Movie Park, die während der Sommerferien als Saisonarbeiter aushelfen. Die verlängerten Öffnungszeiten und der größeren Besucherandrang verlangen danach. Neben den Tätigkeiten an den Fahrgeschäften arbeiten Ferienjobber auch als Parkplatzeinweiser, Einlasshilfen bei Shows oder auch in der Gastronomie.

Der Schüler kontrolliert alle Sicherheitsbügel

Am Freienfallturm kontrolliert Cedric Klame für drei Wochen die Bügel der Fahrgäste.
Am Freienfallturm kontrolliert Cedric Klame für drei Wochen die Bügel der Fahrgäste. © Lars Heidrich

Zu den Aufgaben des Schülers gehört das Abzählen der Fahrgäste – 29 an der Zahl können gleichzeitig den schwerelosen Sturz in die Tiefe erleben. Für so manchen jungen Fahrgast ist die wilde Himmelfahrt aber bereits am Boden beendet, wenn der Duisburger die geforderte Körpergröße von 1,45 Meter überprüfen muss. Für alle anderen geht es zu den Sitzschalen. Wenn einen Fahrgast die Angst überkommt, „versuche ich zu beruhigen“, sagt Klame.

Bevor die Füße den Boden verlassen, kontrolliert der Schüler alle Sicherheitsbügel der Waghalsigen. Dann gibt er seinem Kollegen das Startsignal zur Abfahrt, denn als Minderjähriger darf „ich das Fahrgeschäft nicht endgültig starten“. Während seiner dreiwöchigen Tätigkeit im Park freut ihn besonders der Blick hinter die Kulissen und auf die Technik der Fahrgeschäfte. „Ich möchte Ingenieur werden und später einmal Achterbahnen konstruieren“, sagt Klame.

Aus einem Ferienjob wurde ein Ausbildungsplatz

Joelle-Marie Beska belegt Sandwiches für die Gäste in einem Schnellrestaurant.
Joelle-Marie Beska belegt Sandwiches für die Gäste in einem Schnellrestaurant. © Lars Heidrich

Bereits den vierten Sommer arbeitet Joelle-Marie Beska im Movie Park. Die 20-Jährige belegt in einem der vielen Schnellrestaurants im Akkord Sandwiches. „Wir sind um halb zehn im Park, bereiten die Zutaten vor und Backen die Brote auf“, sagt sie. „Angefangen hat es mit einem Ferienjob“, erzählt die Gladbeckerin. In diesem Jahr hat sie eine Ausbildung zur Fachfrau für Systemgastronomie begonnen.

Dass Parks bestrebt sind, Aushilfen über eine Saison hinaus zu halten, sei gängige Praxis, sagt Janek Schwedek vom Verband Deutscher Freizeitparks und Freizeitunternehmen (VDFU). „Dies erspart im nächsten Jahr Rekrutierung und Einarbeitung“, denn viele Parks hätten „das Problem, verfügbare Stellen nicht besetzen zu können“. Die Zahl der Besucher der Freizeit- und Themenparks aus dem Mitgliederkreis des VDFU, wozu auch der Movie Park in Bottrop, das Phantasialand in Brühl oder die Zoom Erlebniswelt in Gelsenkirchen zählen, lag 2017 bei rund 38,8 Millionen. Ihren jährlichen Umsatz schätzt Schwedek auf rund 1,7 Milliarden Euro.

Freizeitparks sind von der Hochsaison abhängig

Die Bedeutung der Hochsaison für die Parkindustrie sei dabei besonders groß, so Schwedek, denn in den vergangenen Jahren begrüßten „die Freizeitparks deutlich über die Hälfte ihrer Besucher in den Sommermonaten“, sagt er und ergänzt: „Das Wetter ist und bleibt der entscheidende Faktor.“

Um sich weniger von der Hochsaison abhängig zu machen und witterungsbedingte Einbrüche der Besucherzahlen im Sommer kompensieren zu können, seien Freizeitparks bestrebt, neue saisonale Events zu schaffen, so Schwedek. Etwa die Halloween-Wochen des Movie Parks: Dann sind insgesamt 1100 Mitarbeiter im Freizeitpark aktiv, wie eine Parksprecherin erklärt, um den Besuchern ein schauriges Erlebnis zu bieten.

Ungebremst Richtung Boden

Nichts für schwache Nerven ist auch eine Fahrt mit dem Freifallturm, wenn die Gondel für einige Sekunden ungebremst in Richtung Boden düst. Noch im Adrenalinrausch zeigen sich Fahrgäste auf dem Weg zum Ausgang der Fahrgeschäfte ihre zittrigen Hände. Die Tür öffnet Cedric Klame. „Es macht Spaß, den Nervenkitzel mitzuerleben“, sagt der Schüler, der an diesem Tag am Boden bleibt. „Darf ich noch einmal?“, fragt ein Mädchen ihren Vater. Sie darf. Ihren Sicherheitsbügel wird Cedric Klame kontrollieren.