Düsseldorf. . Ab August gilt in den Pflegeheimen von NRW eine strenge Einzelzimmerquote. Weil jedes vierte Heim sie nicht erfüllt, fallen rund 5600 Plätze weg.
Das Mehrbettzimmer soll in vollstationären Pflegeheimen in Nordrhein-Westfalen ein Auslaufmodell sein. Laut dem Wohn- und Teilhabegesetz dürfen ab 1. August 2018 in bestehenden Häusern nur noch 20 Prozent der Zimmer Doppelzimmer sein, in neuen gar keine. 15 Jahre hatten die Einrichtungen Zeit, um diese Quote zu erfüllen. Aber Hunderte Heime schaffen dies nicht.
Mit der strengen Einzelzimmer-Quote möchte der Staat dazu beitragen, zigtausenden Senioren einen menschenwürdigen Lebensabend zu ermöglichen. „Pflegebedürftige Menschen haben wie alle anderen auch selbstverständlich einen Anspruch auf ausreichende Privatsphäre“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) dieser Zeitung. „Dazu gehören nicht zuletzt Einzelzimmer. Denn die allermeisten Pflegebedürftigen möchten auch im Alter in den ,eigenen vier Wänden’ leben.“
Knapp 5600 Plätze fallen weg
506 Heime in NRW scheitern an der Quote, für 399 von ihnen werden Wiederbelegungssperren angeordnet. „Das sind wir den Pflegebedürftigen schuldig, die ihre Privatsphäre haben wollen. Aber das sind wir auch den Einrichtungen schuldig, die im Glauben an Recht und Gesetz rechtzeitig umgebaut haben“, begründete Laumann die harten Sanktionen.
Die Zahl der durch die Wiederbelegungssperren wegfallenden Plätze sei mit 5559 noch „vergleichsweise überschaubar“, so der Minister weiter. Sie mache 3,1 Prozent der in NRW rund 180 000 verfügbaren vollstationären Pflegeplätze aus. Es würden ja ständig neue Einrichtungen gebaut, fügte Laumann hinzu. Laut dem Informationsdienstleister „Marktdialog“ seien im Jahr 2017 insgesamt 2152 Pflegeplätze neu gebaut worden. Im laufenden Jahr sollen weitere 3224 fertig gestellt werden. Dem Ministerium selbst liegen dazu keine belastbaren Zahlen vor.
Fünf der 506 Heime, die die Quote nicht rechtzeitig zum 1. August erfüllen werden, stellen ihren Betrieb sogar komplett ein, erklärte das Ministerium. Die Betreiber sagen, das Geschäft lohne sich nun nicht mehr. Dadurch fallen weitere 195 Plätze weg. 76 Heime verzichten zunächst auf eine Förderung durch das Pflegewohngeld. Sie bekommen dafür eine neue Frist für die Einzelzimmerquote bis zum 31. Juli 2023.
300 zusätzliche Kurzzeitplätze
Weitere 26 Heime nutzen Plätze in überzähligen Doppelzimmern oder in Zimmern ohne eigenes Bad künftig ausschließlich für die Kurzzeitpflege. Diese Möglichkeit hat die Landesregierung den Einrichtungen gerade erst gegeben. Dadurch entstehen nun fast 300 zusätzliche Kurzzeitpflegeplätze. Kurzzeitpflege heißt, dass die Pflegebedürftigen vollstationär betreut werden, allerdings nur für wenige Wochen im Jahr. Dieses Angebot entlastet zum Beispiel Familien, die sich in einer Krisensituation vorübergehend nicht um einen Angehörigen kümmern können. Die dauerhafte vollstationäre Pflege ist nötig, wenn Menschen nicht mehr daheim und auch nicht teilstationär in der Tages- oder der Nachtpflege betreut werden können.
Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium legt Wert auf die Feststellung, dass von den 5559 wegen Nichterfüllung der Quote gestrichenen Pflegeplätzen 4571 sowieso wegfielen, wenn die Heime ihre Doppelzimmer in Einzelzimmer umwandeln würden. Die übrigen Plätze stünden wohl nur für eine „Übergangszeit“ nicht zur Verfügung.
Viele Heimbetreiber hatten bis zuletzt gegen die strenge Quote protestiert, für deren Umsetzung eine 15-jähirge Frist bestanden hatte.. Sie verwiesen auf die hohen Kosten, die ihnen entstünden, und auf komplizierte Auflagen für den Bau von neuen Pflegeplätzen.