Essen. . In den Städten wächst der Ärger über die unliebsamen Begleiterscheinungen der Zuwanderungen aus Südosteuropa. Behörden sind alarmiert.

Wachsende Armutszuwanderung, verwahrloste „Problemhäuser“, erschlichenes Kindergeld: In vielen deutsche Städten wächst der Ärger über die unliebsamen Begleiterscheinungen der Zuwanderungen von Menschen aus Südosteuropa. Den drastischen Einschätzungen von Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) am Donnerstag folgte am Freitag eine breite Debatte darüber, wie man den Betrug an deutschen Sozialkassen eindämmen kann.

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Die Politik in Land und Bund ist alarmiert. Am Freitag gab NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) auf Anfrage dieser Redaktion bekannt, das Land werde im Kampf gegen Sozialmissbrauch im Ruhrgebiet eine „Task Force Südosteuropa“ einrichten. Aus dem Justizministerium hieß es, die im Zusammenhang mit der verstärkten Zuwanderung aus Südosteuropa stehenden Kriminalitätsphänomene wie Kindergeld-Betrug würden künftig zentral verfolgt. Innen- und Finanzministerium sowie das Landeskriminalamt wollen dabei zusammenarbeiten. Schon seit 2017 stünden die Staatsanwaltschaften Dortmund, Duisburg und Essen mit den Behörden in den überwiegend betroffenen Kommunen des Reviers in engem Austausch. Ermittlungsverfahren würden gebündelt und behördenübergreifende Kontrollmaßnahmen organisiert, so das Ministerium. Untätig waren die NRW-Behörden in der Vergangenheit nicht. Zuletzt hatten Arbeitsagentur, Kommunalverwaltung, Zoll und Polizei dreimal gemeinsam Großrazzien gegen Sozialbetrug organisiert.

Auch der Bund rüstet gegen Sozialbetrug beim Kindergeld für EU-Ausländer auf. Vom kommenden Jahr an sollen spezialisierte Mitarbeiter der 14 regionalen Familienkassen nach Betrugsfällen mit Kindergeld fahnden und mit dem Zoll und ausländischen Sozialämtern zusammenarbeiten. Die bei der Bundesagentur für Arbeit angesiedelten Familienkassen sind für die Auszahlung des Kindergeldes zuständig. Es beträgt zwischen 194 und 225 Euro pro Kind.

„Gewerbescheine genau prüfen“

Kaum Aussichten auf Erfolg dürfte hingegen eine Forderung des Deutschen Städtetages haben. Um Sozialmissbrauch einzudämmen, schlägt der kommunale Spitzenverband vor, die Höhe des Kindergeldes für nicht in Deutschland lebende Kinder nach den Lebenshaltungskosten des jeweiligen Landes zu bemessen. Die EU-Kommission erteilte einer Neuregelung von Kindergeldzahlungen ins europäische Ausland schnell eine Absage. Eine Anpassung der Zahlungen an die Lebenshaltungskosten am Wohnort des Kindes sei wegen des EU-Diskriminierungsverbots nicht vorgesehen, so eine Sprecherin.

Der ostwestfälische CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok attestierte betroffenen Kommunen eigenes Fehlverhalten. Er wundere sich sehr darüber, dass sich manche Kommunen über Probleme mit sogenanntem Sozialtourismus beklagten, selbst aber geltendes Recht nicht anwendeten, sagte Brock der Rheinischen Post. Wichtig sei etwa, dass die Gewerbeämter nicht einfach Gewerbescheine an ausländische Selbstständige ohne genaue Prüfung ausstellten. „Denn gerade EU-Bürger aus Rumänien nutzen deutsche Gewerbescheine gerne als Hintertür, um an deutsche Sozialleistungen zu kommen, ohne hier tatsächlich in dem Bereich zu arbeiten“, sagte Brok.

Die Stadt Dortmund hat nach zehn Jahren eine Bilanz der Zuwanderung aus Südosteuropa gezogen und im Auftrag des Deutschen Städtetages den Vergleich zu sechs weiteren besonders von diesem Zuzug betroffenen Städten gezogen (siehe Grafik oben).

Der „Sachstandsbericht Zuwanderung Südosteuropa 2018“ spricht von Erfolgen bei der Integration der rund 8500 zugewanderten Rumänen und Bulgaren, etwa bei der beruflichen Qualifikation und der Job-Vermittlung. Die Herausforderungen seien aber nach wie vor groß.